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Kolumne „Kaffeehaus“

Warum ich Deutschland bewundere

Deutschland zu lieben, bedeutet oft, die Idee von Deutschland zu lieben. Diese zu definieren, fällt den Deutschen selbst nicht immer leicht. Doch als Nicht-Deutsche habe ich diese Idee plastisch vor Augen. Kompetenz, Sachlichkeit und Effizienz würde man als die typisch deutschen Eigenschaften nennen. Liebe fürs Detail, die Kultur und Ordnung wären die weiteren.

Die Ampel-Regierung ist auch deshalb im In- und Ausland so unpopulär, weil sie das Gegenteil dieser Attribute verkörpert. Doch es gibt immer wieder Gründe und Anlässe, an eine echte und lebendige Idee von Deutschland zu glauben. 

 

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Die vergangenen vierundzwanzig Stunden verbrachte ich in Deutschland: eine wunderbare Hochzeit an einem traumhaften Ort und mit großartigen Menschen. Diese paar Stunden waren wohltuend und stimmten mich optimistisch, wenn es um die Zukunft Deutschlands geht. Die katholische Trauung fand in einer Schlosskapelle statt. Den anwesenden Gästen merkte man eine Begeisterung für die eigene Heimat, Kultur und Religion an.

Kulturprotestantismus gepaart mit katholischer Glaubenspraxis

Der Kulturprotestantismus gepaart mit der katholischen Glaubenspraxis fiel mir in dieser Harmonie nicht zum ersten Mal auf, wurde jedoch aufs Neue bestätigt. Nur Deutsche schaffen es, sich unprätentiös und uneitel zu geben, während sie zwei Stunden lang verschiedene Interpretationen der wichtigsten Symphonien von deutschsprachigen Komponisten diskutieren.

Sie lehnen dabei jede Betonung der Körperlichkeit und Ästhetik ab, nur um im selben Atemzug zu erzählen, dass sie durch Bruckners Musik den Katholizismus entdeckten. Ja: Sie sind echte Bildungs- und Kultursnobs, auf eine Ästhetik und Form als solche legen sie jedoch weniger Wert. Der Wert liegt in eigenen Gedanken und der Qualität der Dinge, die zählen. Als Slawin, die durchaus anders tickt, empfinde ich eine ehrliche Bewunderung und Respekt für die deutsche Art.

Die Schlosskapelle St. Trinitatis von Moritzburg im Landkreis Meißen

Seit meiner Kindheit schon war ich eine stille Bewunderin dieser Kultur, Sprache und Philosophie, die durch ihre logische Komplexität überzeugt. Meine Deutschkenntnisse habe ich einer slowakischen Lehrerin im Gymnasium zu verdanken, die die deutsche Kultur und Sprache über alles wertschätzte.

Heimweh nach Deutschland, das nie meine Heimat war

Ihren Sommer verbrachte sie immer in München, wo sie viele Jahre lang lebte. Gemunkelt wurde unter den Schülern, dass sie früher dort ihre große Liebe kennengelernt habe, und als diese in die Brüche ging, zurück in die Slowakei kehrte und für immer Single blieb.

Sie achtete so sehr auf die richtige deutsche Aussprache, dass sie uns Schüler einzelne Wörter und Sätze endlos wiederholen ließ, bis diese fast akzentfrei waren. Mich mochte sie, da sie bei mir ein echtes Interesse an der deutschen Sprache und Kultur beobachtete. Ihretwegen entschloss ich mich, Deutsch als Abiturfach zu wählen. Von meiner Absicht, in Österreich zu studieren, war sie jedoch enttäuscht, da Österreich für sie nur eine Art Deutschland in einer „Light-Version“ war.

Um zusammenzufassen: An Deutschland denke ich zwar nicht in der Nacht, aber sehr wohl in dieser Stunde, wenn ich übermüdet am Brüsseler Flughafen lande und ein bisschen Heimweh nach Deutschland empfinde, obwohl es nie meine Heimat war. Gemeinsam mit Bach, Heidegger und Kant denke ich an den Idealismus und merke, dass mir die deutsche Denkweise näher ist, als ich zugebe.

 

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