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Kolumne „Ein bisschen besser“

Demut war gestern, Mut ist heute

Judith und ich haben Großes vor. „Wir müssen too big to fail werden“, erkläre ich meiner Frau und sie schaut mich mit ihren grünen Augen an, in denen ich sowas lese wie: „Du bist ständig so sehr too big to fail, dass du gar nicht merkst, was um dich gerade alles herum stolpert.“ Sie lässt das diesmal ungesagt, und ich feile weiter an meinen Argumenten.

Das too big to fail-Konzept heißt im Volksmund: „Die Kleinen hängt man und die Großen lässt man laufen.“ Nun haben wir beide in unserem Leben bei ehrlicher Betrachtung noch nichts angestellt, wofür wir aufgehängt werden müssten. Ich für meinen Teil hätte die eine oder andere Ohrfeige genauso verdient wie ausdauerndes Liebkosen, hängen müssen hätte ich aber bisher noch nicht und Judith auch nicht. 

Diese Feststellung erdet

Dafür lege ich meine Hand ins Feuer, was eine bescheuerte Redewendung ist, weil unabhängig vom Tathergang die Hand im Feuer ruckzuck verbrennt, womit dann gar nichts bewiesen wäre.

Too big to fail bist du, wenn es ein bisschen besser ist, dir zu helfen, koste es, was es wolle, als wenn dir keiner hilft, weil das noch mehr kostet. Banken zum Beispiel sind das mehr oder weniger von Geburt an.

Menschen glauben es zu sein, bis ihnen einer nachruft, dass die Friedhöfe voll von jenen seien, die einst glaubten, unersetzlich zu sein. Die Feststellung erdet dann die meisten und aus Mut wird wieder Demut. Judith sagt jetzt: „Du bist auch nur ein Mann.“ 

Wenn ich einmal falle, gibt es einen Rums

Das stimmt, denke ich mir, aber doch schon ein Prachtexemplar. Ich schaffe schubkarrenweise was weg. Ich kann großartige Luftschlösser bauen, die Brüder Grimm hätten mich in ihre Familie aufgenommen. Ich kann in jeder Regenpfütze das Spiegelbild der Sonne sehen, und ich bin im Grunde meines Herzens froh, dass das Klima wärmer und wenigstens nicht kälter wird. 

Und falls ich doch einmal falle, wird es einen solchen Rums geben, dass Judith sich die Ohren zuhalten muss.

 

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