Wenn Politiker mit Steuergeldern gegen ihre eigenen Bürger vorgehen
Die neue Plakatkampagne der Grünen für die Bundestagswahl ist eine Schönwetter-PR sondergleichen. So steht etwa in fetten Lettern unter dem Konterfei Annalena Baerbocks: „Zusammen“. Bei Robert Habeck: „Zuversicht“. Der Wirtschaftsminister will sich mit Küchengesprächen volksnah geben. Dabei wird übersehen, dass sich die lächelnde Miene von Habeck und Baerbock schnell verändert, wenn sie beleidigt werden. Mit insgesamt 1.300 Anzeigen führen die Grünen-Politiker die Liste der Strafanzeigen wegen Beleidigung an.
Keiner mag es, beleidigt zu werden. Aber: Muss man deshalb gleich rechtliche Schritte einleiten? Gut wäre, in solchen Fällen die Situation unter sich zu klären. Für Politiker ist das meistens nicht möglich, weil sie gar nicht wissen, wer sie da eigentlich beleidigt. Gerade im Netz ist die Lage undurchsichtig. Seit dem Jahr 2021 haben Politiker die Möglichkeit, härter gegen sogenannte Hasskommentare vorzugehen.
Aufgrund einer Änderung des Paragrafen 188 im Strafgesetzbuch können „Personen des politischen Lebens“ gegen sie gerichtete Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung strafrechtlich verfolgen lassen. Man muss das nicht tun, die meisten Abgeordneten stehen da drüber – und tun gut daran. Zugleich gibt es einige Politiker, die selbst bei Nichtigkeiten, die als öffentliche Meinungsäußerung zulässig sind, juristische Schritte einleiten. Eine gefährliche Entwicklung, die demokratische Prinzipien beschädigt.
Beleidigungen in Zahlen
Regelrecht im Strafanzeigen-Rausch sind Robert Habeck und Annalena Baerbock. Im Ranking der Strafanzeigen durch Bundesminister, das von Statistafür den Zeitraum September 2021 bis August 2024 erhoben wurde, stehen die grünen Minister auf den beiden ersten Plätzen. Zusammen kommen sie auf über 1300 Anzeigen. Unsere Bildstrecke zeigt, welche Politiker eine auffällige Allergie gegen Beleidigungen haben.
Strafanzeigen durch Bundesminister, das von Statista für den Zeitraum September 2021 bis August 2024 erhoben wurde:
- Robert Habeck (Grüne, Wirtschaft) – 805 Anzeigen
- Annalena Baerbock (Grüne, Außen) – 513 Anzeigen
- Marco Buschmann (FDP, Justiz) – 26 Anzeigen
- Bettina Stark-Watzinger (FDP, Bildung) – 24 Anzeigen
- Cem Özdemir (Grüne, Landwirtschaft) – 14 Anzeigen
- Boris Pistorius (SPD, Verteidigung) – 10 Anzeigen
- Lisa Paus/Anne Spiegel (Grüne, Familie) – 10 Anzeigen
- Hubertus Heil (SPD, Arbeit) – 7 Anzeigen
- Klara Geywitz (SPD, Bauen) – 4 Anzeigen
Robert Habeck bricht alle Rekorde. Kein anderer Bundesminister in Deutschland stellt mehr Strafanzeigen: 805 sind es seit Amtsantritt. Diverse Agenturen filtern nach möglichen Beleidigungen und sogenannten „Hassnachrichten“, dann übernimmt die Berliner Staatsanwaltschaft. Aber auch für den Wirtschaftsminister selbst kommt einiges an Arbeit zusammen. Laut Berechnungen des Nachrichtenportals Nius hat er in den ersten drei Jahren der Ampel-Regierung 16 Tage mit dem Bearbeiten von Strafanträgen zugebracht.
Absurd: Die Bürger bezahlen den Grünen-Politiker also auch dafür, dass er gegen sie vorgeht. So reichte in einem Online-Kommentar schon ein grinsendes Kothaufen-Emoji aus, um den, wie es im Strafantrag heißt, „Zeugen Habeck in seiner Ehre zu verletzen“ – einem Mann wurde deshalb eine Strafzahlung in Höhe von 600 Euro aufgebrummt. Besonderes Aufsehen erregte die Strafanzeige gegen einen Internetnutzer aus Bayern, der den Grünen-Politiker als „Schwachkopf Professional“ bezeichnet hatte. Die Folge war eine richterlich angeordnete Hausdurchsuchung „wegen des Tatverdachts einer gegen Personen des politischen Lebens gerichteten Beleidigung“.
Felix Banaszak, Vorsitzender der Grünen, äußerte später, dass die Durchsuchung nicht allein auf der Bezeichnung „Schwachkopf“ beruhte. Rentner Niehoff kündigte an, juristische Schritte gegen diese Behauptung einzuleiten.
Auch vor Abgeordneten macht Habeck nicht Halt. Am 5. Dezember 2024 informierte Wolfgang Kubicki, „Freunde von Robert Habeck“ hätten ihn bei der Polizei und der Rechtsanwaltskammer angezeigt. Grund ist ein Post, in dem der FDP-Mann den Grünen-Politiker als „den unfähigsten Wirtschaftsminister aller Zeiten“ betitelt hatte.
Der Wettkampf der Hoheiten um Respekt
Annalena Baerbock muss noch um einiges aufholen, um in die Fußstapfen ihres grünen Kabinettskollegen Robert Habeck treten zu können. Derzeit liegt die bundesdeutsche Außenministerin mit 513 Anzeigen auf Platz Zwei, hat also die Silbermedaille in der Disziplin „Bürgerjagd mit Steuergeldern“. Mitunter steigt sie dabei mit dem Erstplatzierten in den Ring. So stellte sie gemeinsam mit Habeck gegen eine Alleinerziehende aus Bayern einen Strafantrag, da diese auf der Plattform X eine Bildmontage mit abgewandelten Zitaten von Ampel-Politikern teilte.
Es kam zu einer Durchsuchungsaktion, die zur Beschlagnahmung sämtlicher elektronischer Geräte im Haushalt führte. Gegen eine Zahlung von 900 Euro wurde das Verfahren schließlich eingestellt. Die Bildmontage veräppelte übrigens auch die Ampel-Politiker Olaf Scholz und Christian Lindner, die keinen Anlass sahen, rechtliche Schritte einzuleiten. Auch gegen einen Unternehmer zog Baerbock entschlossen zu Felde. Der sollte 6.000 Euro Busse zahlen, weil er sich auf einem Plakat über die Führungsriege der Grünen lustig gemacht hatte – Baerbock war als trotziges Mädchen abgebildet. Der Fall endete mit einem Freispruch.
Friedrich Merz taucht zwar nicht in den Top Ten auf, aber auch er fährt einen harten Kurs, wenn er sich beleidigt fühlt. Laut stern-Recherchen kam es aufgrund seiner Strafanzeigen gegen unterschiedliche Internetkommentatoren zu Hausdurchsuchungen. Sein Sprecher verweigert allerdings die Angabe genauer Zahlen. Der CDU-Politiker wehrte sich unter anderem gegen Beschimpfungen wie „korrupter Faschist“ und „widerliches Arschloch“. Übrigens: Das Gesetz erkennt derartige Beleidigungen grundsätzlich als strafbar an, dazu muss man kein Politiker sein.
Öffentlich bekannt ist ein Fall, indem sich ein Mann nicht äußern wollte zu seinem an Merz gerichteten, komprimittierenden Post. In der Folge wurde er polizeilich durchsucht. Das ließ der sich aber nicht gefallen und legte Beschwerde ein. Mit Erfolg: Laut Urteil des Landgerichts Stuttgart soll die Durchsuchung rechtswidrig gewesen sein. Offen ist hingegen noch, wie das Strafverfahren wegen Beleidigung ausgeht. Merz gibt an, Schadenersatzzahlungen und Bußgelder nicht für sich einzustreichen, sondern in voller Höhe für soziale Zwecke im Hochsauerlandkreis spenden.
Marie-Agnes Strack-Zimmermann wäre im alten Griechenland wohl eine Erinnye gewesen, eine Rachegöttin. Im juristischen Kampf gegen die Bürger läuft die EU-Abgeordnete regelrecht zur Höchstform auf – monatlich stellt sie um die 250 Strafanzeigen. Alleine seit Februar 2023 wurden ihre Anwälte in knapp 2000 Fällen tätig. Die FDP-Frau nimmt bekanntlich selbst kein Blatt vor den Mund. Sie wirkt tough, aber angesichts ihrer Strafanzeigen-Quote eher wie eine Mimose. Größenteils dreht es sich bei ihren Strafanzeigen um Beleidigungen.
Nur sehr vereinzelt erhält Strack-Zimmermann auch Morddrohungen und Androhungen sexualisierter Gewalt. In einem Interview sagte sie, dass „die Leute auf die harte Tour lernen müssten, dass man mit drastischen Beleidigungen nicht ungeschoren davon kommt“. Auch hier stellt sich die Frage, ob die Anwälte aus eigener Tasche gezahlt werden oder auf Kosten des Steuerzahlers gehen. Staatsanwaltschaft und Strafgericht sind auf jeden Fall steuerfinanziert. Und: Ihre Kapazitäten werden durch die eitlen Gefechte von Politikern unnötig beansprucht, während sie anderswo dringend gebraucht werden.
Die Neulinge folgen dem Meister in vorauseilendem Gehorsam
Franziska Brantner ist frisch im Amt – gemeinsam mit Felix Banaszak stellt sie den bundesdeutschen Vorsitz der Grünen. Bisher war sie Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium; sie gilt als enge Vertraute von Robert Habeck. Heißt auch: Sie hat in Sachen Strafanzeigen ihren Meister längst gefunden. Noch kann freilich nicht gesagt werden, ob die neue Grünen-Chefin auf Aufholjagd geht und Habeck irgendwann von rechts überholen wird.
Das Portal Nius deckte bereits auf, dass Brantner schon bei „dumme Tusse“ aus der Haut fährt. Sie ging sowohl straf- als auch zivilrechtlich gegen einen Mann vor, der sich auf X über sie ärgerte. Ihre im Jahr 2022 getätigte Aussage auf einer Bundestags-Befragung zur aktuellen Gasversorgung und -speicherung, kommentierte er mit „dumme Tusse“ und „so beantwortet Dummheit kluge Fragen.“ Kostenpunkt: Gut 1.400 Euro Bußgeld.
Anton Hofreiter war während seines Botanik-Studiums einige Monate in Südamerika. Immer dabei: Eine Machete. In Interviews erzählt er gerne, wie er damit den Anführer einer Bande in die Flucht geschlagen habe. Metaphorisch gesprochen ist der Grünen-Politiker weiterhin mit einer Machete unterwegs. Mit der geht er inzwischen gerne der freien Rede an den Kragen. Sein Plan, um etwa Online-Radikalisierungen vorzubeugen: Plattformen wie X sperren. Wenn er könnte, würde er wahrscheinlich alles verbieten, was seine grüne Partei beschädigt. Majestätsbeleidigung inklusive.
Hofreiters Überempfindlichkeit zeigt sich etwa darin, dass er weder „Frau“ und schon gar nicht „hässlich“ genannt werden will. Bei Nius meldete sich ein Mann aus Dresden, der genau das getan hat – und nun 1250 Euro Strafe zahlen soll. Anders als viele andere, denen eine Strafanzeige ins Haus geflattert ist, will es der Mann auf eine Verhandlung vor Gericht ankommen lassen. Warum „hässliche Frau“ eine Beleidigung sein soll, erschließt sich ihm nicht.
Nancy Faeser hatte das Compact-Magazin im Juli 2024 verboten. Eine Eilentscheidung, für die sie zig blaue Flecke kassierte. Laut einem gerichtlichen Beschluss darf das Magazin nun zunächst weiter erscheinen. Angesichts dieser Vorgeschichte verwundert es nicht, dass sie neulich auf einer satirischen Fotomontage ein Schild mit den Worten „Ich hasse die Meinungsfreiheit“ in Händen hielt. Veröffentlicht von David Bendels, Chefredakteur des Deutschland-Kuriers. Nius berichtete, dass die Innenministerin dagegen sofort juristisch vorging.
Begründung laut Strafbefehl des Amtsgerichts Bamberg: „Sie zielten dabei auf das Amt der Bundesinnenministerin und wollten die Amtsinhaberin damit diffamieren.“ Das Gericht ist übrigens dasselbe, das in Habecks „Schwachkopf-Affäre“ eine Hausdurchsuchung anordnen ließ. Und auch an Nancy Faeser geht die Frage: Was genau hat sie bei dem Thema Meinungsfreiheit nicht verstanden?
Kommentare
Das nenne ich konsequente Erziehung des Bürgervolkes.
Zum Fremdschämen, aber das interessiert die Herrschaften nicht.
Mich bringt auch auf die Palme wieviel Steuergelder Habeck ausgibt für Werbung auf Facebook, wobei er u.a. um Spendengelder bettelt. Dabei kam gerade heraus, wieviel sich die Regierungsparteien hinter dem Rücken an Steuergeldern haben zugute kommen lassen.
Was für eine absurde Täter-Opfer-Umkehr - nicht der Straftäter wird kritisiert, sondern das Opfer, das die Frechheit besitzt Straftaten auch zur Anzeige zu bringen.
Ob es den Straftatbestand der Beleidigung überhaupt braucht, darüber kann man sicher diskutieren. Aber solange er besteht braucht niemand sich dafür zu rechtfertigen, diese Straftaten nicht über sich ergehen zu lassen.
Endgültig abstrus wird es, wenn dann im Ton der großen Enthüllung bekanntgegeben wird dass Staatsanwälte und Richter aus Steuergeldern bezahlt werden - ja woher auch sonst? Genau dafür bezahlen wir diese Leute: dass sie Straftaten verfolgen und bestrafen; niemand muss sich dafür entschuldigen deren Dienste in Anspruch zu nehmen.
Ihre bockig-pampige Frage an Frau Faeser, was diese "bei dem Thema Meinungsfreiheit nicht verstanden" habe möchte man der Autorin selbst stellen. Ein Blick in unser Grundgesetz würde helfen: das Recht auf freie Meinungsäußerung findet nämlich seine "Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.".
@Stefan Kohmüller Bitte denken Sie noch mal darüber nach, ob Sie hier richtig geurteilt haben. Selbst im Mittelalter gab es "Hofnarren", die der "Obrigkeit" die "andere Meinung" straffrei vorhalten durften.