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Kolumne „Mild bis rauchig“

Gepäckbedingungen

Wir stecken wieder mittendrin im Sommerloch. Ruhigere Straßen und weniger Gerenne in den großen Geschäften. Im Gegenzug mehr Betrieb auf den Flughäfen.

Fernreisen bieten sich für viele via Flugzeug an, weil das Reisen durch die Luft nicht nur schneller geht, sondern meist auch billiger ist. Allerdings haben die Billiganbieter unter den Fluggesellschaften auch so ihre Tücken. Man kann unter Umständen böse Überraschungen erleben: überbuchte Flüge, vor allem Terminverschiebungen und jede Menge versteckte Zusatzkosten, die den günstigen Flug nach Rom oder Madrid ab 29 Euro gern auch am Ende inklusiv aller Gebühren und Kerosinzuschläge zu einem normal teuren Flug machen können.

Ein häufiger Faktor versteckter Zusatzkosten sind die Gepäckgebühren, die im Grundpreis nicht eingerechnet sind. Da wird sorgfältig gemessen und gewogen und jeder Zentimeter und jedes Gramm zu viel gnadenlos in Rechnung gestellt. Es gilt also, sich vor Antritt der Reise gut über die Gewichte und Ausmaße des Gepäcks zu informieren, damit die Reise nicht doch am Ende durch Nachzahlungen teuer wird.

Er gebot ihnen, außer einem Wanderstab nichts auf den Weg mitzunehmen

Was für Reisen durch die Luft gilt, gilt auch für die Reise der Kirche Jesu Christi durch die Zeit, besonders für diejenigen, die Jesus ausgesandt hat, seine Botschaft zu verkünden. Auch dazu gibt es Reisegepäckbedingungen, die Jesus für seine Apostel ausgibt, als er sie aussandte, zu verkünden, Dämonen auszutreiben und den Menschen die Umkehr zu predigen: „Er gebot ihnen, außer einem Wanderstab nichts auf den Weg mitzunehmen, kein Brot, keine Vorratstasche, kein Geld im Gürtel, kein zweites Hemd und an den Füßen nur Sandalen.“ (Lk 6, 8f)

Klein soll das Gepäck der Verkünder sein, nicht belastend, nicht ablenkend, funktional. Nicht einmal Proviant ist erlaubt und keine Reisekasse. All das könnte zu sehr beschwerend sein. Wenn sie einen guten Job machen, werden sie schon versorgt werden – so die Strategie. Ihre unvergleichliche Botschaft soll ihr Kapital sein!

Schon im Anfang ihrer Sendung wird die Kirche also auf die Gefahren der Lähmung hingewiesen, denen die Verkündigung stets ausgesetzt ist. Die Kirche soll alles meiden, was hinderlich ist und dem Wort und der Wahrheit Christi im Wege steht. Und das sind nicht zunächst die Gefahren von außen. Es sind vor allem die scheinbaren Notwendigkeiten, die selbstgemachten äußeren Rahmenbedingungen, die zur Falle werden können. Die Kirche – das legt Jesus ihr in die Wiege – soll sich nicht so viele Sorgen um sich selbst machen. Sie soll sich in Ungebundenheit und mit brennendem Glauben in die Welt begeben. Denn: die Welt braucht Apostel, die ihr Christus bringen und nicht sich selbst.

Der Eindruck, dass sich die Kirche mit dem Verschwinden des Glaubens abgefunden hat

Eine Einsicht, die in den meisten aktuellen Reformprozessen unserer Tage verlorengegangen ist. Denn oftmals wird nicht die Frage gestellt, wohin die Reise geht, sondern wie man das ganze Gepäck an Institutionen, Vermögen, Gebäuden und Personal halten und verwalten kann. In den letzten Monaten haben in meinem Bistum diesbezüglich viele Konferenzen und Zusammenkünfte auf verschiedenen Ebenen stattgefunden, an denen ich teilnehmen durfte, und nie habe ich dabei etwas von dem Grund der Reise der Kirche in die Zukunft gehört, sondern immer nur etwas von Machtstrukturen, Vermögensverwaltung und Personalmanagement.

 

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Ich hatte stets den Eindruck, dass man sich damit abgefunden hat, dass der Glaube aus den Herzen verschwindet – also der Sinn der Reise abhandengekommen ist – und man nun dafür Sorge tragen muss, dass man sein Gepäck verwaltet, das einen belastet.

Daher spricht die Weisung Jesu an seine Apostel, was die Ausrüstung auf der Missionsreise betrifft, sehr aktuell in unsere Gegenwart. Wenn Christus den Aposteln auf ihren Wegen leichtes Gepäck empfiehlt, geschieht dies nicht aus Bescheidenheit oder gekünstelter Anspruchslosigkeit. Die Jünger sollen dadurch nicht Armut signalisieren, sondern das, was die Grundvoraussetzung für Mission ist: Freiheit von falschen Bindungen, die den Sinn der Reise vergessen lassen und behäbig machen, Flexibilität und unbelastete Verfügbarkeit.

Wer den Himmel predigt, darf nicht die bleiernen Gewichte der Erde mit sich tragen

Die Leichtigkeit des Gepäcks soll der Leichtigkeit des Herzens entsprechen, das sich von den klebrigen Bindungen an das Vergängliche losgesagt hat und ganz für Christus schlägt. Man soll auf den Weg achten und auf die Menschen, die einem begegnen, nicht auf das, was man mit sich herumschleppt und das getragen, geschützt, bewahrt werden will. Keine Sorgen um den Ballast, lieber Sorgen um das Fortkommen.

Es ist eine Art Probemission, auf die Jesus die Jünger schickt, zwei zu zwei. Sie sollen schon während seines Erdenlebens, sozusagen unter seiner Anleitung, ausprobieren, wie das geht, das Reich Gottes zu verkünden. Diese Erfahrungen werden sie noch brauchen. Und nicht nur sie, sondern die Kirche aller Zeiten – auch die an Steuermitteln reiche deutsche Kirche mit ihren zahllosen Verpflichtungen, die sich daraus ergeben.

Dabei sollen die Jünger Christi lernen, dass Außen und Innen zusammengehören müssen. Wer den Himmel predigt, darf nicht die bleiernen Gewichte der Erde mit sich herumtragen. Und das heißt: keine falschen Bindungen, keine Gewohnheiten, kein Schielen nach gesellschaftlicher Anerkennung, die dazu verleitet, den Glauben zu verbiegen.

Wenn die Kirche die Gepäckbestimmungen Jesu verletzt

Ein aktuelles Beispiel für diese Verstrickung war die Teilnahme des Stadtdekanats Köln an der Veranstaltungsreihe „Cologne Pride“ aus Anlass des in Köln stattfindenden „Christopher Street Days“ am vergangenen Wochenende. Man wollte anerkannt sein und spielte deswegen auf der permissiven Klaviatur mit, die die Mehrheitsgesellschaft augenblicklich jedem hinhält. In diesem Fall hat man sich dazu entschieden, jenseits der Forderungen des Evangeliums für die uneingeschränkte gesellschaftliche Anerkennung aller möglichen sexuellen Spielarten und deren freies Ausleben zu demonstrieren.

Nach den von Christus präsentierten apostolischen Gepäckbestimmungen ist das allerdings nicht nur ein verkehrtes und schweres Gepäck, es ist auch mit Gefahrengütern für die Seele gefüllt, die die Reise zum Erliegen bringen werden, weil weder Ziel noch Weg mehr vor Augen liegen, sondern nur die Koffer und Taschen, gefüllt mit Zeitgeschmack und Weltlichkeit – in diesem Fall noch mit gottwidrigen Verhaltensweisen.

Christus möchte aber, dass alle, die sich in seinem Namen auf den Weg machen, nicht von überflüssigem und falschem Ballast gelähmt werden oder den Weg sogar ganz verlieren. Das Einzige, was im Gepäck sein muss und was sogar in großer Menge darin sein muss, ist die Motivation, Christus zu verkünden, die brennende Liebe zur Wahrheit und die Sehnsucht sie zu bezeugen, auch wenn sie nicht alle hören wollen.

Welches Gepäck hast du auf deiner eigenen Reise zum Himmel dabei?

Die Nagelprobe für einen Christen ist also – damals wie heute – die Frage nach dem, was im Gepäck stört. Diese Frage ist nicht alt geworden. Man muss sie zu jeder Zeit stellen, gerade auch heute, wo auf allen Ebenen über den Fortbestand der Kirche und das Fortkommen der Christen in der Gesellschaft diskutiert wird und dabei als Erleichterung auf dem Weg oftmals die Entsorgung der geoffenbarten Glaubenswahrheiten, der Traditionen und der Moral verstanden wird.

Das dürfte aber keine gute Idee sein, denn Christus hat den Aposteln ja auch nicht bei seiner Aussendung die Botschaft gekürzt, im Gegenteil. Sein Anspruch war gewaltig. Sie sollten den Menschen zeigen, wo ihre Schätze waren: nicht im Rucksack, sondern im Herzen.

Die entscheidende Frage an die Kirche der Gegenwart ist deswegen die Frage nach dem Umfang und dem Inhalt des Gepäcks auf der je eigenen apostolischen Reise der Christen in dieser Zeit. Denn am himmlischen Gate sind die Gepäckbedingungen des lieben Gottes unerbittlich. Es liegt an jedem Einzelnen, sie zu befolgen.

 

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Peter Schafranek
Vor 1 Monat 1 Woche

Ich stimme zu : die Anbiederung an den Zeitgeist ist Ablenkung von Ziel und Weg der Reise eines Christen sowie
Gefahr für seine Seele.

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Andreas Graf
Vor 1 Monat 2 Wochen

Je beschwerter das Gepäck ist, desto leichter wird das Flugzeug sein. Für die meisten Reisenden endet die Reise an der Gepäckkontrolle. Wer „Cologne Pride“ im Gepäck hat, der bleibt am Boden. Ende der Reise.

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Peter Schafranek
Vor 1 Monat 1 Woche

Ich stimme zu : die Anbiederung an den Zeitgeist ist Ablenkung von Ziel und Weg der Reise eines Christen sowie
Gefahr für seine Seele.

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Andreas Graf
Vor 1 Monat 2 Wochen

Je beschwerter das Gepäck ist, desto leichter wird das Flugzeug sein. Für die meisten Reisenden endet die Reise an der Gepäckkontrolle. Wer „Cologne Pride“ im Gepäck hat, der bleibt am Boden. Ende der Reise.