Wann und wie sollen Christen Widerstand leisten?
„Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht, Gehorsam aber Verbrechen!“ Dieser berühmte Ausspruch wird oft Bertolt Brecht zugeschrieben, es ist aber tatsächlich eine gekürzte Version eines Zitates von Papst Leo XIII. (Pontifikat 1878-1903), der die christliche Soziallehre wie kein anderer prägte.
In seiner Enzyklika „Sapientiae christianae“ von 1890 lehrte der sogenannte „politische Papst“ über die wichtigsten Pflichten christlicher Staatsbürger. Dort heißt es:
„Wenn aber die Gesetze des Staates mit dem göttlichen Recht in offenbarem Widerspruch stehen, wenn sie der Kirche Unrecht zufügen oder den religiösen Verpflichtungen widerstreiten oder die Autorität Jesu Christi in der Person des Papstes verletzen, dann ist Widerstand Pflicht und Gehorsam Frevel“ („Sapientiae christianae“ 10).
Die Heilige Schrift lehrt uns, dass Anpassung an die Fehler der Welt aus Angst oder Bequemlichkeit für Christen keine Option darstellt. „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“ (Apg. 5,29), mahnt der Apostel Petrus. Paulus wiederum schreibt: „Gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern wandelt euch und erneuert euer Denken, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist: was ihm gefällt, was gut und vollkommen ist“ (Röm 12,2).
Sexuelle Revolution und vorgeburtliche Kindstötung gehören zusammen
In den meisten Ländern Europas haben wir heute die Situation, dass einige Gesetze des Staates „mit dem göttlichen Recht in offenbarem Widerspruch stehen“, beispielsweise bei der Abtreibung, der sogenannten „Ehe für alle“ oder der Transgender-Ideologie („Selbstbestimmungsgesetz“).
Es ist kein Zufall, dass nach der sexuellen Revolution die vorgeburtliche Kindstötung legalisiert beziehungsweise straffrei wurde. Seit den späten 1960er-Jahren hat sich die hedonistische Ideologie in der westlichen Welt verbreitet. Generationen von Männern und Frauen sind seither mit der Überzeugung aufgewachsen, die Befriedigung sexueller Bedürfnisse sei das höchste Lebensziel. Verhütungsmittel werden dabei als „verantwortungsbewusstes Mittel“ propagiert, um dieses Ziel zu erreichen. In der Praxis jedoch erweist sich deren Anwendung und Zuverlässigkeit als weit weniger sicher, als häufig behauptet wird. Dies führt zwangsläufig zu Schwangerschaftskonflikten, und daraus folgen nicht selten Abtreibungen. Das Leid, das diese zerstörerische Ideologie sowohl bei Frauen als auch bei Männern verursacht, ist unermesslich.
Wenn sich die Gesellschaft und damit in weiterer Folge der Staat von Gott und der Wahrheit abwendet, ist der Verfall der Sitten unausweichlich programmiert. In seinem Lehrschreiben, dem er den Untertitel „Über Christen als Bürger“ gab, formulierte es Papst Leo XIII. wie folgt:
„Wenn darum ein Staatswesen nur auf irdisches Wohlsein und Beschaffung eines behaglichen und ungestörten Lebensgenusses abzielte, dagegen bei der Ordnung der öffentlichen Angelegenheiten Gott außer Acht lassen und um die Sittengesetze sich nicht kümmern wollte, so würde es in der schlimmsten Weise seinen Zweck und seine natürliche Bestimmung verfehlen; eine solche Gesellschaft wäre kein menschenwürdiges Gemeinwesen mehr, sondern Täuschung und trügerischer Schein.“
(Sapientiae christianae 2)
Ist es also Zeit für Christen, Widerstand zu leisten? Und wie sollte dieser konkret aussehen?
Die Prinzipien des christlichen Widerstands
Je nach Berufsstand, zeitlichen Möglichkeiten und Talenten gibt es unterschiedliche Aufgaben, die Christen im Widerstand gegen die anti-christlichen Elemente des Zeitgeistes übernehmen können. Nicht alle werden dabei in der ersten Reihe stehen, doch einfach die Hände in den Schoß zu legen, ist für einen gläubigen Christen keine Option. Papst Leo nimmt vor allem die Familienväter in die Pflicht:
„Bei diesem Anlass wollen wir besonders die Familienväter ermahnen, dass sie sich bestreben, nach diesen Grundsätzen ihre Familiengemeinschaft zu gestalten und ihre Kinder gut zu erziehen. Die Familie ist die Keimzelle des Staatswesens, und das Schicksal der Staaten wird zum guten Teil am häuslichen Herd bestimmt.“
(Sapientiae christianae 42)
Die eigenen Kinder zu lieben und im Glauben zu erziehen ist das beste und nachhaltigste, um den Fehlern des Zeitgeistes die Stirn zu bieten und unsere Kinder vor schädlichen Ideologien zu schützen. Dafür ist es wichtig, sich selbst mit den christlichen Wahrheiten und der Glaubensverteidigung auseinanderzusetzen, um dieses Wissen unseren Nachkommen weitergeben zu können.
Die richtige Ordnung der Prioritäten
Damit der Staat wieder ein christlicher wird, die unveräußerliche Würde aller Menschen anerkennt und die Gebote Gottes achtet, müssen wir zunächst in unserem privaten Leben unseren christlichen Glauben in die Tat umsetzen und uns ernsthaft bemühen, in den Tugenden zu wachsen. Allen voran in den drei göttlichen Tugenden: Glaube, Liebe und Hoffnung sowie den vier Kardinaltugenden: Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Mäßigung.
Papst Leo formulierte es folgendermaßen:
„So mahnen uns also gerade die Zeitverhältnisse, die Heilmittel dort zu suchen, wo sie zu finden sind: in der Wiederherstellung christlicher Gesinnung und Handlungsweise im Privatleben wie in allen Zweigen des öffentlichen Lebens. Das allein kann uns aus den Übeln heraushelfen, die uns bedrängen, und gegen die Gefahren schützen, die uns bedrohen.“ (Sapientiae christianae 3)
Die christliche Autorin Gabriele Kuby hat in einem Vortrag eine praktische Liste an Dingen präsentiert, die man braucht, um gegen Propaganda resistent zu sein:
- Feste familiäre Bindungen und gute Freunde
- Absolute Prinzipien, an denen man sein Leben ausrichtet und für die man bereit ist, Opfer zu bringen. Diese Prinzipien und die Kraft, an ihnen festzuhalten, vermittelt die Religion.
- Sinnvolle Arbeit
- Charakterstärke, sich dem Mainstream zu widersetzen – selbst wenn das heißt, kritisiert und abgelehnt zu werden
- Seelische Fähigkeiten zur Überwindung von Angst
Diese Voraussetzungen sind auch essenziell, um im Widerstand gegen die schädlichen Elemente des Zeitgeistes zu bestehen. Zu ergänzen wären noch das regelmäßige Gebet und die richtige Ordnung der Prioritäten im Leben: Zuerst Gott, dann die Familie, dann die Arbeitspflichten, und dann erst alles andere.
Was sollen wir also tun?
Um sich nicht von schädlichen gesellschaftlichen Strömungen mitreißen zu lassen oder an der Welt zu verzweifeln – was man heute oft als „Black-Pilling“ bezeichnet –, ist es von entscheidender Bedeutung, sich die christlichen Prinzipien erneut ins Bewusstsein zu rufen. Nach christlichem Verständnis ist diese Welt in gewisser Weise ein Jammertal, geprägt vom Sündenfall und fern von paradiesischen Zuständen. Es ist unsere Aufgabe, hier, inmitten der Herausforderungen, mit der Gnade Gottes das Gute zu tun und so Verdienste für den Himmel zu erwerben. Das wahre Genießen und die vollkommene Freude wird uns erst im Himmelreich verheißen.
Wer standhalten möchte, sollte sich mit Gleichgesinnten vernetzen. Gelegenheit dazu bieten beispielsweise christlich-konservative Konferenzen oder Treffen mit gleichgesinnten Freunden aus der Kirchengemeinde. Das Internet ermöglicht es, sich über größere Distanzen zu verbinden und passende Gruppen und Initiativen zu finden.
Wir sind zwar nicht die dominante Kraft in der Gesellschaft, aber wir sind als traditionell-konservative Christen auch nicht so allein, wie es sich manchmal anfühlt. Wir sollten eine Gegenkultur aufbauen und uns gegenseitig unterstützen. Aus dem US-amerikanischen Raum gibt es hierzu verschiedene Initiativen, die man als Inspiration nutzen kann, beispielsweise Rod Drehers „Benedikt-Option.“
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Inhaltlich ist der Einsatz für den Lebensschutz und gegen die Indoktrination von Kindern mit schädlichen Ideologien zentral. Unsere Stimme gegen die Liberalisierung der Abtreibung und das Verbreiten der Transgender-Ideologie zu erheben oder jene zu unterstützen, die an vorderster Front stehen, ist unsere christliche Pflicht. Die Teilnahme an Lebensschutz-Märschen und Gebetsaktionen vor Abtreibungskliniken ist ein unglaublich wichtiges politisches Zeichen und gleichzeitig eine großartige Möglichkeit, Gleichgesinnte zu treffen.
Große Chancen für Christen!
Die zunehmende Kriminalisierung des friedlichen Gebets vor Abtreibungseinrichtungen (in Großbritannien wurde sogar das stille Gebet untersagt) zeigt, dass die Handlungen dieser mutigen Lebensschützer eine große Wirkung haben. Man bekämpft nicht etwas, das keine Relevanz hat.
Die Welt ist im Umbruch, immer mehr „Normalbürger“ haben den „woken“ Zeitgeist satt und verlieren zunehmend das Vertrauen in die Mainstreammedien. Gleichzeitig scheinen sich durch die Wahlsiege rechter Kandidaten und Parteien, allen voran Donald Trump, die Grenzen des Sagbaren (Overton-Fenster) zu weiten. Elon Musk hat X (früher Twitter) zu einer Plattform der freien Rede gemacht und somit die Deutungshoheit der Altmedien zu einem großen Teil gebrochen.
Diese Entwicklungen bringen große Chancen für Christen mit sich. Es wird dadurch einfacher, die Fehler des Zeitgeistes anzuprangern, das Evangelium zu verkünden und freier zu leben. Mit Gottes Hilfe kann der Widerstand vor allem gegen die anti-christlichen Elemente des Zeitgeistes erfolgreich sein.
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Kommentare
Danke für diesen motivierenden Impuls zum Jahresstart!
Es ist sehr wichtig, die Prinzipien der kath. Soziallehre immer wieder ins Gedächtnis zu rufen. Denn diese kommen aus der hl. Schrift und haben deshalb kein Verfallsdatum, sie sind zeitlos wahr. Heute sammeln sich die Menschen guten Willens immer mehr hinter den als rechts bezeichneten Parteien und Bewegungen. Für Christen ist es deshalb umso wichtiger, sich hier einzubringen. Wer die Wahrheit im natürlichen Bereich annimmt, wird sie leichter im übernatürlichen Bereich annehmen: gratia supponit naturam. Christen können das, was die Menschen in den rechten Parteien an gutem und richtigem erkennen auf eine christliche Grundlage stellen. Der linke Zeitgeist ist ein totgerittenes Pferd, er wird nur noch mit Machtpolitik aufrechterhalten, die meisten Menschen haben sich schon innerlich davon verabschiedet. Als Christen müssen wir in der Lage sein, gerade junge Leute aufzufangen, die jetzt auf der Suche nach einem tragenden weltanschaulichen Fundament sind. Um die Gesellschaft zum Positiven zu gestalten müssen wir als Christen nicht die Mehrheit sein, sondern "Salz der Erde", das heißt schon eine kleine Minderheit überzeugter Christen kann den Ausschlag geben.
Ja, das Unbehagen an den Zeitläuften ist sehr groß. Aber Männer wie Musk sind kein Gegenmittel, sondern sie sind geradezu Teil der Zeitläufte. Es ist absurd, X als Lösung für Probleme anzubieten, die durch X wesentlich mitverursacht sind.
So ist es, wobei sich weitere Zustimmung in der deutschen und wohl auch österreichischen Breite im Promillebereich finden dürfte.
Elon Musw und Plattform der freden Rede ....das mUSS man sich mal auf der Zungefähr zergehen lAssen. Es feilt eidentisch nur noch die Wahlempfehlung für die AfD