Was man bei Zuckerbergs Anti- Zensur-Versprechen nicht vergessen sollte
Wer kennt das nicht? Kaum hast du irgendeine Information zu einem kontroversen Thema gepostet, egal wie klein dein Profil auf Facebook oder Instagram ist, wird dein Post mit dem Label „Falschmeldung“ versehen. Wer den Eintrag sieht, hat nun die Wahl, zuerst die Einordnung der Faktenchecker zu lesen oder deinen Post trotzdem zu sehen. Das Gefühl, etwas Illegales zu tun, wenn man sich für Letzteres entscheidet, war trotzdem da.
Diese interne Anweisung, diese Zensurpraxis, die Millionen Menschen ihre „Stimme im Internet“ kostete, ja ganze Existenzen bedrohte oder zerstörte, die ihr Geld mit Online-Werbung verdienten, hat nun ein Ende. Zumindest in den USA. Was je nach politischer Lage auch in Europa und anderen Teilen der Welt folgen könnte.
Der CEO von Meta, der Muttergesellschaft von Facebook, Instagram, WhatsApp und Threads, Mark Zuckerberg, will nur noch Free Speech, freie Meinungsäußerung, so gut es geht.
Das hat er in einem Video am Dienstag, 7. Januar, angekündigt und dabei erklärt, wie er vorgehen will. Das Nachrichtenportal NIUS hat die gesamte Rede auf Deutsch übersetzt und transkribiert.
Im Grunde will er zunächst in den USA das Faktencheck- durch ein „Community Notes“-System nach dem Vorbild von X ersetzen. Das heißt, keine Dienstleister würden die gemeldeten Beiträge kontrollieren, sondern die User selbst können per Schwarmintelligenz jeden Beitrag mit Notizen zum Kontext versehen.
In Deutschland würde dies bedeuten, dass etwa „Correctiv – Recherchen für die Gesellschaft e. V.“ nicht mehr Partner von Facebook (Meta) in Deutschland wäre und in diesem Zusammenhang den Inhalt von gemeldeten Beiträgen auf der Plattform nicht mehr als potenzielle Falschmeldung kennzeichnen würde. Doch es soll noch weitergehen:
„Zweitens werden wir unsere Inhaltsrichtlinien vereinfachen und eine Reihe von Beschränkungen – etwa zu Einwanderung und Geschlechterfragen – aufheben, die nicht mehr mit dem übereinstimmen, was in der breiten Öffentlichkeit diskutiert wird. Was ursprünglich als Bewegung für mehr Inklusivität gedacht war, wird immer häufiger dazu genutzt, andere Meinungen mundtot zu machen und Menschen mit anderen Ideen auszuschließen – und das ist zu weit gegangen.“
Klingt historisch, aber …
Ernüchternd muss hier festgestellt werden, dass dies der Meta-Gruppe Millionen an Ausgaben ersparen würde und der Nutzen nicht allein, und vielleicht nicht einmal in erster Linie der Wahrung der Meinungsfreiheit zugutekäme.
Zuckerberg will, dass Facebook und Instagram wieder so werden wie am Anfang, behauptet er nun. Das Unternehmen habe zu viele Fehler gemacht und die Nutzer zu sehr zensiert. Das habe das Vertrauen kaputt gemacht. Meta wolle die Regeln vereinfachen, den Filter nur auf schwere Verstöße konzentrieren, wie z. B. Drogen- oder Kindesmissbrauch, und mehr politische Inhalte zeigen. Die Moderationsbereiche sollen nach Texas verlegt werden. So kann man Befürchtungen wegen politischer Voreingenommenheit aus dem Weg gehen. Denn Texas gilt als „Trump-Land“ und dürfte sich mehr als das linkslastige Kalifornien mit freier Rede identifizieren.
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Meta will außerdem mit Trump zusammenarbeiten, um Zensur zu bekämpfen und die Meinungsfreiheit zu stärken. Zuckerberg räumt ein, dass es dauern werde, aber er hoffe, man könne so Fehler vermeiden und wieder eine Plattform für freie Meinungsäußerung schaffen.
Das Ganze klingt gigantisch und historisch. Man muss nur sehen, dass Zuckerberg in den Jahren der Pandemie unter der Biden-Administration vollständig den Forderungen der Gesundheitsbehörden und anderer Behörden nachgekommen war. Er war auch dem FBI gefolgt und hatte vor der Wahl 2020 die Verbreitung aller Posts über den Laptop von Bidens Sohn Hunter stark gedrosselt. Dort fanden sich abstruse Inhalte wie Drogenmissbrauch, Sex mit Prostituierten und dubiose Geschäfte in der Ukraine, die den Eindruck erweckten, dass sie nur durch Bidens Vizepräsidentschaft unter Barack Obama zustande gekommen waren, also Vetternwirtschaft. Das alles wurde vom FBI und von den Medien als russische Desinformation abgetan.
… Zuckerberg tut, was ihm opportun erscheint
Im August 2022 sagte Zuckerberg in einem Interview, es sei ein Fehler gewesen, die Geschichte weniger zu verbreiten, und er bedaure das. Noch im Dezember 2024 wurde Hunter Biden von seinem Vater und Noch-Präsident Biden rückwirkend für zahlreiche Straftaten eines ganzen Jahrzehnts begnadigt. Selbst wenn die Trump-Administration den Inhalt des Laptops strafrechtlich untersuchen würde, müsste sie einen Bogen um Hunter Biden machen.
Bei Zuckerbergs Versprechen darf man nicht vergessen, dass er in erster Linie ein regierungstreuer Unternehmer ist. Er tut immer das, was ihm opportun erscheint. Umso wichtiger ist es, Leute an der Macht zu haben, die die Meinungsfreiheit schätzen. So kann die ganze Welt von der Meinungsfreiheit profitieren, egal welche Opportunisten gerade einen Social-Media-Konzern leiten.
Die Frage, die einem nicht aus dem Kopf geht – was hätte Zuckerberg in seinem Konzern geändert, wenn Kamala Harris gewählt worden wäre?
Man will es gar nicht wissen.
Kommentare
Gut gebrüllt, Löwe! Im Ernst, diese Gängelei durch Hinweisgeberschutzgesetze und Strafbarkeit von Verfassungsschutzrelevanter Delegitimierung des Staates sind DDR-reif und verhöhnen den gesunden Menschenverstand. Dass Leute sich das widerstandslos gefallen lassen, ist der eigentliche Skandal. Haben die nichts gelernt?
@Ingo F. zu früh gefreut! In Brüssel denkt man sich schon eine neue Möglichkeit aus, wie man unliebsame Meinungen unterbinden kann.