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Nationalratswahl in Österreich

Wie stehen FPÖ, ÖVP und SPÖ zu Familie und Lebensschutz?

Am Sonntag wählen die Österreicher den Nationalrat für die kommenden fünf Jahre. Chancen für das Amt des Regierungschefs hat Herbert Kickl von der FPÖ, dessen Partei in den Wahlumfragen seit Monaten an der Spitze steht. Dicht gefolgt wird er von der Noch-Bundeskanzlerpartei ÖVP, an dritter Stelle stehen die Sozialdemokraten. Den Einzug ins Parlament werden voraussichtlich auch die Grünen und die liberalen Neos schaffen.

Inhaltsverzeichnis

Der Wahlkampf in Österreich wurde durch ein unerwartetes Ereignis jäh unterbrochen: das Jahrhunderthochwasser. Fünf Menschen kamen in den Fluten ums Leben, das flächenmäßig größte Bundesland, Niederösterreich, wurde für mehrere Tage zum Katastrophengebiet erklärt und die extremen Regenfälle führten beim Wienfluss, den die Wiener als kleines Rinnsal kennen, gar zu einem Jahrtausend-Hochwasser.

Die Spitzenkandidaten mussten kurzerhand also umschwenken und schauen, wie sie sich möglichst profitabel zu dem Hochwasser verhalten. Die Katastrophe und die dramatische Lage, in der sich viele Menschen nun befinden, könnten Auswirkungen auf ihr Wahlverhalten haben. Dies zeichnet sich, wenn auch nicht übermäßig, in den Wahlumfragen nach den Regenfällen aus: Der Abstand zwischen Platzhirsch FPÖ und der Kanzlerpartei ÖVP mit Spitzenkandidat Karl Nehammer verringert sich.

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Zum vierten Mal in Folge negative Geburtenbilanz

Abgesehen von dem Hochwasser sind die Asylpolitik und innere Sicherheit Themen, die die Österreicher bewegen und den Wahlkampf dominieren. Familienpolitik, demografische Entwicklung oder Lebensschutz kommen, wenn überhaupt, nur am Rande vor. Doch gerade für Christen und viele Bürgerlich-Konservative sind diese Baustellen wahlentscheidend. 

Wie in den meisten westlichen Staaten zeichnet sich auch in Österreich keine rosig aussehende Bevölkerungsentwicklung ab. Die Gesamtfertilitätsrate lag im Jahr 2023 bei 1,32 Kindern pro Frau. Diese Zahl liegt klar unter dem Vorjahreswert von 1,41 Kindern pro Frau und knapp unter dem bisherigen Allzeit-Tief von 1,33 Kindern pro Frau im Jahr 2001. Zum vierten Mal in Folge fiel die Geburtenbilanz negativ aus. 2023 verstarben 12.000 Personen mehr als zur Welt kamen, ermittelte die Statistik-Austria. 

Bei Frauen mit ausländischer Herkunft – dazu zählen laut Statistikamt nichtösterreichische Staatsangehörige sowie im Ausland geborene österreichische Staatsbürger – ist die Kinderanzahl pro Frau etwas höher, nämlich 1,52.

Corrigenda stellte den drei großen Parteien FPÖ, ÖVP und SPÖ, die um die Spitzenplätze kämpfen, schriftliche Fragen dazu, wie sie mit den demografischen Herausforderungen umgehen wollen, welche familienpolitischen Konzepte sie verfolgen und wie sie angehende Mütter unterstützen wollen, „Ja“ zu ihrem Kind zu sagen. 

Die Christdemokraten sowie die Sozialdemokraten antworten ausführlich. Die Rechtspopulisten verweisen auf ihr Wahlprogramm und ersuchen um „Verständnis“, da sie aus „Kapazitätsgründen“ die Fragen nicht beantworten könnten.

Familienpolitik

Ein Pressesprecher der Kanzlerpartei ÖVP äußert auf die Frage, was seine Partei tun möchte, um die Bürger zur Familiengründung zu ermutigen, folgendermaßen: „Die demografische Entwicklung ist äußerst bedenklich und braucht erhöhte Aufmerksamkeit durch die Politik. Wir müssen in diesem Bereich Maßnahmen setzen, um Familien zu unterstützen und zu entlasten“. Dazu gehöre zum Beispiel der 2019 in Kraft getretene „Familienbonus Plus“. 

Dieses Steuerentlastungsmodell für Familien führte die schwarz-blaue Regierung unter Sebastian Kurz (ÖVP) ein. Pro Kind ist eine Reduzierung der Einkommenssteuer von 1.500 Euro im Jahr möglich. Die Einführung des „Familienbonus Plus“ war ein Versprechen des Regierungsprogramms der ÖVP/FPÖ 2017. 

Die ÖVP möchte Familien fördern, vor allem durch Unterstützung junger Menschen beim Kauf eines Eigenheims oder dem Ausbau der Kinderbetreuung bei gleichzeitiger Beibehaltung der Wahlfreiheit, wie der Pressesprecher betont. Um Paare zu ermutigen, mehr als zwei Kinder zu bekommen, brauche es, sagt der ÖVP-Pressesprecher, 

„eine familienfreundliche Politik, die mit Familienleistungen (wie Familienbeihilfe, Mehrkindzuschlag, Kinderabsetzbetrag, Kinderbetreuungsgeld, Familienzeitbonus sowie Schulstartgeld etc.) sowie mit steuerlichen Entlastungen, wie der von uns eingeführte und erhöhte Familienbonus, unterstützt. Bei familienfreundlichen Maßnahmen liegt Österreich in der Europäischen Union auf dem ersten Platz – das freut uns sehr, da es eine Anerkennung unserer Arbeit der letzten Monate ist“. 

Tatsächlich: Eine Studie des Joint Research Centre (JRC) der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2024 ergibt, dass Österreich EU-weit am meisten für Familien ausgibt. Mit Unterstützungsleistungen in Höhe von zwölf Prozent des BIP liege das Land auf Platz eins.

FPÖ fast deckungsgleich mit ÖVP

Die Familienpolitik der FPÖ von Parteichef und Spitzenkandidat Herbert Kickl ist im Grunde deckungsgleich mit dem der ÖVP. In ihrem Wahlprogramm schreiben die Freiheitlichen, sie wollen junge kinderreiche Familien mit „Starterwohnungen“ unterstützen. Unter dem Punkt „Steuerentlastung für Berufseinsteiger und Familiengründer“ verspricht die Partei Steuerermäßigungen bei Familiengründungen, die abhängig sind von der Kinderanzahl.

Ein Kapitel lautet „Traditionelles Familienbild verteidigen“. Dort heißt es, die Entwicklung, wonach immer weniger Kinder geboren werden, müsse gestoppt werden. Die Rechtspopulisten wollen das unterstützen, indem sie die Kinderbetreuung ausbauen wollen sowie junge Familien steuerlich entlasten wollen.

SPÖ setzt auf Leistungen für Kinder

Einen ganz anderen Zugang zur Familienpolitik haben die Sozialdemokraten mit Spitzenkandidat Andreas Babler. Der demografische Wandel, der die Gesellschaft vor große Herausforderungen stelle, erfordere eine „Querschnittspolitik, bei der verschiedene Politikbereiche relevant sind“, sagt eine SPÖ-Pressesprecherin gegenüber Corrigenda. Das Familienprogramm sieht so aus:

„Um Familien stärker zu entlasten, fordert die SPÖ eine Kindergrundsicherung, die der steigenden Kinderarmut in Österreich ein Ende setzt. Wir dürfen nicht länger hinnehmen, dass jedes fünfte Kind armutsgefährdet ist. Außerdem setzt sich die SPÖ weiterhin für die Umsetzung einer Unterhaltsgarantie ein, die Alleinerziehenden und ihren Kindern hilft. ÖVP und Grüne konnten sich hier zu keiner Entscheidung durchringen. Alle Kinder haben das Recht auf die beste Bildung. Darum kämpft die SPÖ auch für einen Rechtsanspruch auf einen kostenfreien Kinderbildungsplatz ab dem 1. Lebensjahr.“

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Bei der Frage, wie eine von der SPÖ geführte Bundesregierung Paare dazu ermutigen könnte, mehr als zwei Kinder zu bekommen, sagt die Pressesprecherin: „Menschen haben ein Recht auf ein selbstbestimmtes Privat- und Familienleben und dieses frei für sich zu gestalten.“ Echte Wahlfreiheit entstehe durch einen „massiven Ausbau der staatlich garantierten Leistungen für Kinder“. Diese beinhalten den Sozialdemokraten zufolge kostenlose Mittagessen für Kinder in Bildungseinrichtungen, Zugang zu Ferien- und Freizeitangeboten und eine flächendeckende Versorgung mit ärztlichen sowie therapeutischen Angeboten.

Lebensschutz

Was den Lebensschutz betrifft, unterscheiden sich ÖVP und SPÖ wie Tag und Nacht voneinander. Die FPÖ macht sowohl in ihrem Wahlprogramm, wie auch in ihrem Parteiprogramm keine Angaben zu dem Thema. 

„Wir haben uneingeschränkte Achtung vor dem menschlichen Leben – dem geborenen und dem ungeborenen“, antwortet der ÖVP-Pressesprecher. Politik und Gesellschaft hätten die Aufgabe, Rahmenbedingungen zu schaffen, um Frauen im Falle ungewollter Schwangerschaften bestmöglich zu unterstützen. Das passiere laut ÖVP am effektivsten durch den Ausbau von Beratungsangeboten, zu denen Frauen flächendeckenden Zugang haben sollten. Die Aufgabe der Beratungen sei es, ihnen alle Alternativen zur Abtreibung aufzuzeigen. Auch gehöre die finanzielle Unterstützung für Mütter und Familien verstärkt. 

 

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Die Sozialdemokraten, die in den aktuellen Wahl-Umfragen an dritter Stelle stehen, setzen sich dafür ein, dass alle Menschen selbstbestimmt leben können, wobei diese Selbstbestimmung offenbar nicht für ungeborene Kinder gilt. Sie machen sich stark für kostenlose Verhütungsmittel und mehr sexuelle Bildung an den Schulen. „Die SPÖ fordert, dass ein Aktionsplan zur Umsetzung und Sicherstellung zeitgemäßer, flächendeckender Bildungsangebote zu den Themen Sexualität, Verhütung, sowie Schwangerschaftsabbruch in Schulen ausgearbeitet wird“, wird die Pressesprecherin konkret. Die SPÖ möchte Abtreibung aus dem Strafgesetzbuch streichen und künftig im Gesundheitsrecht regeln.

Image und Wertschätzung der Familie

Corrigenda fragte nach, wie die drei Parteien das Image von Familien und Elternschaft verbessern wollen. Die ÖVP äußert dazu: „Unerlässlich ist auch ein familien- und kinderfreundlicher öffentlicher Dialog – Mut zum Kind ist meist nicht nur eine finanzielle Frage“. Die von Familien erbrachten Leistungen seien keine Selbstverständlichkeit. Um das Image von Familien zu verbessern, brauche es Wertschätzung für die Arbeit, „die jeden Tag von Eltern im Rahmen der Kindererziehung geleistet wird. Dazu bekennen wir uns als Volkspartei“. 

In ihrem Parteiprogramm schreibt die FPÖ unter dem Punkt „Familie und Generationen“: „Die Familie als Gemeinschaft von Mann und Frau mit gemeinsamen Kindern ist die natürliche Keimzelle und Klammer für eine funktionierende Gesellschaft und garantiert gemeinsam mit der Solidarität der Generationen unsere Zukunftsfähigkeit.“

Die SPÖ geht bei ihrer Antwort lediglich auf Kinder ein. Weil diese „Geborgenheit und Zuversicht“ bräuchten, um sich frei entwickeln zu können, möchten die Sozialdemokraten „Österreich zu einer Kinderrechterepublik machen und so das Leben von Kindern und mit ihnen wesentlich verbessern“. Die Sprecherin betont: „Alle Kinder sollen alle Chancen bekommen.“

Ist heiraten „cool“?

Zuletzt stellte Corrigenda die Frage, wie die Parteien zu folgender Aussage stehen: Es muss wieder cool sein, zu heiraten und eine große Familie zu gründen.

ÖVP: „Das sehen wir auch so.“

FPÖ: Der Pressesprecher der Blauen beantwortete zwar die Fragen nicht, äußerte aber zu der letzten: „Die Aussage am Ende unterstützen wir.“

SPÖ: „Die SPÖ will die Lebensbedingungen aller Menschen in Österreich verbessern. Dazu gehören der Kampf gegen die Teuerungskrise, der Wiederaufbau des Gesundheitssystems, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen sowie der Ausbau des Bildungsbereiches. All das trägt dazu bei, dass Menschen ihr Recht auf ein selbstbestimmtes Privat- und Familienleben wahrnehmen und für sich entscheiden können, wie sie dieses gestalten möchten.“

 

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Kommentare

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Kommentar
6
ecclesia militans
Vor 1 Tag 18 Stunden

Katholiken, die die ÖVP wählen, gehen zur Handkommunion und leben im Konkubinat!

2
Manu
Vor 1 Tag 15 Stunden

Dieser Kommentar mag lustig gemeint sein, doch kennen Sie das – ich kann es nicht anders sagen: proletarisch-vulgär-materialistische FPÖ-Milieu, das mit Glauben gar nichts am Hut hat?
Es gibt hier keine einfachen Antworten und Wahlentscheidungen. Als Christen, vor allem als ernsthaft katholische, stehen wir am Rande der Gesellschaft.

1
G. Seidel
Vor 9 Stunden 27 Minuten

Die engagierte und, mehr noch, berührende Rede der ÖVP-Nationalrats-Abgeordneten Carmen Jeitler-Cincelli vom 24.03.2021 bestätigt mich in meiner Überzeugung, dass ich als Christdemokrat richtig verortet bin:

https://www.parlament.gv.at/aktuelles/mediathek/XXVII/NRSITZ/89?DEBATTE…

Dass die beiden darin erörterten Petitionen "Fairändern" und "Fakten helfen", die nicht mehr fordern als was in Deutschland längst geltendes Recht ist, m.W. einstimmig(!) "zur Kenntnis genommen" und damit ohne jede Konsequenz ad acta gelegt wurden, schmerzt und verstört mich.

6
ecclesia militans
Vor 1 Tag 18 Stunden

Katholiken, die die ÖVP wählen, gehen zur Handkommunion und leben im Konkubinat!

2
Manu
Vor 1 Tag 15 Stunden

Dieser Kommentar mag lustig gemeint sein, doch kennen Sie das – ich kann es nicht anders sagen: proletarisch-vulgär-materialistische FPÖ-Milieu, das mit Glauben gar nichts am Hut hat?
Es gibt hier keine einfachen Antworten und Wahlentscheidungen. Als Christen, vor allem als ernsthaft katholische, stehen wir am Rande der Gesellschaft.

1
Laetitia M.
Vor 1 Tag 17 Stunden

Was soll diese bescheuerte These?