Vom „Schwachkopf“ zur Schleife an Stalins Bart

Die hier vertretene These: Die in der ausgehenden Merkel-Ära im Frühjahr 2021 neu in den Paragrafen 188 Strafgesetzbuch eingefügte „Politiker-Beleidigung“, kürzlich bekanntgeworden durch die sogenannte „Schwachkopf“-Affäre um Noch-Wirtschaftsminister Robert Habeck, ist verfassungswidrig und damit nichtig; sie hat den konstitutionellen Praxistest nicht bestanden. Im Gegenteil, sie ist mit Pauken und Trompeten durchgefallen.
Der Staat kann mit dem Strafrechtsparagrafen der Politikerbeleidigung offenkundig nicht souverän umgehen. Die Politiker sollten sich um die Sicherheit ihrer Bürger kümmern, auch vor Beleidigungen, statt vollständig um sich selbst zu kreisen.
Paragraf 188 Strafgesetzbuch (StGB)
§ 188 Gegen Personen des politischen Lebens gerichtete Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung
(1) Wird gegen eine im politischen Leben des Volkes stehende Person öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) eine Beleidigung (§ 185) aus Beweggründen begangen, die mit der Stellung des Beleidigten im öffentlichen Leben zusammenhängen, und ist die Tat geeignet, sein öffentliches Wirken erheblich zu erschweren, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Das politische Leben des Volkes reicht bis hin zur kommunalen Ebene.
(2) Unter den gleichen Voraussetzungen wird eine üble Nachrede (§ 186) mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren und eine Verleumdung (§ 187) mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
Der gesamte Paragraf 188 StGB ist überflüssig. Denn was wäre der Schutzzweck in der heutigen Zeit? Der Politiker ist ganz selbstverständlich, ganz unabhängig von Paragraf 188, gegen Beleidigungen, Verleumdungen und üble Nachrede geschützt, wie jeder andere Bürger auch. Und das zweite Schutzziel von Paragraf 188 ist im Prinzip der Staat selbst, das Amt, das er vergibt, die Funktion. Inzwischen hat sich der Paragraf 188 zu einer gewerblichen Nebenverdienstquelle für die öffentlich-bestallten Würdenträger entwickelt.
Allerdings: Wenn das Amt selbst geschützt werden soll, kann nicht der Amtsträger Schadenersatz kassieren, was aber ständig passiert. Teleologisch betrachtet muss man die Politikerbeleidigung also als gesetzliches Geschwurbel bezeichnen, weil viel zu unklar und unehrlich.
Paragraf 188 StGB führte bis 2021 ein Schattendasein
Als das Bundesverfassungsgericht 1954 die damalige Fassung des Paragrafen 188 (in der es nur um die „üble Nachrede“ und die „Verleumdung,“, also im Wesentlichen um falsche Tatsachenbehauptungen ging) für gut befand, war die normative Rechtswirklichkeit eine andere als heute. Und bis vor drei Jahren, bis die Politikerbeleidigung neu erfunden und dann eingefügt wurde, lief der § 188 StGB im Prinzip vollkommen bedeutungslos nebenher. Er führte ein Schattendasein.
Doch jetzt ist dieser Paragraf des Strafgesetzbuches ein richtiger „Burner“ geworden. Es gibt inzwischen zigtausende von Strafanzeigen von Politikern von CDU, FDP, SPD und Grünen gegen einfache Bürger wegen eines Deliktes der Politikerbeleidigung. Die Sozialadäquanz, der sich ändernde Sprachgebrauch, die Schärfe des politischen Diskurses, politische Mainstreambildungen, der politische Lagerkampf, all das muss berücksichtigt werden, will man aus einem Werturteil ein herabsetzendes Werturteil herausmendeln, zu dem der betroffene Politiker nicht selbst aktiv beigetragen hat, durch eigenes Beleidigen oder sonstige Verfehlungen.
In der Geschichte der Bundesrepublik mussten Politiker wie Franz Josef Strauß (CSU) und Helmut Kohl (CDU) und viele andere konservative Politiker maßlose Beleidigungen über sich ergehen lassen – und dies von Mainstream-Medien ebenso wie von grün-linken Konkurrenzpolitikern. Auch ein historischer Blick ist hier also verfassungsrechtlich relevant.
Demokratie ohne Meinungsfreiheit ist keine Demokratie
Eine hingehauene Bemerkung über einen Politiker, aus der sich notfalls eine Beleidigung konstruieren ließe, erfüllt nicht das notwendige Tatbestandsmerkmal der Beeinträchtigung der Arbeit des betroffenen Politikers oder der staatlichen Funktionsfähigkeit. So weit sind die Bürger inzwischen aufgeklärt, dass sie ein „Schwachkopf“ zugleich auch kaltlässt. Einen „Schwachkopf“ also künstlich aufzuheizen oder besser, zu überhitzen, kann verfassungsrechtlich nicht tragen. Ein Verfassungsstaat, der ernsthaft eine „Schwachkopf“-Bemerkung verfolgt, macht sich lächerlich.
Politiker, insbesondere Spitzenpolitiker, sagen konkludent, durch ihre bloße Existenz permanent, ich bin der Beste für diesen Posten, ich will euch regieren. Bei aller demokratischen Legitimation oder sonstigen rechtlichen Darstellung könnte man also sagen, Politiker sind im Sinne des Demokratie-Gebotes, wenn nicht regelrecht dazu da, beleidigt zu werden, dann doch dazu, dass sie unbeschränkt kritisiert werden können und Kritik ertragen müssen, auch massive und auch persönlich verletzende Kritik.
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Die Demokratie ist ja nicht irgendein Rechtsgut, sondern eine tragende Säule in der Verfassung. Eine Duckmäuserdemokratie kann keine Demokratie sein. Im Zweifel also eher eine Beleidigung mehr als eine zu wenig. Die Meinungsfreiheit des Grundgesetzes endet bei den allgemeinen Gesetzen. Es ist ein konstitutioneller Schildbürgerstreich, die Meinungsfreiheit durch die Erfindung allgemeiner Gesetze, die nur dazu da sind, die Meinungsfreiheit einzuschränken, zu beschneiden. Und genau darum handelt es sich bei der Politikerbeleidigung.
Demokratie und Politik müssen fetzen, da muss Tacheles geredet werden. Und da muss, durch Überspitzung des Punktes, um den es im Streit geht, hervorgehoben werden – was die Rechtsprechung ja auch anerkennt. Demokratie ist keine Mimosokratie. Wer nur austeilen und regieren will und nicht einstecken kann, muss entweder nicht Politiker werden oder er muss das Einstecken lernen. Demokratie ohne absolute Meinungsfreiheit, nur durch die wirklich allgemeinen Gesetze beschränkt, ist keine Demokratie.
Permanente Beleidigungen von Politikern im öffentlichen Diskurs
Seit zehn Jahren ist es ein allgemeiner Sport, Donald Trump zu beleidigen, zu verleumden, der üblen Nachrede auszusetzen, und aus jedem Rahmen herausfallend mit Vernichtungshass zu überschütten. Auch wenn das sehr oft nur eine Art faschistische Gemeinschaftsattitüde ist, und die Leute sich nicht viel dabei denken und noch weniger wissen, ist das doch ein Fakt, der in allen Talkshows, Medien, Parlamenten und in jeder Kneipe gang und gäbe ist. Da mutet es komisch an, wenn dieselben Politiker, die sich öffentlich an Trump abarbeiten, und das permanent und immer wieder, einen besonderen Beleidigungsschutz des Strafgesetzbuches für sich reklamieren.
Marie-Agnes Strack-Zimmermann sagte am Tag vor der US-Präsidentschaftswahl in der Talkshow „Hart, aber fair“, Beifall heischend und triumphierend, dass Donald „Trump nicht alle Tassen im Schrank hat“. Ist das nicht auf einem ganz ähnlichen Niveau wie „Schwachkopf“? Friedrich Merz bezeichnete im Juni 2024 das Heizungsgesetz von Robert Habeck bei „Maybrit Illner“ wörtlich als „schwachsinnig“.
Der damalige Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) beschimpfte Trump im August 2016 öffentlich und sehr ernst gemeint als „Hassprediger“, und die grüne Aktivistin Luisa Neubauer, die in den Medien gehandelt wird wie eine Art Privat-Politikerin, bezeichnete Trump auf X als „Faschisten“. Das ist die Messlatte. Das ist das, was der Bürger hört und in sozialen Medien liest, weshalb er mit gutem Recht annehmen kann, dass auch er selbst so über Politiker reden darf und muss, wenn er gehört werden will. Was denn sonst?
CDU-Politiker Hendrik Wüst sagte im Sommer 2024 öffentlich über zehn Millionen AfD-Wähler, dass sie alle, jeder einzelne, „Nazi“ wären. Die überbordende Fülle dieser Beispiele ist jedem geläufig. Handelt es sich bei einer solchen extremen Beschimpfung einer Gruppe um klimavergiftende Volksverhetzung aus dem Mund von Politikern, die es einer Demokratie schwermachen, eine Demokratie zu sein?
Wo ist die Grenze zur in Deutschland nicht vorgesehenen politischen Justiz?
Wie die Praxis zur neuen Politikerbeleidigung zeigt, gibt es krasse Fehlentwicklungen: Es hat sich eine Industrie von Privatermittlern („So done“) etabliert, die KI-gestützt und gegen Provision das Netz durchpflügen und die Politikeranzeigen vollautomatisiert haben. Justitia ist mit neuen Ermittlungs- und Bestrafungskapazitäten für die Verfolgung von Politikerbeleidigung ausgestattet worden. Da wird die Grenze zur in Deutschland nicht vorgesehenen politischen Justiz plötzlich sichtbar.
Wegen im Verhältnis zu Mord und Totschlag geradezu juristischen Petitessen laufen nicht nur die verhängten Strafmaße (hohe Geldstrafen, Vorbestrafung, Haftstrafen) aus dem Ruder, sondern auch die auf die Prozessordnung gestützten Ermittlungsmaßnahmen. Wegen welcher Umstände werden Computer und Smartphones beschlagnahmt, Hausdurchsuchungen verfügt oder gewaltsam Wohnungen geöffnet?
Was wäre, wenn ein solches Opfer einer solchen Wohnungsöffnung Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch erstatten würde? Wer einen Politiker mit einem harmlosen Meme kritisiert, löst keinerlei Verdachtsmoment aus, sondern genießt insoweit die Unschuldsvermutung: Es gibt keinen Anlass anzunehmen, dass er auf seinem Computer oder seinem Handy irgendwelche ominösen Straftaten angehäuft hätte.
Der Fall Bendels ist symptomatisch
Zu allem Überfluss: Die Politikerbeleidigung hat System und ist Konzeptbestandteil des Kampfes gegen Rechts, gegen „Hass und Hetze“, die per se noch nicht strafbar sind, es sei denn, es handelte sich um „Volksverhetzung“. Auch die Volksverhetzung ist ein Straftatbestand im deutschen Strafgesetzbuch, der jahrzehntelang bedeutungslos zwischen den Buchseiten lebte. Heutzutage hat er Hochkonjunktur. Und zwar mit einem klaren Vorzeichen: Was böse ist, ist rechts oder rechts ist böse. Und was rechts ist, ist in keinem Gesetz definiert. Links ist gut, auch wenn es linksradikal oder gar gewalttätig ist. Auch was links ist, ist in keinem Gesetz definiert.
Aktuell macht der Fall Nancy Faeser gegen David Bendels Furore. Bendels hatte die derzeit geschäftsführende Innenministerin auf der Plattform X mit einem Schild abgebildet, auf dem steht: „Ich hasse die Meinungsfreiheit“. Ja, und? Weit gefehlt. Das Amtsgericht Bamberg verurteilte Bendels jetzt zu einer siebenmonatigen Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Und es verurteilte ihn zur Abgabe einer Entschuldigung bei Nancy Faeser.
Das darf man wohl als unverhältnismäßig bezeichnen: In diesem Fall, in dem es um die sonst so hoch gehaltene Pressefreiheit geht, springt das satirische Momentum, eine sarkastische Ironie, die im Übrigen komplett harmlos ist und sich zudem erkennbar auf Nancy Faesers eigene Äußerungen und ihre Politik bezog, geradezu ins Auge.
Und der Fall zeigt: Es wird gefährlich für die Meinungsfreiheit und die Demokratie in Deutschland, um deren Schutz es den Enthusiasten der Politikerbeleidigung angeblich geht. Der Fall Bendels/Faeser, die „Schwachkopf-Affäre“ und sehr viele andere Fälle sind eine irrationale Eruption der Justiz, die aber gerade dabei ist, in Mode zu geraten. Der Staat darf nicht kippen und zum Unrechtsstaat werden.
Stalins furchtbarer Artikel 58
Wie weit ist die Bundesrepublik noch entfernt vom Stalinismus, genauer gesagt von Stalins Artikel 58 des sowjetischen Strafgesetzbuches, der 1927 eingeführt und bis zu Stalins Tod 1953 exzessiv angewendet wurde? Dieser Artikel, bis 1959 in Kraft, war das zentrale rechtliche Instrument zur Verfolgung politischer Gegner und „Feinde des Volkes“ (bis zu 20 Millionen). Er zielte auf „konterrevolutionäre Verbrechen“ und „antisowjetische Aktivitäten“ ab. Insbesondere der Artikel 58-10, den Alexander Solschenizyn in seinen Büchern ausführlich beschreibt, der sogenannte „Zehner-Paragraf“, stellte „Witze über Stalin“ und natürlich jede Kritik unter Strafe: sieben Jahre Haft. In schweren Fällen nach oben offen. Ein absurder Vergleich?
Im August 1945 – Thüringen war gerade von den Amerikanern an die Russen übergeben worden – malte die 14-jährige Erika Grabe mit einem roten Lippenstift eine Schleife an Stalins Bart, dessen Konterfei aus einem Bilderrahmen in der örtlichen Schule schaute, aus dem bis dahin Adolf Hitler auf die Schule geblickt hatte. Eine süße Idee, die dem jungen Mädchen wenige Tage später eine Haftstrafe von acht Jahren unter Folterbedingungen einbrachte.
Erst im Alter von 70 wurde Erika Riemann 2002 mit ihrem sehr lesenswerten Buch „Die Schleife an Stalins Bart“ der Öffentlichkeit bekannt, als sie ihre traurige und kaum erträgliche Geschichte ihrer Gefangenschaft in Bautzen, im als Sowjetisches Speziallager Nr. 7 weitergeführten ehemaligen NS-KZ Sachsenhausen und in der Frauenstrafanstalt Hoheneck erstmalig erzählte. Im Anschluss veröffentlichte sie noch „Stalins Bart ist ab“. Sie erhielt das Bundesverdienstkreuz und hat an Schulen und öffentlichen Gedenkstätten über den dramatischen Unrechtsfall gesprochen und Vorträge gehalten.
Der Ausnahmefall der ungewöhnlichen Person Erika Grabe ist selbstredend nicht zu vergleichen mit den Fällen der verurteilten Politiker-Beleidiger in der Bundesrepublik. Aber die Schleife an Stalins Bart ist per se noch im Bereich des Vergleichbaren mit einem reposteten „Schwachkopf“-Meme oder einem Nancy-Faeser-Bild mit einem Schild über ungeliebte Meinungsfreiheit.
Der Diskurs in der Bundesrepublik, den es zur Zeit in allen westlichen Ländern ähnlich gibt, ist so überdreht, dass Recht und Unrecht miteinander verwechselt oder regelrecht vertauscht werden. Politik und Justiz behandeln selbst die harmloseste Politikerbeleidigung so, als handelte es sich um Kapitalverbrechen. Während reale Schwerstkriminalität oft genug auf Nachsicht setzen kann. Die berühmten Messer-Kriminellen haben es jedenfalls nicht selten besser.
Renate Künasts „Prophezeiung“ und wo sie sich erfüllt
Die im Februar aus dem Bundestag ausgeschiedene Grünen-Politikerin Renate Künast wusste unlängst im Bundestag in einer Aktuellen Stunde zur Politikerbeleidigung Folgendes zum Thema beizusteuern: Beleidigung sei der Anfang von etwas, das später in Körperverletzung oder Mord ende.
Künast, die vor vier Jahren im Bundestag forderte, dass die Antifa endlich zuverlässig und nachhaltiger alimentiert werden müsste, hatte offenbar keinen Überblick mehr. Gerade steht in München die Studentin Hanna S., ein Mitglied der linksradikalen „Hammerbande“ und „Antifa Ost“, wegen mehrfachen versuchten Mordes vor Gericht. Sie sitzt in München-Stadelheim in U-Haft. Und schon bekommt sie von der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg den 27. Bundespreis für Kunststudierende, 30.000 Euro plus 18.000 für eine Ausstellung. Immerhin eine staatliche Kunstschule, die Jury und noch einige Leute mehr auf dem Campus solidarisieren sich hier mit der Antifa-Frau.
Beleidigungen – Körperverletzung – Mord? Hier hatte sich Künasts „Prophezeiung“ erfüllt. Aus der Antifa-Hetze gegen irgendwelche von der „Hammerbande“ für rechts erklärte Menschen sind tatsächlich Mordversuche geworden.
Ganz klar: Der Straftatbestand der Politikerbeleidigung dient nicht der Verfassung, sondern schadet ihr essentiell.
Die „Politikerbeleidigung“ ist ein fehlgeleitetes Instrument des Staates, und es ist wünschenswert, dass ein Delinquent seinen Fall zum Bundesverfassungsgericht tragen würde. Damit der Straftatbestand endlich als verfassungswidrig, als null und nichtig aus dem Verkehr gezogen werden kann.
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Kommentare
Also das Bundesverfassungsgericht hat nicht geurteilt, sondern die gute Frau Röhl mit ihrer Linksphoboe ich verstehe
Ich mache mir ehrlich gesagt Sorgen um Demokratie und Rechtsstaat in Deutschland. Denn wenn unter dem Deckmantel der Demokratie Nicht-Demokratie vollzogen wird, nimmt die Demokratie Schaden und ihre Gegner aller Coleur haben es leicht.
@Manu §188 gehört sich abgeschafft, ohne Frage.
Aber was Beleidigungen und schlechte Kinderstube mit Demokratie zu tun haben, hat mir bislang noch keiner erklären können.
Das Problem ist ja nicht, dass Politiker so etwas wie einen gesetzlichen Schutz ihres guten Rufs bekommen. Es geht hier um die völlig selektive Auslegung solcher Gesetze: Vor einigen Jahren zB wurde der türkische Präsident Erdogan von einem "Satiriker" in übelster Form beleidigt. Erdogan hat dagegen völlig zu Recht eine Anzeige erstattet. Hierzulande gab es dann einen Riesenaufschrei wegen der Anzeige. Wir hätten doch die Zeit der Majestätsbeleidigung hinter uns, Gesetze müssten nun auch entsprechend geändert werden. Ein linker Journalist beleidigte einen rechten Politiker. Deshalb die Solidarisierungswelle. Anders herum hätte das keinen Menschen interessiert. Dass auch ein unliebsamer Politiker wie Erdogan eine Menschenwürde hat und man ihn nicht beliebig durch den Dreck ziehen darf, der Gedanke ist kaum jemandem gekommen.
Zur selektiven Auslegung solcher Gesetze tritt dann noch die sprichwörtliche Wehleidigkeit der linken Politiker. Bei Kritik und bei allem, was sie als Bedrohung ihres Weltbildes sehen, gehen sie leicht an die Decke. Abweichlern muss deshalb schnell der Mund gestopft werden. Sicher nicht ohne Grund: Viele linke Themen würden einen offenen und herrschaftsfreien Diskurs niemals überleben. Meinungsfreiheit hat sicher Grenzen, wenn es um Beleidigung, Gewaltaufrufe usw. geht. Eine Meinungsfreiheit, die keinem mehr weh tut, nichts mehr infrage stellt, wäre aber ein Widerspruch in sich.