„Europa ist noch lange nicht verloren“

Das Jahr 2025 wird womöglich als ein Jahr epochaler historischer Umbrüche in die Geschichte eingehen. Von nicht wenigen als „historisch“ wird jetzt bereits die Rede eingeordnet, die der amerikanische Vizepräsident J.D. Vance am 14. Februar auf der Münchner Sicherheitskonferenz gehalten hat. In dieser Rede hatte Vance den Europäern eine entscheidende „Denkaufgabe“ gestellt, als er sagte:
„Wie wollen Sie überhaupt anfangen, über die Art der Haushaltsfragen nachzudenken, wenn wir nicht wissen, was wir überhaupt verteidigen? Ich habe in meinen Gesprächen bereits viel gehört, und ich habe viele, viele großartige Gespräche mit vielen Menschen geführt, die hier in diesem Raum versammelt sind. Ich habe viel darüber gehört, wovor Sie sich verteidigen müssen, und das ist natürlich wichtig. Aber was mir und sicherlich vielen Bürgern Europas etwas weniger klar zu sein scheint, ist, wofür genau Sie sich verteidigen. Welche positive Vision steckt hinter diesem gemeinsamen Sicherheitspakt, den wir alle für so wichtig halten?“
Während die Reaktion vieler Staats- und Regierungschefs auf diese berechtigte Frage nicht über Leugnen und Lästern hinausgegangen ist, hat die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni am 23. Februar in einer Rede auf der 1974 ins Leben gerufenen amerikanischen Conservative Political Action Conference (CPAC) die von der US-Regierung angemahnte Leerstelle mit Inhalt gefüllt. Meloni hat auf dieser wohl wichtigsten jährlichen Veranstaltung für konservative Politiker, Aktivisten und Anhänger in den USA berufene Vorredner: Auf der ersten CPAC im Januar 1974 in Washington sprach der spätere christlich-konservative US-Präsident Ronald Reagan, der für die Sowjetunion das mobilisierende Schlagwort vom „Reich des Bösen“ prägte und den Abwehrkampf der freien Welt gegen den Kommunismus anführte.
Corrigenda hat die Rede Giorgia Melonis übersetzt und dokumentiert sie nachfolgend im Wortlaut.
Zahllose Italiener, die zum Wohlstand Amerikas beigetragen haben
Vielen Dank für diese Gelegenheit, Sie zu begrüßen, Ihre Gäste und vor allem die wunderbaren Menschen der CPAC. Sie wissen, wie sehr mir Ihr Treffen am Herzen liegt, und ich wollte es mir nicht nehmen lassen, auch dieses Mal dabei zu sein, wenn auch aus der Ferne.
Und heute spreche ich zu Ihnen mit dem Stolz, als Premierministerin eine außergewöhnliche Nation wie Italien zu vertreten – eine Nation, die eine tiefe und unauflösliche Verbindung zu den Vereinigten Staaten hat. Diese Verbindung ist durch die Geschichte und gemeinsame Werte geprägt und wird durch die unzähligen Amerikaner italienischer Abstammung verkörpert, die über Generationen hinweg zum Wohlstand Amerikas beigetragen haben. Ihnen gilt mein Dank, denn sie sind herausragende Botschafter italienischer Leidenschaft, Kreativität und Genialität.
Dieser außergewöhnlichen Nation Italien widme ich meine ganze Energie. Unsere Regierung arbeitet unermüdlich daran, Italien seinen wohlverdienten Platz auf der internationalen Bühne zurückzugeben. Wir reformieren, modernisieren und beanspruchen unsere Rolle als global leader. Unser Ziel ist es, ein Italien zu schaffen, das die Welt wieder in Staunen versetzt. Und ich sage Ihnen: Wir beweisen es bereits. Die Propagandamaschinerie des Mainstreams hatte vorausgesagt, dass eine konservative Regierung Italien isolieren, es von der Weltkarte verschwinden lassen, Investoren abschrecken und die Grundfreiheiten unterdrücken würde. Doch sie lagen falsch. Ihr Narrativ war falsch.
Ein Kampf des gesamten Westens
Die Realität ist, dass Italien vorankommt. Die Beschäftigungsrate ist auf einem historischen Höchststand, unsere Wirtschaft wächst, unsere Finanzpolitik ist wieder auf Kurs, und der Zustrom illegaler Einwanderer ist im vergangenen Jahr um 60 Prozent zurückgegangen. Und was noch wichtiger ist: Wir erweitern die Freiheit in allen Lebensbereichen der Italiener. Warum? Weil wir Konservative tun, was wir sagen. Wir tun das Richtige. Wir kämpfen für das, woran wir glauben. Und vor allem: Wir vertrauen den Menschen – wir fürchten sie nicht, im Gegensatz zu den globalistischen Eliten, die glauben, die Regierung müsse die Menschen erziehen und sie zwingen, politische Maßnahmen zu akzeptieren, die sie nie gefordert haben. Wir glauben an die Demokratie. Wir dienen dem Volk, und wir regieren nicht über die Köpfe der Leute hinweg.
Die CPAC hat diesen Kampf verstanden, und dafür möchte ich Ihnen nochmals danken. Sie haben nie aufgegeben, auch nicht in den schwierigsten Momenten. Sie haben für den Sieg gekämpft. Sie haben ein globales Netzwerk aufgebaut, das Millionen von Menschen eine Stimme gegeben hat, die zum Schweigen gebracht werden sollte – damit konservative Kräfte auf der ganzen Welt wissen, dass sie nicht allein sind. Und wir sind nicht allein, oder? CPAC hat das erkannt. CPAC hat eher als viele andere verstanden, dass der politische und kulturelle Kampf für konservative Werte nicht nur ein amerikanischer Kampf ist. Es ist ein Kampf des gesamten Westens.
Die radikale Linke will unsere Geschichte auslöschen
Denn, meine Freunde, ich glaube weiterhin an den Westen – nicht nur als geografischen Raum, sondern als Zivilisation. Eine Zivilisation, die aus der Verschmelzung von griechischer Philosophie, römischem Recht und christlichen Werten entstanden ist. Eine Zivilisation, die über Jahrhunderte hinweg durch das Genie, die Energie und die Opfer vieler aufgebaut und verteidigt wurde. Wenn wir vom Westen sprechen, meinen wir eine Weltanschauung, in der das Individuum im Mittelpunkt steht, in der das Leben heilig ist, in der alle Menschen gleich und frei geboren werden, in der das Gesetz für alle gleichermaßen gilt, in der die Souveränität dem Volk gehört und in der die Freiheit an erster Stelle steht. Das ist unser Erbe, und dafür werden wir uns niemals entschuldigen.
Meine Frage an Sie lautet: Kann diese Zivilisation weiterhin die Prinzipien und Werte verteidigen, die sie auszeichnen? Kann sie stolz auf sich sein und sich ihrer Rolle bewusst bleiben? Ich glaube, ja. Deshalb müssen wir all jenen, die den Westen von außen angreifen, und jenen, die ihn von innen mit dem Virus der Cancel-Culture und der Woke-Ideologie sabotieren, laut und deutlich sagen: Wir werden uns niemals dafür schämen, wer wir sind. Stärken wir unsere Identität. Lassen Sie uns unsere Identität verteidigen und stärken, denn ohne eine tief verwurzelte Identität können wir nicht wieder groß werden.
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Die radikale Linke will unsere Geschichte auslöschen, unsere Identität untergraben und uns nach Nationalität, Geschlecht und Ideologie spalten. Aber wir lassen uns nicht spalten. Denn wir sind nur stark, wenn wir vereint sind. Und wenn der Westen nicht ohne Amerika existieren kann – oder besser ohne die „Amerikas“, denn wir denken an die vielen Patrioten, die in Mittel- und Südamerika für die Freiheit gekämpft haben –, dann kann er auch nicht ohne Europa existieren. Unsere Gegner hoffen, dass Präsident Trump sich von uns abwendet. Aber da ich ihn als starken und entschlossenen Leader kenne, wette ich, dass diejenigen, die auf Zwietracht setzen, enttäuscht werden.
Europas historische Mission
Ich weiß, dass Europa für manche von Ihnen weit weg oder gar verloren scheint. Aber ich sage Ihnen: Dem ist nicht so. Ja, es wurden Fehler gemacht, falsche Prioritäten gesetzt – vor allem von den politischen Eliten und den Mainstream-Medien, die die kühnsten Theorien der amerikanischen „Liberals“-Linken auf den Alten Kontinent importiert und dort reproduziert haben. Es sind dieselben Eliten, die sich kürzlich über die Rede von J. D. Vance in München empörten, in der der Vizepräsident unmissverständlich erklärte, dass wir, bevor wir über Sicherheit sprechen, wissen müssen, was wir eigentlich verteidigen.
Damit meinte er nicht die Zölle oder Handelsbilanzen – Bereiche, in denen jeder seine eigenen Interessen vertreten kann, ohne die Freundschaft zu gefährden. Niemand muss betonen, wie eng unsere Wirtschaft miteinander verflochten ist und dass ein Handelskonflikt nur anderen Großmächten in die Hände spielen würde. Aber der Vizepräsident sprach von etwas viel Grundsätzlicherem: Identität, Demokratie, Meinungsfreiheit. Kurz gesagt, es geht um die Rolle Europas und seine historische Mission. Viele haben so getan, als ob sie sich empören und sich auf den „europäischen Stolz“ berufen, um sich gegen „einen Amerikaner zu wehren, der es wagt, uns Lektionen zu erteilen“. Als stolze Europäerin möchte ich dazu zwei Dinge sagen:
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Erstens: Wenn diejenigen, die sich heute empören, den gleichen Stolz gezeigt hätten, als Europa seine strategische Autonomie verlor, indem es seine Wirtschaft an autokratische Regime band, oder als unsere Grenzen und unsere Lebensweise durch massive illegale Einwanderung bedroht wurden, dann würden wir heute in einem stärkeren Europa leben.
Zweitens sind diese Ideen für viele von uns nicht neu. Mutige europäische Führer haben sie seit langem immer wieder vertreten, auch auf der Bühne der CPAC. Sie haben Europa dazu aufgerufen, seine wahre, tiefste Seele wiederzuentdecken – eine Seele, die auf dem Altar des Wokeismus, der Bürokratie und des rein wirtschaftlichen Denkens geopfert wurde. Diese Ideen sind heute gesunder Menschenverstand – und sie werden von der Mehrheit der europäischen Bürger geteilt, wie die Wahlergebnisse deutlich gezeigt haben.
„Glück beruht auf Freiheit, und Freiheit beruht auf Mut“

Europa ist noch lange nicht verloren – und wird es nie sein, solange die Konservativen weiterkämpfen. Es gibt ein wachsendes Bewusstsein. Ein wachsendes Bewusstsein in Europa, dass Sicherheit jetzt oberste Priorität hat. Denn man kann seine Freiheit nicht verteidigen, wenn man weder die Mittel noch den Mut dazu hat. In der Geschichte haben Europäer und Amerikaner bewiesen, dass sie die Befolger der Worte des Perikles sind: „Glück beruht auf Freiheit, und Freiheit beruht auf Mut.“
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Wir haben es bewiesen, als wir Invasionen stoppten, als wir unsere Unabhängigkeit erlangten und Diktatoren stürzten. Und wir haben es gemeinsam in den letzten drei Jahren in der Ukraine bewiesen, wo ein stolzes Volk gegen brutale Unterdrückung für seine Freiheit kämpft. Und wir müssen diesen Weg weitergehen – gemeinsam für eine gerechte und nachhaltige Welt. Eine Welt, die nur mit dem Beitrag aller, aber vor allem mit einer starken Führung aufgebaut werden kann.
Und ich weiß, dass wir mit Donald Trump an der Spitze der Vereinigten Staaten nie wieder das Desaster erleben werden, das wir vor vier Jahren in Afghanistan gesehen haben. Deshalb geht es um Grenzsicherheit, Energiesicherheit, wirtschaftliche Sicherheit, Lebensmittelsicherheit, Verteidigung und nationale Sicherheit – aus einem einfachen Grund: Wer nicht sicher ist, ist nicht frei.
Und wenn die Freiheit in Gefahr ist, gibt es nur eine Lösung: sie in die weisesten Hände zu legen. Genau deshalb wachsen die Konservativen und gewinnen immer mehr Einfluss in der europäischen Politik. Und deshalb ist die Linke nervös. Mit Trumps Sieg ist ihre Nervosität in Hysterie umgeschlagen – nicht nur, weil die Konservativen gewinnen, sondern weil sie jetzt global zusammenarbeiten.
Der Kampf ist hart – aber die Wahl ist einfach
Als Bill Clinton und Tony Blair in den 1990er-Jahren das „Liberals“-Netzwerk der globalen Linken aufbauten, wurden sie als „Staatsmänner“ gefeiert. Aber wenn heute Trump, Meloni, Milei oder vielleicht Modi sprechen, werden sie als „Bedrohung für die Demokratie“ bezeichnet. Das ist der doppelte Standard der Linken – aber daran haben wir uns inzwischen gewöhnt. Wir haben uns daran gewöhnt, und die gute Nachricht ist: Die Menschen glauben ihre Lügen nicht mehr. Trotz des ganzen Schmutzes, mit dem sie uns bewerfen, wählen uns die Menschen immer noch. Denn die Menschen sind nicht so naiv, wie die Linke sich das vorstellt.
Sie wählen uns, weil wir die Freiheit verteidigen. Weil wir unser Land lieben, sichere Grenzen wollen, Unternehmen und Bürger vor der grünen Ideologie der Linken schützen, Familie und Leben verteidigen, den Wokeismus bekämpfen, unser heiliges Recht auf Glaubens- und Meinungsfreiheit und den gesunden Menschenverstand verteidigen.
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Letztlich ist unser Kampf hart – aber die Wahl ist einfach: Ergeben wir uns dem Niedergang oder kämpfen wir, um ihn umzukehren? Lassen wir unsere Zivilisation scheitern oder stehen wir auf und verteidigen sie? Wollen wir unseren Kindern eine schwächere oder eine stärkere Welt hinterlassen? Wollen wir, dass sich künftige Generationen ihrer Wurzeln schämen?
Oder werden wir das Bewusstsein und den Stolz auf das, was wir sind, zurückgewinnen und an sie weitergeben?
Ich habe meine Wahl vor langer Zeit getroffen – und ich kämpfe jeden Tag darum, ihr gerecht zu werden. Und ich weiß, dass ich in diesem Kampf nicht allein bin. Ich weiß Sie alle an meiner Seite. Wir stehen zusammen – und glauben Sie mir, das macht den Unterschied!
Danke Ihnen allen, danke von ganzem Herzen.
Gott segne Sie, und Gott segne die freien Nationen der Welt.
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Kommentare
Eine sehr beachtliche Rede von Giorgia Meloni, die genau in die richtige Richtung weist. Das "Nein" zum Wokismus kommt hier aus einem vollem "Ja" zur abendländischen Tradition: Europa verstanden als "Zivilisation, die aus der Verschmelzung von griechischer Philosophie, römischem Recht und christlichen Werten entstanden ist." Diese klare Rückbesinnung auf die authentischen europäischen Wertquellen wird sicher eine gute Basis bilden für eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen der jetzigen amerikanischen Regierung und der europäischen Rechten. Denn man muss sich bewusst sein, dass der Angriff des Linksliberalismus letztlich nicht nur den einzelnen Nationen gilt, sondern dem ganzen abendländischen Wertesystem. Deshalb ist eine nationenübergreifende Solidarität notwendig, eine abendländische "Internationale", wenn man so will, die dann eine neue, positive Einheit schafft. Melonis Rede gibt jedenfalls Zuversicht, dass wir hier auf einem guten Weg sind.
Möge nicht der Brenner, sondern der Ober- und Niedergermanische Limes schon bald wieder die Grenze des Römischen Reichs bilden!