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Spontanabort und Abtreibungen

Entscheidet Mutterliebe über Menschenwürde?

Wer schon einmal an einem Friedhofsfeld für Sternenkinder vorbeigegangen ist, vielleicht sogar verweilt hat, der wird dieses tiefempfundene beklemmende Gefühl nachempfinden können. Alles Menschliche in uns wehrt sich dagegen anzuerkennen, dass derart unschuldige, liebenswerte und wertvolle Geschöpfe ihr Potenzial nicht entfalten durften, dass sie ihr Leben nicht oder nur eine unfassbar kurze Zeitspanne erleben durften.

Das empfundene Mitleid geht tief. Wir alle wünschen uns sicherlich, diese Erfahrung nicht machen zu müssen. Und doch sind jedes Jahr allein in Deutschland mehrere tausend Eltern von diesem Schicksal betroffen.

Nach der 12. Schwangerschaftswoche sind Schwangerschaftsverluste zum Glück sehr selten. Doch bis zur 12. Schwangerschaftswoche enden zirka zwölf Prozent aller Schwangerschaften im Schwangerschaftsverlust (Zahlen für Deutschland). Viele tausend Eltern erfahren damit einen Schicksalsschlag, der ihr Leben nachträglich stark und schmerzhaft beeinflusst.

Schmerzliche Erfahrung auf dem Weg zur Mutterschaft

Auch mir blieb diese schmerzliche Erfahrung auf dem Weg zur Mutterschaft leider nicht erspart. Sechs Schwangerschaften durchlitt ich auf dem Weg zu zwei Kindern. Zu gut erinnere ich mich, wie ich nach der Diagnose „Eileiterschwangerschaft mit drohender Ruptur“ im Krankenwagen saß und den Notarzt fragte, ob mich dieser Notfall jetzt unfruchtbar zurückließe. Er konnte mir darauf keine Antwort geben.

 

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Der Kinderwunsch ist für so viele Menschen mit Schmerz, Leiden und der immerwährenden Hoffnung verbunden, das Wunder des Lebens als Eltern erleben zu dürfen. Auch ich trug diesen Wunsch schmerzliche drei Jahre in mir, bis er mir endlich erfüllt wurde. Auch während meiner intakten Schwangerschaften war an Unbeschwertheit nicht zu denken. Zu stark die tägliche Angst, dass dem wundersamen Leben in meinem Bauch etwas zustoßen könnte – neun quälende Monate lang.

Große Trauer beim Verlust eines Kindes

Blicken wir von dort nun auf die aktuelle Debatte um die Legalisierung von Abtreibungen und die Abschaffung von Paragraf 218 StGB. Wenn der Strafrechtsparagraf 218, der Schutz für das Ungeborene bietet, gestrichen würde, könnte dies aus juristischer Sicht als implizite Aberkennung der Menschenwürde des Fötus interpretiert werden.

Vor diesem Hintergrund geht die Debatte um die Legalisierung von Abtreibungen sehr weit über die Entscheidung der Schwangeren und den quasimedizinischen Prozess der Abtreibung hinaus und hinein ins Seelenleben der um den Verlust trauernden Eltern.

Viele werdende Mütter erleben mit dem Verlust einer Schwangerschaft nicht nur die Veränderung ihres körperlichen Zustandes. Für viele Eltern ist der Verlust einer Schwangerschaft mit dem Verlust eines geliebten Menschen zu vergleichen.

Auch der Trauerprozess gestaltet sich ähnlich. Initiativen wie die Sternkinderfotografie oder Taufen für Sternenkinder lassen darauf schließen, dass der Wunsch vieler Eltern groß ist, ihrem Kind einen Raum in unserer Gesellschaft zu schenken – und sei es nur der nach dem Tod.

Ist Menschenwürde abhängig von der Liebe der Eltern?

In der Trauer und der Liebe der Eltern spiegelt sich ein zentrales Element unseres Humanismus: die Menschenwürde. Verfügten die Ungeborenen über keine Menschenwürde, würde man diesen Eltern absprechen, um einen vollwertigen Menschen zu trauern. Man würde ihnen unterstellen, sie würden nur um eine Idee ihrer eigenen Zukunft trauern, die ausschließlich sie selbst beträfe.

Gräberfeld für Sternenkinder auf dem Kölner Melaten-Friedhof: Beklemmendes Gefühl

Doch warum bewegt und berührt eben dieses Trauma Eltern dann oft ihr ganzes Leben lang, selbst dann, wenn sie später in ihrer Elternrolle handeln dürfen? Und wie ist es mit den ungeborenen Kindern, denen nicht genug mütterliche Liebe zuteilwird? Denen ihre Mütter nicht das Leben schenken wollen? Sind diese Kinder dann weniger wert?

Was ist mit all den Kindern, deren Leben im Mutterleib vorsätzlich beendet wird? Ist ihre Würde allein davon abhängig, ob ihre Mütter oder ihre Eltern sie lieben? Und was ist mit den Kindern, die vom Vater gewollt und von der Mutter nicht gewollt werden? Was ist mit ihrer Menschenwürde und ihrem Lebensrecht?

Es sind zwei Seiten derselben Medaille

Spricht man dieses bei den Befürwortern der Abtreibungslegalisierung an, so kommt oft das Argument, eine Fehlgeburt und ein Schwangerschaftsabbruch wären ja zwei Paar Schuhe. Doch in beiden Fällen verstirbt der Fötus im Mutterleib. Der einzige Unterschied ist, wenn man es genau nimmt, die Rolle der Mutter dabei und ihre Reaktion darauf.

Und auch wenn die Mütter und Eltern dieser Föten unterschiedliche Schicksale haben und erleben, so kann man den Tod eines unschuldigen Wesens nicht auf der einen Seite gutheißen und auf der anderen Seite betrauern. Denn das würde bedeuten, man würde in jedem Fall nur um die Eltern trauern und nicht um die Kinder.


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Kommentare

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Manu
Vor 2 Wochen 4 Tage

Sehr geehrte Frau Bohn, 
mir kommen die Tränen, wenn ich Ihre Worte lese. 😢 Vielen Dank für die Publikation.
Damit dürfte klar sein, wie unmenschlich und brutal die Pro-Choice-Seite ist.

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Braunmüller
Vor 2 Wochen 4 Tage

„... so kommt oft das Argument, eine Fehlgeburt und ein Schwangerschaftsabbruch wären ja zwei Paar Schuhe.“

Oft ist leider auch das genaue Gegenteil der Fall: Abtreibung wird zulässig erklärt, weil es Fehlgeburten und Abgänge gebe. Die militanten Abtreibungsbefürworter sind um keine 'Argumente' verlegen, wie es halt gerade passt.

1
Andreas Graf
Vor 2 Wochen 4 Tage

Die Abschaffung von Paragraf 218 StGB erschafft eine neue Realität, die vom christlichen Denken nicht mehr gedeckt ist. Christen dürfen sich jetzt nicht beirren lassen. Natürlich hat jeder Mensch eine Menschenwürde von der Empfängnis an. Das ist so und das bleibt so. Der Engel des Herrn fiel nach dem Fiat Mariens sofort auf die Knie. Das ist unser Maßstab. Jeder Mensch ist beseelt und im Herzen des Vaters eingeschlossen. Sternenkinder hat er ganz besonders lieb.

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Andreas Graf
Vor 2 Wochen 4 Tage

Die Abschaffung von Paragraf 218 StGB erschafft eine neue Realität, die vom christlichen Denken nicht mehr gedeckt ist. Christen dürfen sich jetzt nicht beirren lassen. Natürlich hat jeder Mensch eine Menschenwürde von der Empfängnis an. Das ist so und das bleibt so. Der Engel des Herrn fiel nach dem Fiat Mariens sofort auf die Knie. Das ist unser Maßstab. Jeder Mensch ist beseelt und im Herzen des Vaters eingeschlossen. Sternenkinder hat er ganz besonders lieb.

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Braunmüller
Vor 2 Wochen 4 Tage

„... so kommt oft das Argument, eine Fehlgeburt und ein Schwangerschaftsabbruch wären ja zwei Paar Schuhe.“

Oft ist leider auch das genaue Gegenteil der Fall: Abtreibung wird zulässig erklärt, weil es Fehlgeburten und Abgänge gebe. Die militanten Abtreibungsbefürworter sind um keine 'Argumente' verlegen, wie es halt gerade passt.

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Manu
Vor 2 Wochen 4 Tage

Sehr geehrte Frau Bohn, 
mir kommen die Tränen, wenn ich Ihre Worte lese. 😢 Vielen Dank für die Publikation.
Damit dürfte klar sein, wie unmenschlich und brutal die Pro-Choice-Seite ist.