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Kolumne „Der Schweizer Blick“

Hass erzeugt Hass

Wer die Politik zu Maßnahmen zwingen will, braucht zunächst einen Handlungsbedarf. Das ist im Idealfall ein dringendes Problem, das im besten Fall zunimmt und dringend gelöst werden muss.

In der Schweiz ist das derzeit die wachsende Welle von Gewalt gegen Menschen aus dem LGBTQI-Lager. Jedenfalls besagt das eine aktuelle Studie. Die Betreffenden litten unter einer Zunahme von „Hatecrime“, also Hassverbrechen. 305 davon habe man im vergangenen Jahr gezählt, doppelt so viele wie im Vorjahr. Verschiedene Schweizer Medien nahmen diese Zahl auf und verbreiteten sie in empörtem Tonfall.

Was die Journalisten nicht taten: die früher ganz üblichen Fragen stellen. Wie kam diese Studie zustande? Welche Motivation haben ihre Autoren? Sind die gezogenen Schlüsse haltbar? Hätten sie das getan, wäre keine einzige Zeile zu dem Thema erschienen, und die Medienmitteilung zur Studie wäre im Papierkorb gelandet. Aber das kann man ja alles nachholen.

Unüberprüfbare „Fälle“

Absender der Studie ist das „Transgender Network Switzerland“. Dieses bezweckt laut Eigendarstellung „die Interessenvertretung und die Vernetzung von einzelnen trans Menschen“. Wir haben es also nicht mit unabhängigen Forschern oder einem Umfrageinstitut zu tun, sondern mit einer Aktivistengruppe. 

Die „Studie“ ist zudem keine. Die 305 Fälle, die eine massive Zunahme von Gewalt suggerieren sollen, entstammen nicht etwa Polizeiberichten. Sie sind das Ergebnis einer simplen Addition aller Anrufe, die bei der „Helpline“ des Netzwerks eingingen und in denen jemand von Gewalt berichtete. Die Fälle wurden nicht unabhängig überprüft, und niemand weiß, ob es sie überhaupt gab und wie sie sich abspielten.

 

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Drittens wird der Begriff „Hatecrime“ großzügig ausgelegt. Ein beleidigendes Wort über den Bartresen hinweg reicht bereits. Dass der Umgangston gerade in sozialen Medien immer roher wird, ist kein Geheimnis. Das geht aber von allen Seiten aus – und gegen alle Seiten. Nur gibt es eben keine „Helpline“ für Leute, die gerade als „alte weiße Männer“ beschimpft wurden und kein Netzwerk, das solche Anrufe zählt.

Dass das, was Journalisten unverfroren als „Studie“ deklarieren, nur weil es von den Autoren als solche verkauft wird, nichts mit Wissenschaft zu tun hat, zeigt sich spätestens in der Schlussfolgerung des Dokuments. „Wir können nicht zuwarten!“, schreiben die Autoren dort und verlangen ultimativ „griffige“ Maßnahmen auf allen Ebenen des Staats zum Schutz der von Hassverbrechen betroffenen Menschen.  Ausrufezeichen finden sich in wissenschaftlichen Arbeiten sehr selten. Noch seltener ist eine in dieser Absolutheit geäußerte politische Forderung. 

Reaktion auf Provokation

Selbst wenn man die Zahl von 305 und einen Anstieg der Fälle für bare Münze nimmt, stellt sich zudem die Frage: Wen wundert’s? Verdoppelt sich der Straßenverkehr in einer bestimmten Zeitperiode, ist schließlich auch mit einer Zunahme der Unfälle zu rechnen. 

Fast täglich werden uns Forderungen aus der LGBTIQ-Szene serviert, verbunden mit dem dauernden Lamento, wie schlecht es dieser Gruppe gehe, wie diskriminiert sie sei, wie sehr sie an den Rand gedrängt werde. Während für „Pride“-Anlässe ganze Innenstädte gesperrt und in Regenbogenfarben getaucht werden, begleitet von den Kameras der öffentlich-rechtlichen Sender. 

Die Präsenz dieser Gruppe steht in keinem Verhältnis zu ihrem realen Vorkommen in der Gesellschaft. Sie hat zudem unzählige Lobbyorganisationen, viele davon staatlich gefördert, sie weiß die meisten Medien hinter sich, und sie hat es geschafft, dass jeder Versuch einer sachlichen Debatte über die Geschlechterfrage verhindert wird. Wer bei dem Thema noch einige Fragen hat, ist ein Nazi – so einfach ist das.

Am Beginn des aufgeheizten Klimas standen nicht, wie man uns glauben machen will, latent aggressive Ewiggestrige, die ein überholtes Familienbild notfalls mit Gewalt verteidigen. Den Anfang gemacht hat die massive Überrepräsentation einer kleinen Minderheit, die es geschafft hat, dass selbst an Schulen die Naturgesetze nicht mehr korrekt vermittelt werden. 

Eine aufgezwungene Kunstsprache, erfundene Pronomen, Männer in Frauensaunen, Menstruationsartikel in Männer-Toiletten: Wer staunend zusehen muss, wie der gesunde Menschenverstand unter die Räder kommt, ohne sich dagegen wehren zu können, verliert irgendwann einfach die Nerven. 

Übertreibung führt zu Unverständnis

Dass das keine körperlichen Angriffe rechtfertigt, steht außer Frage. Aber dass die permanente Provokation einer lautstarken Minderheit irgendwann zur Gegenprovokation führt, ist wenig überraschend. Die LGBTIQ-Aktivisten stellen es so dar, dass die andere Seite „überfordert“ sei vom gesellschaftlichen Wandel und deshalb um sich schlage. Nur gibt es diesen Wandel gar nicht, jedenfalls nicht als natürliche Entwicklung. Er wird verordnet über die Köpfe der Mehrheit hinweg.

Der dauernde Ruf nach Toleranz, als diese schon längst Wirklichkeit war, führte zum Gegenteil. Kaum jemanden hat es früher interessiert, als was sich Einzelne identifizieren oder mit wem sie das Bett teilen. Erst seitdem man uns das ohne Not täglich um die Ohren schlägt, erst seitdem Fußgängerstreifen in Regenbogenfarben gestrichen werden, erst seitdem Rathäuser mit den Flaggen der LGBTIQ-Gemeinde geschmückt werden, wächst das Unverständnis und bröckelt die Toleranz. 

Lange, bevor jemand diese Minderheiten überhaupt hassen konnte, haben diese alle gehasst, die nicht umgehend und unkritisch in ihr Geheule eingefallen sind. Hass erzeugt Hass. Aber ausgegangen ist er nicht von denen, die einfach nur in Ruhe gelassen werden wollen.

 

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Kommentare

Kommentar
7
Michael
Vor 5 Tage 17 Stunden

Sehr gelungen, lieber Herr Millius, wie Sie hier die Verlogenheit in diesem Bereich enttarnen. Chapeau.

3
Jürg Rückert
Vor 1 Woche

„Aber wir können doch die allerseligste Jungfrau Maria nicht verhaften lassen!“, sagte man ironisierend in Napoleons Kabinett 1858. Die Erscheinungen in Lourdes hatten auch Paris in Aufregung versetzt. 

Heute ist das anders. Die allerseligste Jungfrau soll in Medjugorje drei Mal gesagt haben, dieses Geschlecht heute sei verderbter als zur Zeit Noas oder als in Sodom. Das ist eine Verdammung des (gestohlenen) Regenbogens. Wer woke ist wird es als Hassrede ansehen. Muss jetzt die Gottesmutter aufgespürt und verhaftet werden?

Urteilen Sie selbst!

2
Amelie
Vor 2 Tage 18 Stunden

Sie sprechen mir aus dem Herzen. Es war schon immer so: wer Wind säht, wird Sturm ernten. Und so bewahrheitet sich auch allenthalben: Wer Widersinniges aufzwingt, wird Widerstand ernten und go woke, go broke!

0
Avi
Vor 2 Tage 9 Stunden

Wie wahr! Klar und deutlich geschrieben, wunderbarer Bericht, Herr Millius. 
Gehört zum grossen Welttheater, das schon lange absurder und absurder wird! 

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Avi
Vor 2 Tage 9 Stunden

Wie wahr! Klar und deutlich geschrieben, wunderbarer Bericht, Herr Millius. 
Gehört zum grossen Welttheater, das schon lange absurder und absurder wird! 

2
Amelie
Vor 2 Tage 18 Stunden

Sie sprechen mir aus dem Herzen. Es war schon immer so: wer Wind säht, wird Sturm ernten. Und so bewahrheitet sich auch allenthalben: Wer Widersinniges aufzwingt, wird Widerstand ernten und go woke, go broke!

7
Michael
Vor 5 Tage 17 Stunden

Sehr gelungen, lieber Herr Millius, wie Sie hier die Verlogenheit in diesem Bereich enttarnen. Chapeau.

3
Jürg Rückert
Vor 1 Woche

„Aber wir können doch die allerseligste Jungfrau Maria nicht verhaften lassen!“, sagte man ironisierend in Napoleons Kabinett 1858. Die Erscheinungen in Lourdes hatten auch Paris in Aufregung versetzt. 

Heute ist das anders. Die allerseligste Jungfrau soll in Medjugorje drei Mal gesagt haben, dieses Geschlecht heute sei verderbter als zur Zeit Noas oder als in Sodom. Das ist eine Verdammung des (gestohlenen) Regenbogens. Wer woke ist wird es als Hassrede ansehen. Muss jetzt die Gottesmutter aufgespürt und verhaftet werden?

Urteilen Sie selbst!