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Neues Positionspapier der Bundestagsfraktion

So unlogisch argumentieren die Abtreibungsbefürworter der SPD

Die Arbeitsgruppe Recht der SPD-Bundestagsfraktion stellt am heutigen Dienstagnachmittag ein Positionspapier intern zur Debatte, das Abtreibungen legalisieren soll. In dem Dokument mit dem Titel „Selbstbestimmungsrecht von Frauen stärken – Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisieren“ kommen der ganze Widerspruch und die gesamte Unlogik zum Ausdruck, die Abtreibungsbefürworter an den Tag legen, wenn sie – angeblich oder tatsächlich – auch den Schutz ungeborenen Lebens im Fokus haben.

„Die aktuelle Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen muss überarbeitet werden. Wir sprechen uns für eine alternative Regulierung von Schwangerschaftsabbrüchen außerhalb des Strafgesetzbuchs mit einem besseren Schutzkonzept für das ungeborene Leben aus.“ Die Beratungspflicht für Schwangere im Konflikt solle aufgehoben werden und Schwangerschaftsabbrüche Teil des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenkassen werden, das heißt von der Versichertengemeinschaft bezahlt werden.

Abtreibungen ausweiten, aber ungeborenes Leben schützen? Passt das zusammen? Der Reihe nach. Zunächst die Fakten.

Abtreibungen nach kriminologischer Indikation sind im Promillebereich

Ein Blick in die Jahresübersicht des Statistischen Bundesamtes zeigt: Abtreibungen nach einer kriminologischen Indikation kommen verschwindend selten vor. Von den 106.218 Abtreibungen im Jahr 2023 waren 35 damit begründet. In Prozent ausgedrückt waren das: 0,03 Prozent. Auch die Fälle nach medizinischer Indikation waren im Vergleich zur Gesamtzahl gering: 3.996 beziehungsweise 3,76 Prozent.

Diese Zahlen gilt es im Hinterkopf zu behalten, wenn es in dem Beschlusspapier heißt: „Die Pflicht zum Austragen einer Schwangerschaft greift tief in das körperliche und reproduktive Selbstbestimmungsrecht und das Recht auf körperliche Unversehrtheit der Frau ein.“

Zwar gibt es viele Frauen, die ungewollt schwanger werden, aber es gibt nur eine verschwindend geringe Zahl, die ungewollten Geschlechtsverkehr hat. Sex zwischen einem Mann und einer Frau kann zu einer Schwangerschaft führen. Und der liebe Gott, die Natur, das Universum oder an was die Genossen auch immer glauben, hat es nun einmal so eingerichtet, dass jeder Mensch im Körper einer Frau heranwächst. Das kann man schlimm und ungerecht finden, es ist aber so.

Ebenso ist es wissenschaftlicher Fakt, dass das menschliche Leben mit der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle beginnt. Hierdurch entsteht ein Mensch mit eigenständigem genetischem Code, versehen mit einem Entwicklungsprogramm hin zu einem ausgewachsenen Menschen und ausgestattet mit einer eigenen Seele.

Gute Beratung hilft

Gleich im ersten Satz des Papiers werden aber unterschiedliche Topoi miteinander vermischt. Das Recht einer Frau darauf, über ihr Sexualleben selbst zu bestimmen, wird in einem Atemzug genannt mit dem Recht auf reproduktive Selbstbestimmung – ein Codewort für das Recht auf Abtreibung. Dass das Sexualleben selbstbestimmt ist und Vergewaltigungen verboten sind, das ist aber jetzt schon klar geregelt und muss nicht neu austariert werden.

Die SPD wirbt in dem Papier aber auch „für ein neues Schutzkonzept für das ungeborene Leben“. Bemerkenswert richtig ist, dass die Rechtsexperten der SPD von „Leben“ sprechen. Richtig ist auch der Satz „Eine gute Unterstützung von ungewollt schwangeren Frauen und Familien kann Schwangerschaftsabbrüche verhindern“. Doch was folgt daraus für die Sozialdemokraten? Bezahlbares Wohnen, Abschaffung des Ehegattensplittings, bessere Kinderbetreuung und mehr Forschungsmittel für Verhütungsmittel „für alle Geschlechter“ – mit solchen Maßnahmen sollen ungeborene Kinder gerettet werden.

Wenn es so einfach wäre, wieso soll dann das Lebensrecht ebenjener Kinder zugunsten eines vermeintlichen Selbstbestimmungsrechts der Frau erlöschen? Zumal bei Frauen im Schwangerschaftskonflikt häufig nicht das Kind das primäre Hindernis, der Konfliktgrund ist, sondern andere Ursachen wie etwa Partnerschaftsprobleme, Überlastung oder materielle Sorgen. Raub würde auch nicht legalisiert werden, nur weil der Räuber gerade gefeuert wurde und finanzielle Sorgen hat. Man hilft lieber dem Betroffenen, damit er erst gar nicht auf die Idee kommt, etwas moralisch und gesetzlich Verwerfliches zu tun. Und gute Beratung hilft.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus, Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und Bundesjustizminister Marco Buschmann (v. l.) haben die Abtreibungskommission ins Leben gerufen

Beraterinnen berichten oft davon, dass Schwangere im Konflikt wegen der Zwölfwochenfrist unter enormem Druck stünden, abzutreiben – Druck durch den Partner, Familienangehörige, mitunter Arbeitgeber. Ist diese Frist vorüber, seien die Schwangeren oft gelöst und befreit. Wenn die SPD den Empfehlungen der von ihr und den Koalitionspartnern eingesetzten „Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin“ folgt und die Frist auf 22 Wochen erhöht, würde diese Phase noch verlängert werden.

 

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Restriktive Gesetze wirken

Ein weiterer Widerspruch tut sich auf, wenn die SPD argumentiert, die Regelung im Strafgesetzbuch habe nicht zu einem Rückgang der Abtreibungszahlen geführt. De facto ist es aktuell so, dass jede Schwangere, die abtreiben möchte, dies nach Einhaltung der gesetzlichen Regelungen auch kann. Plädieren die Sozialdemokraten hier etwa indirekt für rigide Gesetze, wie sie etwa in einigen Bundesstaaten in den USA gelten?

Dass harte Gesetze ungeborenes Leben schützen können, lässt sich dort gut ablesen. Zwar ist die Abtreibungszahl seit dem Ende von „Roe v. Wade“ in den linksregierten Bundesstaaten wie Illinois und Kalifornien wie auch US-weit deutlich gestiegen, was mit sogenanntem Abtreibungstourismus zusammenhängt. Jedoch nicht so stark, wie sie in den benachbarten Staaten mit scharfen Abtreibungsregelungen gesunken ist. Insgesamt wird in den betroffenen Regionen weniger abgetrieben.

Die machtpolitische Versiertheit der Linken

Dass die SPD-Fraktion noch vor der Sommerpause die Legalisierung von Abtreibung beschließen will, legt auch noch einen weiteren Punkt offen: wie machtpolitisch versiert Linke vorgehen, wenn es um ihre ideologischen Projekte geht. Es war nämlich die von der SPD-geführten Bundesregierung eingesetzte Abtreibungskommission, die sich klar dafür ausgesprochen hat, Abtreibungen mindestens bis zur zwölften Schwangerschaftswoche zu legalisieren – möglich wäre sogar bis zur 22. Woche. Keine drei Monate später stößt die SPD-Fraktion vor und will Fakten schaffen.

Die Kommission war ausschließlich mit Leuten besetzt, die von SPD, Grünen und FDP ausgewählt worden waren. Es ging der Bundesregierung also nicht um ergebnisoffene Beratungen von Experten, die freilich auch Kirchenvertreter und Lebensschützer hätten einschließen müssen. Nein, das Ergebnis wurde herbeigeführt – und mit diesem kann die SPD-Bundestagsfraktion nun unter Berufung auf Experten Tatsachen schaffen.

Auch wenn die SPD das Papier beschließen sollte, ist eine gesetzliche Umsetzung allerdings fraglich. Zum einen gibt es Widerstand in Teilen der FDP. Zum anderen dürfte der mutmaßliche Kanzlerkandidat Olaf Scholz (SPD) kaum Interesse haben, im Bundestagswahlkampf ein gesellschaftlich so explosives Thema in den Vordergrund zu rücken. Allerdings hängt der Einfluss Scholz’ auch mit den Umfragewerten seiner Partei zusammen, und die sind gerade nicht sehr hoch.

Am Ende könnten also ganz andere Faktoren entscheidend sein als ethisch-moralische, ob Abtreibung in Deutschland legalisiert wird oder nicht. So oder so gilt es, Menschen und insbesondere jene in Entscheidungspositionen darüber aufzuklären. Trotz aller argumentativer Widersprüche geht es, wie die AG Recht der SPD-Bundestagsfraktion selbst sagt, um menschliches Leben.

 

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Andreas Graf
Vor 1 Monat 3 Wochen

Seit der Corona-Pandemie hat ein ganz neuer Stil in der Politik Einzug gehalten. Es dürfen Dinge bar jeder Wissenschaftlichkeit unwidersprochen behauptet werden. Es regiert die reine Ideologie/Idiotie. Möglicherweise wird es zu einer Umsetzung all der barbarischen Vorhaben gar nicht mehr kommen, denn wir stehen kurz vor dem Dritten Weltkrieg. Das ist den Damen und Herren gar nicht bewusst. Ein Wimpernschlag und den Damen und Herren der SPD bläst es selbst das Licht aus, das sie den Ungeborenen aberkennen. Wer Hass sät, wird Krieg ernten. Aus der Fristenlösung für die Ungeborenen wird eine Gnadenfrist für die Ampel-Koalition. Im Evangelium lesen wir: "Wer aber einen dieser Geringen, die an mich glauben, zu Fall bringt, für den wäre es gut, wenn ihm ein Mühlstein um den Hals gehängt und er in der Tiefe des Meeres versenkt würde." (Lk 17, 1) 

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Isis Alina Klinken
Vor 1 Monat 4 Wochen

Wenn es der SPD um den Schutz ungeborener Kinder geht, warum will sie dann ihren Müttern deren Tötung durch den gesamten Zeitraum der Schwangerschaft erlauben? Faktisch ist es doch so, dass man es durch alle möglichen "Indikationen" unbegrenzt könnte.

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Florian
Vor 1 Monat 3 Wochen

Die EKD ("Evangelische Kirche Deutschland", immerhin noch 18,5 Mio. Mitglieder) wurde von der Kommission schon immerhin um eine Stellungnahme gebeten. Das muss man fairerweise dazusagen. So weit ich weiß, war diese aber ziemlich 'auf Linie'.

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Andreas Graf
Vor 1 Monat 3 Wochen

Seit der Corona-Pandemie hat ein ganz neuer Stil in der Politik Einzug gehalten. Es dürfen Dinge bar jeder Wissenschaftlichkeit unwidersprochen behauptet werden. Es regiert die reine Ideologie/Idiotie. Möglicherweise wird es zu einer Umsetzung all der barbarischen Vorhaben gar nicht mehr kommen, denn wir stehen kurz vor dem Dritten Weltkrieg. Das ist den Damen und Herren gar nicht bewusst. Ein Wimpernschlag und den Damen und Herren der SPD bläst es selbst das Licht aus, das sie den Ungeborenen aberkennen. Wer Hass sät, wird Krieg ernten. Aus der Fristenlösung für die Ungeborenen wird eine Gnadenfrist für die Ampel-Koalition. Im Evangelium lesen wir: "Wer aber einen dieser Geringen, die an mich glauben, zu Fall bringt, für den wäre es gut, wenn ihm ein Mühlstein um den Hals gehängt und er in der Tiefe des Meeres versenkt würde." (Lk 17, 1) 

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Isis Alina Klinken
Vor 1 Monat 4 Wochen

Wenn es der SPD um den Schutz ungeborener Kinder geht, warum will sie dann ihren Müttern deren Tötung durch den gesamten Zeitraum der Schwangerschaft erlauben? Faktisch ist es doch so, dass man es durch alle möglichen "Indikationen" unbegrenzt könnte.

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Ein Lebensschützer
Vor 1 Monat 3 Wochen

Meiner Erfahrung nach (und ich habe schon VIELE Diskussionen in den Sozialen Netzwerken geführt + mich mit dem Thema Abtreibung (besser: Vorgeburtliche Kindstötung) auseinander gesetzt; viele (auch gebildete Leute) sind nicht in der Lage oder Willens, den vorgeburtlichen Menschen als MENSCHEN zu erkennen. Daher wird seine Menschlichkeit geleugnet.

Oder vielleicht wird hier von den Politikern auch nochmal von "Schutz des Lebens" gesprochen, um anderer Leute Gewissen zu beruhigen. (Nach dem Motto: "Was wollt ihr Lebensschützer eigentlich? Es wird sich doch um alles gekümmert!") Dass das logisch nicht zusammenpasst, darauf muss man halt selber kommen. Aber mit Logik erreicht man in dieser Debatte nicht alles.