Das Volksfest hat über den Bioladen gesiegt
Die Landtagswahlen in Bayern und Hessen haben gezeigt: Das Bierzelt hat über den Alnatura-Supermarkt triumphiert, der Stammtisch führt die Oberhand über das Matcha-Hafermilch-Café und das Volksfest siegt über den woken Elfenbeinturm.
Stammtisch, Volksfest, Karneval, Kirtag – diese Vergnügungen des „gemeinen Mannes“ – sind für viele städtische Grünen-Wähler und Political-Correctness-Anhänger das Konglomerat aus allem, was ihrem Weltbild zuwiderläuft: Dort wird nicht dem Puritanismus gefrönt, sondern dem Hedonismus, Schnitzelsemmel statt vegane Currywurst verzehrt und „Layla“ statt politisch korrekte Formen von Udo-Jürgens-Schlagern gesungen.
Es sind Orte, die sich der linken Kontrolle entziehen, letzte Horte eines winzigen Rests an Brauchtum und Tradition.
Es sind auch die Orte, wo Politiker rechts der Mitte sich noch trauen, verbal auf den Putz zu hauen: „Jetzt ist der Punkt erreicht, wo endlich die schweigende, große Mehrheit dieses Landes sich die Demokratie wieder zurückholen muss. Und denen in Berlin sagen: Ihr habt’s wohl den Arsch offen da oben“, verkündete etwa Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger vergangenen Juni bei der Demonstration im Oberbayerischen Erding, wo er sich unter Seinesgleichen wähnte. „Nicht Kreuzberg ist Deutschland, Gillamoos ist Deutschland“, sagte CDU-Vorsitzender Friedrich Merz am politischen Frühschoppen in Gillamoos, dem „größen Stammtisch der Welt“ – so der Christdemokrat – Anfang September.
Winnetou trifft auf Aiwanger
Bei dem Gillamoos-Jahrmarkt im niederbayerischen Abensberg durfte Aiwanger natürlich nicht fehlen. Schon in den Morgenstunden, als bei den Zelten der anderen Parteien noch gähnende Leere herrschte, stand vor dem Weißbierstadl eine gut hundert Meter lange Schlange – der Flugblatt-Affäre zum Trotz –, berichtete die Tagesschau. „Aiwanger wurde bejubelt wie jemand, der aus einer Schlacht heimkehrt“, kommentierte ein ZDF-Moderator das Geschehen im Zelt.
In seiner Rede nahm der Freie-Wähler-Vorsitzende Bezug auf die hitzige Debatte um das Buch „Der junge Häuptling Winnetou“, welches der Ravensburger Verlag vor gut einem Jahr vom Markt nahm, da es angeblich rassistische Stereotype bediene. Karl May zu lesen oder Cowboy und Indianer zu spielen, seien Traditionen und identitätsstiftende Elemente für junge Leute, meinte Aiwanger. „Damit haben wir Freie Wähler dokumentiert, dass wir für Meinungsvielfalt stehen“, stellte er fest.
Auf dem Gillamoos vergangenen Jahres nahm sogar ein als Winnetou verkleideter Mann in Begleitung der Winnetou-Titelmusik und unter tosendem Applaus neben Aiwanger auf der Bühne Platz. Der Vorsitzende leitete diese Showeinlage ein mit den Worten: „Manitou, rette uns!“.
Ein Auftritt dieser Art hat natürlich einen skurrilen, kindlichen, für den ein oder anderen befremdlichen Beigeschmack. Aber er gibt Einblick in das Denken und Fühlen von Staatsbürgern jenseits der linksakademisierten Großstädte. Aiwanger adressiert einen Teil des Gefühls dieser Menschen: Nämlich, dass ihnen von „denen da oben“ alles schlecht geredet wird, was sie seit ihrer Kindheit lieben, genießen und was tatsächlich Teil ihrer Identität ist.
Oktoberfest unter „Diskriminierungscheck“
Ein weiteres Fest, das von linken Medien kritisch beäugelt wird, ist das Münchner Oktoberfest. „Cosmo“, ein Programm des Radiosenders WDR, welche sich an ein jüngeres Publikum richtet, veröffentlichte auf ihrer Instagramseite einen „Diskriminierungscheck“ des Oktoberfests. Unter dem Titel „Problematisches Brauchtum“ nehmen sie Dirndl, Schlagertexte und Teufelsrad ins Visier. Die Schleife am Dirndl, „die anzeigt ob die Trägerin Single, vergeben oder Jungfrau ist“, sei sexistisch.
Plakate oder Fahrgeschäfte, die knapp bekleidete Frauen darstellen oder exotisierte schwarze Menschen (Stichwort „Kolonialnostalgie“), sollen übermalt werden, was bereits teilweise von den Betreibern umgesetzt wurde aufgrund medialer Kritik.
Der preußisch-protestantischen Hochburg Berlin ist das Treiben katholischen Ursprungs nicht ganz geheuer. Katholisch deshalb, weil Kirtag und Frühschoppen ihren Ursprung in der Religion haben. „Kirtag“ oder „Kirmes“ leitet sich von „Kirchtag“ ab. Man feierte an dem Tag den Namenstag des Schutzheiligen der Kirche beziehungsweise den Tag, an dem die Kirche geweiht wurde. Das religiöse Brauchtum ist größtenteils verloren gegangen, Verkaufsstände, Ringelspiel, Musik und Wein haben sich gehalten.
Feste mit katholischen Wurzeln
Der Gillamoos-Jahrmarkts geht zurück auf eine Ägidius-Wallfahrt, die 1313 erstmals urkundlich erwähnt wird. Der Gedenktag des Heiligen Ägidius wird am ersten September begangen, weshalb der Jahrmarkt mit politischem Frühschoppen jedes Jahr zu dieser Zeit stattfindet.
Das Oktoberfest hat einen indirekten religiösen Ursprung. Es geht auf die Hochzeit des Kronprinz Ludwig von Bayern mit Prinzessin Therese am 12. Oktober 1810 zurück. Ihnen zu Ehre wurde in München ein Pferderennen veranstaltet mit Tribüne für 40.000 Zuschauer. Dieses entwickelte sich im Laufe der Jahre zur jährlich stattfindenden „Wiesn“.
Doch zurück zur Politik: Die Landtagswahlen in Bayern und Hessen sind, symbolisch gesprochen, ein Triumph des kulturellen Volksfestes über den genderneutralen, multikulturellen Christopher-Street-Day. SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken erklärt den Aufstieg der „Rechtspopulisten“ beziehungsweise rechtfertigt das katastrophale Wahlergebnis für die Sozialdemokraten und allgemein die Ampel-Parteien damit, dass die Menschen „veränderungsmüde“ seien und auf die „einfachen Antworten der Rechtspopulisten“ hereinfallen. Diese Argumentation ist nicht neu, wird sie doch seit Jahren gebetsmühlenartig heruntergespielt, wenn die Frage erklingt, warum Menschen rechte Parteien wählen.
Von „guten“ und „bösen“ Sogen und Nöten
Die „Veränderungsmüden“ trifft man beim Stammtisch und auf den Volksfesten. Es sind jene, die sich weigern, einzusehen, dass sich die Migrationskrise schon irgendwie von selber lösen wird, die weiterhin mit Verbrennermotor fahren und Hot Dog essen.
In ähnlichem Duktus wie Esken sagte Elfie Handrick von der SPD Wustermark 2019 gegenüber dem ZDF: „Ich finde es auch nicht richtig, dass man immer die Sorgen und Nöte der Bevölkerung ernst nehmen muss. Was haben die denn für Sorgen und Nöte? Ich versteh das nicht“.
Das heißt übersetzt: Die Bevölkerung soll bitte schön die richtigen Sorgen und Nöte haben. Sie soll in Panik angesichts des Klimawandels verfallen, schockiert sein über rechte Gewalttaten, Reichsbürger, Sexisten, Rassisten und autofahrende Klimawandelleugner.
Doch der Pöbel hat für Politiker wie Esken oder Handrick die falschen Sorgen: 72 Prozent der Hessen und 83 Prozent der Bayern wünschen sich eine andere Migrations- und Flüchtlingspolitik, „damit weniger Menschen zu uns kommen“, wie es in der Infratest-dimap-Studie heißt. INSA-Chef Hermann Binkert sagt gegenüber BILD, dass Migration für die Mehrheit der Wähler in beiden Bundesländern das entscheidende Thema war. In Hessen waren weitere für die Wahlentscheidung relevante Themen Wirtschaft und innere Sicherheit. Die Kompetenzen liegen für beide Bereiche laut Umfragen bei der CDU.
Die beiden Wahlen sollten für Politiker der Ampel-Parteien ein Weckruf sein, auf die wahren Sorgen, Nöte und Wünsche der Bürger einzugehen, statt ihnen künstlich „gute“ Sorgen aufzustülpen und deren „bösen“ zu ignorieren.
Deutschland ist, mit den Worten Friedrich Merz gesprochen, tatsächlich mehr Gillamoos als Kreuzberg, wie der Ausgang der Landtagswahlen zeigt. Mehr Volksfest als Bioladen, mehr Stammtisch als protestantischer Kirchentag.
sehr gute Zusammenfassung. Weiter so, Vielleicht werden ja Politiker..................
Ein hervorragender Kommentar, den ich vollinhaltlich zustimmen kann!
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