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Kolumne „Der Schweizer Blick“

Elternzeit? Oder eher Gleichmacherei?

Man muss es ihnen lassen: Die PR-Maschine läuft. „Familienzeit“-Initiative klingt warm, menschlich, vernünftig. Wer könnte dagegen sein? Wer wünscht sich nicht mehr Zeit mit dem eigenen Kind? Wer würde Eltern das Glück verwehren, ihre Neugeborenen gemeinsam in den Schlaf zu wiegen, während draußen die Welt weiterhetzt?

Die genannte Volksinitiative in der Schweiz kommt in diesen Tagen mit der Unterschriftensammlung ins Rollen, lanciert von Kräften von der Mitte bis nach links. Heute stehen Müttern 14 Wochen Mutterschaftsurlaub zu, Väter können zwei Wochen beziehen. Das Volksbegehren sieht ein neues Modell vor: Je 18 Wochen „Elternurlaub“ für Väter und Mütter, wobei sie vier Wochen davon gemeinsam beziehen können. Die Wochen sind nicht übertragbar unter den Elternteilen.

Wie gesagt: Es ist in einem ersten Impuls schwierig, die Idee zu kritisieren. Schließlich kann es einem neugeborenen Kind ja nur guttun, die Eltern so viel wie möglich um sich zu haben. Doch wie so oft in der Politik verbirgt sich hinter dem Etikett eine ganz andere Realität.

Projekt gesellschaftspolitischer Umerziehung

Es geht nicht um Familie. Es geht nicht um Kinder. Es geht um das Ich. Um Selbstverwirklichung, Gleichheit, Umverteilung. Die Familie, in der Mutter und Vater in freier Entscheidung ihre Rollen finden: Sie ist längst aus der Mode gekommen. Stattdessen wird ein Modell forciert, das nichts mehr mit gelebter Verantwortung zu tun hat, sondern mit Ideologie.

18 Wochen Urlaub für die Mutter, 18 Wochen für den Vater – und wehe, er verzichtet. Dann verfallen seine Wochen. Kein Übertragen, kein Schenken. Warum? Weil es nicht um Flexibilität oder das Wohl des Kindes geht. Sondern darum, dass beide Elternteile sich gleichmäßig verwirklichen können.

Wenn der Vater gern sofort wieder arbeiten möchte und die Mutter lieber zu Hause bleibt: Pech gehabt. Gleichstellung duldet keine Ausnahmen. Schon gar keine, die an das traditionelle Familienbild erinnern. Das Baby? Spielt in dieser Logik nur eine Nebenrolle. Es ist der Anlass für ein gesellschaftspolitisches Umerziehungsprojekt.

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Wenn 80.000 Kinder pro Jahr geboren werden, dann soll diese Initiative eine Milliarde Franken mehr kosten als das heutige Modell. Pro Jahr. Und dabei soll laut Initianten nicht nur die Familie profitieren, sondern auch die Wirtschaft, die Sozialwerke, das ganze Land. Denn angeblich kehren Eltern danach glücklicher und leistungsfähiger in den Beruf zurück – wahrscheinlich mit der gleichen Studienbasis, auf der man einst behauptete, Gendersternchen würden das Betriebsklima verbessern.

Beispiele aus den Familien sprechen dagegen

Die Argumentation folgt dem bekannten Drehbuch: Die Initiative sei eine Investition. In 20 Jahren werde sie sich auszahlen. Doch was genau bis dahin passiert, was das Ganze tatsächlich bewirkt, ob es den derzeit herrschenden Geburtenrückgang stoppt – das bleibt vage. Sicher ist nur: Zahlen darf zuerst der Mittelstand.

Der Ruf nach mehr Elternzeit ist nicht neu. Doch ein Blick über die Grenzen zeigt: Mehr Urlaub führt nicht zu mehr Kindern. In Norwegen gibt es großzügige Modelle, aber die Geburtenrate sinkt trotzdem. In Frankreich sind Kindertagesstätten subventioniert, aber der demografische Rückgang hält an. Warum? Weil es bei der Entscheidung für Kinder nicht um Zeit geht. Sondern um Haltung.

Das traditionelle Familienmodell steht unter Dauerbeschuss. Die Mutter, die sich bewusst dafür entscheidet, einige Jahre ganz für das Kind da zu sein, wird heute fast schon als Verräterin der Gleichstellung betrachtet. Der Vater, der lieber arbeitet und der Familie ein Einkommen sichert, statt Windeln zu wechseln, ist ein rückständiger Macho.

Gegen die Wahlfreiheit gerichtet

Die „Familienzeit“-Initiative ist das neueste Kapitel in dieser Geschichte. Sie will nicht mehr ermöglichen, sondern vorschreiben. Nicht mehr fördern, sondern umformen. Was mit schöner Sprache von Nähe und Zuwendung daherkommt, ist in Wahrheit ein weiterer Angriff auf die Wahlfreiheit. Ist ein Angriff auf die Familie, wie sie für viele Menschen ganz real und erfüllend gelebt wird.

Und wer das nicht glaubt, dem sei ein Gedankenexperiment empfohlen: Was, wenn der Vater seine 18 Wochen nicht nehmen will – und sie gern der Mutter überlässt? Was, wenn beide Eltern einfach entscheiden möchten, was für ihre Familie passt?

Dann zeigt sich der wahre Kern dieser Initiative: Es geht nicht um das Wohl des Kindes. Es geht um das ideologische Ziel der austauschbaren, gleich funktionierenden Erwachsenen. Das Individuum ist König – das Kind Nebensache.

Deshalb ist diese Initiative keine Lösung für unsere demografischen oder sozialen Probleme. Sie ist ein weiteres Stück Realitätsverweigerung. Familien brauchen nicht mehr „Zeit“ im Sinne von staatlich verordneter Freizeit. Sie brauchen Respekt, sie brauchen Freiheit – und die Möglichkeit, ihr Leben ohne ideologische Gängelung zu gestalten.

Alles andere ist – mit Verlaub – eine romantisch bemalte Umverteilungsmaschinerie.

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