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Kolumne „Der Schweizer Blick“

Tränen und Todeswünsche

1991 erschien der Roman „Die Putzfraueninsel“ einer Schweizer Autorin namens Milena Moser. Was dann folgte, ist schon hundertfach geschehen: Literaturkritiker und Medien sprachen von einem Durchbruch, der auf große Taten in der Zukunft hoffen lässt, aber die Prognose erwies sich als falsch. Ihre nächsten Bücher konnten nicht an den Erfolg anknüpfen. 

Moser gründete danach eine „Schreibschule“ und begleitete fortan Laien bei deren schriftstellerischen Versuchen. Das ist eine verdienstvolle Aufgabe. Aber wirklich erfolgreiche Autoren beschäftigen sich selten mit ambitionierten Möchtegerns. Als Schriftstellerin ist Milena Moser jedenfalls die Schweizerin, die vor über 30 Jahren mal einen Hit gelandet hat und danach in Vergessenheit geriet. 

Wobei: nicht ganz. Weil die Schweiz klein und an „One hit wonders“ eher arm ist, kommt hin und wieder eine Zeitung auf die Idee, Moser zu reaktivieren. Das bietet sich derzeit vor allem an, weil die Frau inzwischen in Amerika wohnt. Das tat sie bereits zwischen 1998 und 2006 und nun wieder seit 2015. Was sie für Journalisten natürlich umgehend zur USA-Expertin macht und einen Vorwand dafür liefert, sie über das Beben nach den Präsidentschaftswahlen schreiben zu lassen.

Sympathie für den „Tyrannenmord“

Auch im Vorfeld der Wahl hatte sie bereits zur Feder gegriffen, und das Ergebnis ließ nichts Gutes erahnen. Milena Moser nutzte ihre zweifellos vorhandene schreiberische Begabung dazu, den historisch altbekannten Tyrannenmord in Zeiten von Donald Trump schönzureden. Sie signalisierte unverhohlen Verständnis für Leute, die sich gewünscht hätten, das Attentat auf Trump wäre erfolgreich verlaufen. Die Schriftstellerin hat nicht allzu heimliche Todeswünsche.

Doch dann die grenzenlose Enttäuschung: Trump lebt und wurde soeben triumphal zum neuen Präsidenten der USA gewählt. Was Moser die Möglichkeit verschafft, nun öffentlich zu heulen. Sie sei „in die Knie gegangen“, sie sei „zusammengebrochen“ nach dem Sieg von Trump, schreibt Moser im Blick. Das mit dem Drama hat sie also sichtlich immer noch drauf, auch wenn es sich nicht mehr in Bestsellern niederschlägt.

Vielleicht sind meine Ansprüche zu hoch, aber von Autoren erwarte ich originelle Gedanken, neue Ansätze, überraschende Perspektiven. Beten sie einfach nach, was sowieso alle sagen, sind sie überflüssig. Aber nun weiß ich wenigstens, warum „Die Putzfraueninsel“ Mosers erster und letzter Erfolg war: Sie hat keine eigenen Ideen mehr. Sie ist wie so viele linksbewegte Künstler zu einer reinen Reproduktionsmaschine der allgemeinen Empörung geworden.

„Blut“ auf der Landkarte

In ihrem Text schildert uns die Schriftstellerin ihre Gefühlslage, nachdem der aus ihrer Sicht falsche Kandidat Präsident wurde. Es ist ein einziger Egotrip. Moser interessiert sich keinen Deut dafür, warum eine Mehrheit ihrer neuen Landsleute Trump an der Macht wollte. Es ist ihr auch denkbar egal, was das für die politische Realität bedeutet. Ihr Befund klingt wie die Vorstellungsrunde eines neuen Mitglieds einer Selbsthilfegruppe. 

„Die Realität wurde mir unter den Füßen weggezogen wie ein mottenzerfressener Teppich“, heißt es da beispielsweise. Oder: „Mein Vertrauen in das Leben und in mich selbst war erschüttert.“ Wobei mein persönlicher Favorit dieser Satz in Bezug auf die grafische Darstellung des Wahlresultats ist: „Die roten Flecken auf der Landkarte breiteten sich aus wie Blut.“ 

 

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Wo hört eigentlich die wortgewaltige Fabulierlust auf und beginnt die verantwortungslose Zuspitzung der persönlichen Enttäuschung? Das bewusste „Blut“ auf der Landkarte ist das Ergebnis einer demokratischen Enttäuschung. Wer daraus einen blutigen „Splattermovie“ machen will, beweist nur, dass er oder sie Mühe bekundet mit dem Volkswillen, sobald er mal nicht wunschgemäß ausfällt.

Dann werden wir im Text weiter durch das Tal der Tränen geschubst. Milena Mosers Partner Victor heult offenbar wie ein Schlosshund. Dabei war die Pizza doch bereits aufgewärmt und die Flasche „Bubbly“ schon geöffnet. Aber danach gab es bei dem Pärchen nichts, auf das es hätte anstoßen können. Das erinnert an den Fall der amerikanischen Politanalystin, die derzeit viral geht. Sie hatte sich ebenfalls mit Champagner eingedeckt, weil es für sie keinen Zweifel am Sieg von Kamala Harris gab, und sie machte sich in einem Video lustig über den Verkäufer, der an ein knappes Rennen glaubte. Mit dem Ergebnis, dass sich nun umgekehrt das ganze Netz über sie lustig macht.

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Noch drastischer gebaren sich die Frauen, die sich nun dabei filmen, wie sie aus Protest gegen Trump die Haare vom Kopf rasieren.

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Andere kündigen an, keinen Geschlechtsverkehr mit Männern mehr zu vollziehen, keine Ehe zu schließen, keine Kinder zu kriegen.

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Vielleicht besser Ärzteromane?

Milena Moser scheint an derselben Krankheit zu leiden. Sie verwechselt ihre persönliche Vorliebe mit dem Wunsch der Bevölkerung. Sie kann sich keine Sekunde lang vorstellen, dass sich ein vernünftiger Mensch einen anderen Wahlausgang wünschen kann als sie. Deshalb geht sie ganz selbstverständlich davon aus, dass alles so wird, wie sie möchte.

Und wie endete dieser Abend für die Schweizer Schriftstellerin im Exil? Natürlich feucht. „Victor weinte, weil er bereits einmal miterlebt hat, wie ein Land, das er liebt, von innen zerstört wurde.“ Wann war das genau? Wann wurden die USA in jüngerer Zeit „zerstört“? Sind es nicht einfach die Hoffnungen einer elitären linken Autorin, die gerade zerstört wurden?

„Wir wissen nicht, wie es weitergeht. Im Moment können wir nur eins tun: füreinander da sein“, schreibt Milena Moser zum Schluss. Als hätte einer der beiden gerade eine terminale Krebsdiagnose erhalten.

Aus meiner Sicht liegt in diesen Zeilen ein Hoffnungsschimmer für die geplagte Frau. Sie kann an ihren alten Erfolg an den Kassen der Bücherläden anknüpfen, indem sie Ärzteromane schreibt. Dort wird auch dauernd geweint, dort herrscht auch dauernd der emotionale Ausnahmezustand, dort schütten auch dauernd Leute ihr Herz aus, weil sie einfach nicht stark genug sind, die Realität auszuhalten. Ich denke, das könnte wirklich etwas werden mit der neuen Karriere.

 

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