Direkt zum Inhalt
Kolumne „Ein bisschen besser“

Wieso Fritze am Ende ein paar Prozente fehlten

Wieso hat Charlotte ihm nur gesagt: „Fritze, zieh die schwarze Daunenjacke über, so warm ist es nun auch wieder nicht.“ So kam es, dass Friedrich Merz am Sonntagmorgen im Hochsauerlandkreis bei neun Grad und bedecktem Himmel so unspektakulär in schwarzer Daunenjacke wählen ging, dass ihm am Ende noch ein paar weniger Frauen ihre Stimme gegeben haben, was dazu geführt hat, dass er jetzt auf andere Koalitionspartner angewiesen ist, was dazu führt, dass es mit seiner Führungsrolle nicht ganz so weit her sein wird nicht nur am heimischen Herd im Hochsauerlandkreis, sondern eben auch in Berlin, Deutschland und der Welt.

Hätte er doch nicht auf seine Frau Charlotte gehört. Er hätte zum Beispiel eine schneidige Fliegerjacke wählen können. Oder einen eleganten blauen Mantel.

Als meine Frau Judith kurz vor einer der vergangenen Wahlen auf dem Marktplatz in unserem Stadtviertel Stangensellerie kaufte, stand da ein Kandidat der CDU im blauen Mantel. Judith, die an sich gar nicht so drauf ist, hat darauf CDU gewählt, und ich frage mich, ob du als Kandidat sexy sein musst?

Männer sollten ihr Ding machen und Frauen ihrs

Eigentlich ja nicht. Wenn ich mir die Ahnenreihe der Kanzler anschaue, die ich mitwählen durfte, dann war von Helmut über Angie bis Olaf nicht viel dabei, auf das das Attribut sexy gepasst hätte. Der Schröder mit seinen fünf Frauen war eine Ausnahme. Im Gegensatz zu Merz hat ihm nie jemand ein merkwürdiges Frauenbild vorgeworfen, was dafür spricht, dass Frauen das Frauenbild von Männern, die Brioni tragen, generell ganz okay finden. Ich habe mir jedenfalls schleunigst einen blauen Mantel in den Schrank gehängt. 

 

> Abonnieren Sie den Corrigenda-Newsletter und erhalten Sie einmal wöchentlich die relevantesten Recherchen und Meinungsbeiträge

 

Vielleicht wäre es ein bisschen besser, wenn Männer einfach ihr Ding machten und Frauen ihrs und nicht die eine Seite ständig der anderen Ratschläge gibt, denke ich, während ich bei bedecktem Himmel auf den See starre, der unter mir liegt. Ich zum Beispiel habe neulich in Unterhose Briefwahl gemacht, mir dann was übergeworfen, weil der Umschlag noch schnell in den Briefkasten sollte vor der Morgenleerung. Also der vom Briefkasten.

See und Himmel sind auch nach der Wahl noch da

Meine Partei ist trotzdem leer ausgegangen. Judith dagegen hat länger abgewogen und den Brief später eingeworfen. Mit dem Ergebnis ist auch sie nicht zufrieden. Außenstehende könnten uns jetzt sagen, dass wir beide eine Koalition der Verlierer seien. „Macht nichts“, entgegnet Judith, „ich habe ja dich gefunden.“ 

Sie schaut mich an, und ich weiß mit einem Mal, dass See und Himmel und Judith auch nach dieser Wahl noch da sein werden. Den blauen Mantel werde ich jetzt trotzdem häufiger tragen. Ihr zuliebe.

 

> Kennen Sie schon unseren Corrigenda-Telegram- undWhatsApp-Kanal?

10
4

1
Kommentare

Kommentare