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Slogan von Abtreibungsbefürwortern

„Frauen vertrauen“ ist Betrug an den Frauen

Ein Slogan geht mir seit der Bundestagsdebatte zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs am 5. Dezember 2024 nicht mehr aus dem Kopf: „Frauen vertrauen“. Zweimal wurde er genannt, von den beiden Grünen-Abgeordneten Kirsten Kappert-Gonther und Ulle Schauws. 

Klingt eigentlich gut. Frauen sind erwachsene Menschen, und erwachsene Menschen haben Vertrauen verdient. Was mich an diesem Ausspruch stört, ist der Zusammenhang mit der Situation des Schwangerschaftskonflikts.

Wissen diejenigen, die unter diesem Motto die weitere Legalisierung der Abtreibung fordern, in welch erdrückenden Situationen sich ungeplant schwangere Frauen oftmals befinden? Dass sie sich häufig selbst nicht mehr vertrauen? 

Ein Beispiel aus unserer täglichen Beratungsarbeit: 

„Ich weiß nicht, was ich will. Wollte ich schwanger sein – nein. Möchte ich jetzt ein Kind haben – nein. Aber wenn ich mir die Frage stelle, ob ich das Kind behalten möchte, wenn er es möchte und hinter mir steht und mir sagen würde, dass wir das schaffen – dann ja, dann würde ich es behalten. 

Doch er will es nicht, und das tut mir im Herzen weh. Ich will es natürlich auch nicht, aber ... keine Ahnung. Ich weiß nicht, wie ich mit der Situation umgehen soll. Eine Abtreibung wäre das Egoistischste, was ich in meinem ganzen Leben machen würde. Denn schaffen würden wir es bestimmt. Wir haben eine Dreizimmerwohnung, beide einen Job, Familie, und und und. Wir könnten es schaffen, das weiß ich, aber ich kann es nicht, wenn er es nicht kann bzw. nicht will.“

Die Frau, die sich mit diesen Zeilen an Profemina wendet, gibt an, dass sie einen Abtreibungstermin bereits vereinbart hat. Folglich hat sie die Pflichtberatung – auf deren Erhalt die linken Politiker in der Debatte großen Wert legten – schon absolviert und befindet sich gerade in der darauffolgenden dreitägigen Bedenkzeit, deren Abschaffung wiederum gewünscht wird. Diese Schwangere jedenfalls steckt immer noch mittendrin im Gedankenkarussell.

Nicht leichtfertige, sondern viel zu oft unfreie Entscheidungen

Man kann sachlich darüber diskutieren, welche gesetzlichen Regelungen und welche Beratungsangebote wirklich geeignet sind, um in einer solch angespannten Situation einen guten Entscheidungsprozess zu ermöglichen. Aber jeder von uns weiß, dass es vor weitreichenden Entscheidungen hilfreich ist, noch mal drüber zu schlafen. Und jeder von uns weiß, dass man auch mal zu schnell eine Entscheidung treffen kann, die man hinterher gerne rückgängig machen würde – vor allem dann, wenn jemand anderes ein bestimmtes Interesse hat. Eine Bedenkzeit ist keine Bevormundung für die Frau, sondern im Gegenteil auch ein Argument, das sie einem ungehaltenen Kindsvater entgegenhalten kann.

 

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Cornelia Möhring von der Linkspartei sagte in derselben Debatte: „Keine Schwangere trifft eine leichtfertige Entscheidung.“ Wer hat denn eigentlich behauptet, dass sich Frauen leichtfertig für eine Abtreibung entscheiden würden? Und warum wird gar nicht davon gesprochen, wie oft es sich um unfreie Entscheidungen handelt? 

Hier die Geschichte einer Frau, die diese als Kommentar unter einem Artikel mit dem Titel „Mögliche psychische/seelische Folgen einer Abtreibung“ veröffentlicht hat: 

„Er bat mich abzutreiben, aber wollte eine Zukunft mit mir, mich heiraten, nur eben ohne Kind. Zumindest sagte er das, als er mich um die Abtreibung bat. Ich hatte Angst, ihn zu verlieren, war naiv und blind. Ich bin schließlich diesen Schritt gegangen. [...] Die Beziehung wurde ab da problematisch. Erst konnte ich meine Wesensveränderung nicht einordnen, aber als die Beziehung zerbrach, weil er mich mit allem Kummer alleinließ (zu zweit allein), [...] realisierte ich langsam, dass meine Psyche durch all das brach. Ich hatte und habe [...] nach wie vor solche Schuldgefühle, so etwas für so einen Mann getan zu haben, nicht auf mich selbst gehört zu haben.“

„Frauen vertrauen“ darf nicht in unterlassener Hilfeleistung enden

Einer ungeplant schwangeren Frau, die sich in emotionaler Not befindet und oft sogar aktiv unter Druck gesetzt wird, zuzurufen: „Ich vertraue dir, dass du die richtige Entscheidung treffen kannst!“, bedeutet nichts anderes, als sie im Regen stehen zu lassen. Das hat mit Vertrauen nichts zu tun. Das ist unterlassende Hilfeleistung

Deswegen möchte ich den Redeführerinnen vielmehr zurufen: Wie wäre es, wenn Sie Ihre vorgefertigte Meinung, wonach eine ungewollt schwangere Frau nichts mehr brauche, als so schnell wie möglich abtreiben zu können, einmal kurz beiseite legen? Wenn Sie sich unvoreingenommen mit den zahllosen Zeugnissen vor und nach einer Abtreibung befassen, die es auch online zu lesen gibt? 

Mit den Zeugnissen von Frauen, die eben nicht an den bürokratischen Hürden vor einem Schwangerschaftsabbruch verzweifeln, sondern an den Umständen und an den Personen, die ihnen die Abtreibung überhaupt erst nahelegen? Wie wäre es, wenn Sie diesen Frauen einmal wirklich vertrauen?

 

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Kommentare

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Martina Knodt
Vor 6 Tage 14 Stunden

Danke Paula!

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Annalena Hohenstädt
Vor 1 Woche

Sehr guter Artikel, der es auf den Punkt bringt! Wann ist Mensch (und schwangere Frau) denn wirklich frei, eine Entscheidung zu treffen? Doch nur dann, wenn die emotionalen, sozialen und ggf. auch gesundheitlichen Umstände beide Richtungen von Entscheidung zulassen. 
Gute Entscheidungen brauchen Rückhalt, Freiheit und Zeit.

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Martina Knodt
Vor 6 Tage 14 Stunden

Danke Paula!

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Annalena Hohenstädt
Vor 1 Woche

Sehr guter Artikel, der es auf den Punkt bringt! Wann ist Mensch (und schwangere Frau) denn wirklich frei, eine Entscheidung zu treffen? Doch nur dann, wenn die emotionalen, sozialen und ggf. auch gesundheitlichen Umstände beide Richtungen von Entscheidung zulassen. 
Gute Entscheidungen brauchen Rückhalt, Freiheit und Zeit.