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Kolumne „Der Schweizer Blick“

„Nazis“ am Flughafen

Es gibt Texte, die hinterlassen ein mulmiges Gefühl. Nicht etwa, weil sie beunruhigende Wahrheiten offenlegen, sondern weil sie ein Lehrbuchbeispiel für einen verzerrten Blick auf die Realität sind. Der Kommentar von Insa Lee Koch auf der Webseite vom „Institute of Race Relations“ (IRR), ein Thinktank mit Sitz im Vereinigten Königreich, ist ein solcher Fall.

Die Autorin, Leiterin des Fachbereichs „Britische Kulturen“ an der Universität St. Gallen im Osten der Schweiz, beschreibt eine Szene am Berliner Flughafen. Zwei Polizisten kontrollieren die Trinkflaschen ihrer Kinder. Das kennt jeder, der gelegentlich fliegt. Aber Frau Koch denkt weiter: Sie wittert in diesem Vorgang den Geist des Faschismus. 

Es ist eine Anekdote, die so harmlos ist, dass sie in jeder x-beliebigen Sicherheitskontrolle der Welt spielen könnte. Doch Koch macht daraus eine Erweckungserfahrung: Der deutsche Staat, so ihr Fazit, sei auf dem besten Weg, sich in eine rassistische, faschistoide Dystopie zu verwandeln.

Traumatisiert durch eine Frage

Wovon sprechen wir eigentlich? Zwei Beamte, die vorschriftsmäßig die Inhalte von Trinkflaschen kontrollieren, werden zu Symbolfiguren eines neuen Faschismus erklärt. Der angeblich schnippische Tonfall eines Sicherheitsmanns dient als Beweisstück für die kommende Unterdrückung. Und weil der Vierjährige nicht sofort auf die Frage nach der Wassermenge antwortet, wird dies als traumatisierendes Ereignis dargestellt.

Es ist das typische Muster jener, die sich um jeden Preis als Opfer einer feindseligen Welt sehen wollen. Nichts kann einfach nur das sein, was es ist – eine Kontrolle im Rahmen der Sicherheitspolitik, wie sie auch andere Reisende betrifft. Nein, es muss Teil eines großen, finsteren Plans sein.

Der Beitrag trieft von der akademischen Selbstverliebtheit, die in den angelsächsischen Universitäten so populär ist. Nur dass sie in diesem Fall an einer Schweizer Hochschule angekommen ist. Da wird eine persönliche Unannehmlichkeit in eine historische Schicksalsfrage umgedeutet. Und natürlich dürfen auch die altbewährten Kampfbegriffe nicht fehlen: „Islamophobie“, „Faschismus“, „Rassismus“ – alles schön unscharf, aber mit maximaler moralischer Wucht eingesetzt.

Professorin als hilfloses Opfer

Noch absurder wird es, wenn die Autorin ihre Erfahrungen mit denen von angeblich diskriminierten Einwanderern gleichsetzt. Sie, die angesehene Akademikerin, Teil der westlichen Bildungselite, will sich plötzlich als Leidensgenossin von Migranten inszenieren, die von Abschiebung bedroht sind. Das ist ungefähr so glaubwürdig, als würde ein Spitzenmanager klagen, dass ihn die Kassiererin im Supermarkt nicht freundlich genug angelächelt hat.

 

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Noch dazu kommt der offensichtliche politische Spin: Der Text wurde veröffentlicht in der Zeit vor den Wahlen in Deutschland, und es dauert nicht lange, bis die AfD als Symbol des drohenden Faschismus ins Spiel gebracht wird. Die gängige Rhetorik: Ein paar ruppige Polizisten am Flughafen sind der Vorbote eines neuen Dritten Reichs, das nur durch die richtige Wahlentscheidung abgewendet werden kann. Diese Art von Panikmache ist nicht nur intellektuell unredlich, sondern auch gefährlich.

Ein Hohn für tatsächlich Diskriminierte

Wer tatsächlich gegen Totalitarismus ist, sollte vor allem eines tun: die Begriffe nicht entwerten. Wenn jede Unfreundlichkeit eines Beamten als Faschismus gebrandmarkt wird, dann wird das Wort bedeutungslos. Und wenn wir anfangen, normale Sicherheitskontrollen mit staatlichem Rassismus gleichzusetzen, dann betreiben wir eine Verharmlosung wirklicher Unterdrückung.

Was bleibt also von diesem Text? Eine akademische Ego-Show, eine absurde Gleichsetzung von Lästigkeiten mit echter Diskriminierung und eine politisch motivierte Panikmache. Der wahre Skandal ist nicht das Verhalten der Polizisten am Flughafen, sondern, dass eine angesehene Wissenschaftlerin derart unsauber argumentiert. 

Aber das ist ja mittlerweile Teil des neuen Normalzustands: Je absurder die Empörung, desto besser lässt sie sich vermarkten.
 

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