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Landtagswahl in Brandenburg

Beim Lebensschutz wird nur eine Partei deutlich

Die Wähler in Thüringen und Sachsen haben bereits entschieden: Sie wollen eine konservativere Politik, auch in Sachen Familie. In Brandenburg wird an diesem Sonntag ein neuer Landtag gewählt. In dem zweieinhalb Millionen Einwohner zählenden Bundesland gibt es Parallelen zu Thüringen und Sachsen. Laut Umfragen wird die AfD hinzugewinnen und vermutlich als stärkste Kraft aus der Wahl hervorgehen.

Laut Landesstatistikamt sieht die Bevölkerungsentwicklung düster aus. Im vergangenen Jahr erreichte der Sterbeüberschuss den höchsten Wert seit der deutschen Wiedervereinigung 1990. Während die Zahl der Geburten auf rund 15.900 sank, stagnierte die Zahl der Sterbefälle bei rund 36.600. Es starben also 20.800 Menschen mehr als Kinder geboren wurden. Die zusammengefasste Geburtenziffer lag bei deutschen Müttern bei 1,31 Kindern, bei ausländischen bei 1,61. Wie im bundesweiten Trend legte auch die Zahl der Abtreibungen signifikant um mehr als sieben Prozent zu.

Die jüngsten Umfragen zur Landtagswahl in Brandenburg 2024

Anders als in den beiden anderen östlichen Bundesländern wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die SPD mit Dietmar Woidke erneut den nächsten Ministerpräsidenten stellen. Grund genug, bei der Brandenburger SPD nachzufragen, wie sie mit den demografischen Herausforderungen umzugehen gedenkt und welche familienpolitischen Konzepte sie verfolgt.

SPD ist zuversichtlich: Zahl der Geburten wird wieder steigen

Pünktlich zur gesetzten Frist antwortet Generalsekretär David Kolesnyk. „Die Familienpolitik bleibt für die Brandenburg-SPD ein wichtiger Schwerpunkt. Egal, ob traditionelle Familien, Alleinerziehende, Patchwork- oder Regenbogenfamilien – alle verdienen unsere Unterstützung und Respekt. Besonders in den letzten Jahren standen sie wegen globaler Krisen unter großem psychischem und finanziellem Druck“, sagt Kolesnyk auf Corrigenda-Anfrage. Er verweist dabei vor allem auf die Corona-Pandemie.

Deshalb wolle die SPD die Familienzentren ausbauen. Familienzentren helfen Familien mit knappen finanziellen Mitteln bei Behördengängen und Anträgen, sie vermitteln Betroffene zudem an anderen Hilfsdienste. Kolesnyk verweist außerdem auf den „Hebammenaktionsplan“, durch den Fortbildungen, Praxisgründungen und Geburtshäuser gefördert werden sollen.

 

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Wie will die SPD Paare zur Familiengründung ermuntern, wenn möglich, dass diese sogar mehr als zwei Kinder bekommen? Hier unterscheidet sich die SPD nicht wesentlich von den etablierten Parteien in den anderen Bundesländern. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf solle verbessert werden; es soll bessere und für die meisten Eltern kostenlose Kita-Angebote geben; schließlich soll auch die Bildungspolitik kinderbegünstigende Rahmenbedingungen bieten. Kolesnyk betont, er sei zuversichtlich, „dass die Gegebenheiten bei uns im Land grundsätzlich sehr gut für die Familiengründung sind und die entsprechenden Zahlen wieder steigen werden“.

Die Brandenburger Genossen sehen in Deutschland „kein schlechtes Bild von Familie oder Elternschaft. Vielmehr gibt es in der Bevölkerung eine große Wertschätzung für Familienarbeit, die oft mit vielen Herausforderungen verbunden ist.“ Die SPD wolle „allen Lebensmodellen“ unter die Arme greifen.

„Familienwerte dürfen nicht mehr als minderwertig dargestellt werden“

Die AfD als größter Herausforderer der SPD ist deutlich konkreter – und konsequenter. Spitzenkandidat Hans-Christoph Berndt sieht den Staat insgesamt in der Pflicht. Auf Corrigenda-Nachfrage betont er:

„Familienwerte und Erziehungsleistungen dürfen künftig nicht mehr als minderwertig dargestellt werden, denn die Kindererziehung stellt für die meisten Menschen die Quelle echten Lebensglücks dar. Dies muss staatlicherseits betont werden. Der Gedanke, dies sei nicht möglich, ohne Toleranz für Abweichler von diesem Ideal, ist eine linke Lüge mit zersetzendem Charakter. Wir werden das Regierungshandeln wieder am Wohl der Mehrheit der Bürger orientieren und unsere Familien schützen, offensiv wertschätzen und fördern.“

Dafür plane die AfD ein Bündel an Maßnahmen. Erziehungszeiten sollen bei der Rente angerechnet werden; der Kinderfreibetrag soll erhöht werden; Kinderartikel müssten steuerlich absetzbar sein. Außerdem fordere die AfD ein Landesbaukindergeld, zinsfreie Familienkredite in Höhe von 20.000 Euro mit Teilerlass für jedes Kind und einem Kompletterlass ab dem dritten Kind; einen „Haushaltstag“ für Vater oder Mutter sowie „ein sich am vorherigen Nettolohn orientierendes Betreuungsgeld für Eltern für die ersten drei Kindsjahre“.

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Mit familienpolitischen Maßnahmen allein, so ergänzt Berndt, sei es aber nicht getan. „Ziel muss es sein, eine nachhaltige Veränderung der Haltung zur Familiengründung und zum Kinderkriegen zu erreichen.“

CDU ist wortkarg

Die CDU hat auf die Fragen von Corrigenda trotz Ankündigung bislang nicht geantwortet. Im Regierungsprogramm zur Landtagswahl betont die Partei von Spitzenkandidat Jan Redmann: „Ehe und Familie bleiben unser Leitbild.“ Sie seien die „Grundvoraussetzung für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft“, deshalb komme den Eltern eine besondere Rolle zu, die durch Familienpolitik möglichst wenig beeinträchtigt werden soll. Allerdings stecken in den Sätzen reichliche „Aber“.

Die Familienformen würden immer vielfältiger, und die CDU wolle „alle“ Familien unterstützen. Auch bei der CDU fallen die Worte „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ und „Familienzeitkonten“.

Die Begriffe „Abtreibung“, „Schwangerschaftsabbruch“ oder gar „Lebensschutz“ kommen in dem CDU-Regierungsprogramm nicht vor.

AfD: „Viel zu oft wird das Leben des Kindes Zukunftsängsten untergeordnet“

Die SPD spricht gegenüber Corrigenda von einem „sehr sensiblen und komplexen Thema“, zu dem es unterschiedliche Meinungen gebe.

„Aus unserer Sicht sollte die Politik bei diesem persönlichen Thema mit Respekt und Zurückhaltung handeln, aber auch dafür sorgen, dass es ausreichend Beratungs- und Unterstützungsangebote gibt. In Brandenburg werden wir weiterhin die gute Arbeit der Familienverbände und lokalen Bündnisse unterstützen, die auch wichtige Angebote zur Schwangerschaftskonfliktberatung bereitstellen.“

Überaschenderweise kommen in der gesamten SPD-Stellungnahme die sonst üblichen linken Begriffe wie „reproduktive Selbstbestimmung“ oder „reproduktive Gesundheit“ nicht vor. Wohlwollend könnte man sogar sagen, der gute Geist von Regine Hildebrandt, unvergessene märkischen Sozialdemokratin und Arbeitsministerin, weht noch immer durch die Brandenburger SPD.

Die AfD schreibt auf Nachfrage, sie wende sich gegen die „Bagatellisierung“ von Abtreibung. Es handle sich dabei um „keine legitime Form der Empfängnisverhütung“. Sie sei aber gegen ein komplettes Verbot. Spitzenkandidat Berndt wird deutlich: „Die politische Linke betreibt mittlerweile eine komplette Straffreistellung von Abtreibungen, also bis in den neunten Monat. Das bedeutet nichts anderes als Kindsmord. Viel zu oft wird das Leben des Kindes Zukunftsängsten untergeordnet. Solchen Ängsten wollen wir durch konkrete Hilfen für Familien in allen Lebenslagen vorbeugen, insbesondere den lebensrettenden Ausweg der Adoption erleichtern.“

Ungewollt schwangere Frauen bedürften in besonderem Maße der Fürsorge der Gesellschaft. „Wir wollen daher die Möglichkeiten der anonymen Geburt weiter ausbauen sowie die Verfügbarkeit von Babyklappen sicherstellen. In Schule und Medien muss Respekt vor dem Leben und ein positives Bild der Ehe vermittelt werden.“

Ähnlich wie in Sachsen und Thüringen kommt niemand, dem Lebensschutz und Familienpolitik ein Anliegen ist, darum herum, die AfD in den Blick zu nehmen. Allerdings, neben anderen Defiziten, gilt auch in Brandenburg zu bedenken: Alle anderen Parteien haben es ausgeschlossen, mit der AfD zu regieren.

 

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