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Kolumne „Der Schweizer Blick“

Jagd auf Reiche

Ideologie ist oft kurzsichtig. Lösungsvorschläge, die ihr entspringen, können völlig neue Probleme schaffen. Ein Musterbeispiel dafür ist die „Initiative für die Zukunft“. Ins Leben gerufen von den Schweizer Jungsozialisten und quer durchs linke Lager unterstützt, hat dieses Volksbegehren das Zeug dazu, massiven Schaden für das ganze Land zu verursachen. Und das, selbst wenn sie nicht erfolgreich sein sollte.

Der lebensbejahende Titel der Initiative ist irreführend. Die zitierte „Zukunft“ sieht düster aus, wenn sich der Vorschlag durchsetzen sollte. Geht es nach den Initianten, soll eine schweizweite Erbschaftssteuer eingeführt werden. Vermögen über einem Freibetrag von 50 Millionen Franken würden mit 50 Prozent besteuert werden.

Vermutlich war die Unterschriftensammlung ein Kinderspiel. Wer über 50 Millionen besitzt, der kann doch nach seinem Ableben getrost die Hälfte an den Staat abtreten, damit dieser mit dem Geld den Klimawandel bekämpft – was soll daran falsch sein?

Vielen Firmen drohte dann das Ende

Zwei Dinge. Zum einen haben die bewussten vermögenden Personen selten Dutzende von Millionen Franken auf einem Bankkonto herumliegen oder in der Bettmatratze stecken. Das Geld ist in Unternehmen und deren Liegenschaften angelegt. Aus der Sicht von Studenten oder von Spendern getragenen Aktivisten mögen über 50 Millionen Franken nach sehr viel klingen. Aber in Form von Unternehmen ist dieser Wert sehr schnell erreicht. Handelt es sich um einen Familienbetrieb, würde die Erbschaftssteuer folgendes bedeuten: Um sie zu bezahlen, müssen die Erben die Firma notfallmäßig verkaufen oder teilweise zerschlagen. Chinesische Investoren dürften sich über dieses Geschenk freuen. Schweizer Perlen zum Discountpreis!

Zum anderen sind es die verpönten Reichen, die dafür sorgen, dass das Land noch funktioniert. 2020 ergaben Berechnungen eines Ökonomen, dass über die Hälfte der Einkommensteuern, die in die Kassen des Staates fließen, von den zehn Prozent Reichsten im Land kommen. Gerade mal ein Prozent der Steuerzahler war demnach zuständig für fast ein Viertel aller Steuereinnahmen.

Die gescholtene Kaste der Gutbetuchten stopft also die Löcher, die entstehen durch die große Zahl von Schweizern, die kaum oder wenig Steuern bezahlen. Auch sie nutzen die Infrastruktur, von der Straße über die Schulen bis zu Polizei und Feuerwehr. Finanziert wird all das aber von denen, die mehr oder eben auch sehr viel mehr auf der hohen Kante haben.

Eine Flucht von Unternehmern zeichnet sich ab

Einer der bekanntesten Unternehmer des Landes, der Bahnwagenhersteller Peter Spuhler, hat bereits angekündigt, er werde das Land verlassen, wenn es zu dieser neuen Erbschaftssteuer kommt. Denn er würde ansonsten mit dem letzten Atemzug auf Erden seine Nachkommen ruinieren, weil diese sein Lebenswerk verscherbeln müssten, um die Rechnung zu bezahlen. Weil die Initiative eine rückwirkende Wirkung vorsieht, müsste Spuhler sogar sicherheitshalber noch vor der Abstimmung umziehen. Es wäre voraussichtlich Österreich, das sich freuen dürfte.

Nun sind es, reichlich ironisch, ausgerechnet Linke, die bei Spuhler und anderen Unternehmern, die diesen Schritt angekündigt haben, eine mangelhafte Vaterlandsliebe konstatieren. Liebe ist immer ein Nehmen und ein Geben. Entzieht einem der Vater – oder in diesem Fall ein Land – die Liebe durch eine gar nicht stemmbare Belastung, wäre es ein geradezu biblischer Akt der Vergebung, treu zu bleiben.

Nicht Ideologie vor Vernunft setzen

Der Initiative werden nicht allzu viele Chancen ausgerechnet. Aber eine der wichtigsten Aufgaben eines Unternehmers ist das Risikomanagement. Man muss mit allen Eventualitäten rechnen und sich auch auf scheinbar kleine Gefahren vorbereiten. Sollte sich voraussichtlich 2025 eine Mehrheit für den Neid auf Reiche entscheiden und Ja zu dieser horrenden Erbschaftssteuer sagen, ist es bereits zu spät. Wer dann noch in der Schweiz wohnt, den trifft es mit sämtlichen Konsequenzen.

Man kann die ungleiche Verteilung von Vermögen beklagen. Nur tragen Unternehmer in der Summe derzeit noch das ganze Land. Traditionelle Schweizer Familienunternehmen sind nicht dasselbe wie ein globales Firmenkonglomerat, das sich mit allerlei Tricks vor den Steuern drückt. Wer diejenigen aus dem Land treibt, welche die eigene politische Kundschaft finanzieren – ob durch die Schaffung von Stellen oder durch Steuerzahlungen –, der setzt Ideologie vor Vernunft.

Und schließlich: Es ist selten eine gute Idee, den Staat mit mehr Geld auszustatten als unbedingt nötig. Vermögen sind bei Unternehmern sehr viel besser angelegt. Auch in Bezug auf die Interessen des Staates.

 

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