Lebensschutz quasi aus Versehen?

In einer Welt, in der das Schwarz-Weiß-Denken überwiegt und Andersdenkende oft ohne inhaltliche Auseinandersetzung in Schubladen gesteckt werden, ist es fast schon „erfrischend“, wenn man ausgerechnet vom politischen Gegner positiv überrascht wird. Während von den Sozialdemokraten in Deutschland auch nach der Bundestagswahl kaum ein Beitrag zur moralischen oder ethischen Bereicherung erwartet werden kann, kann sich Felix Austria glücklich schätzen, einen SPÖ-Landeshauptmann zu haben, der ganz und gar aus der Partei-Art schlägt.
Der Landesvater der Burgenländer, Hans Peter Doskozil, ist auch über seine Landesgrenzen dafür bekannt, der Bundespartei in Wien regelmäßig und mit großer Leidenschaft Widerworte zu geben. Doskozil ist für die SPÖ der Inbegriff eines Enfant terrible. Nicht nur, dass er den Linkskurs seiner demnächst wieder regierenden Bundespartei regelmäßig und ohne Blatt vor dem Mund in Frage stellt, er vertritt auch eine konträr zur SPÖ-Linie stehende restriktive Migrationspolitik. Als ehemaliger Landespolizeidirektor und Verteidigungsminister kennt Doskozil die Praxis. Er verfolgt eine Law-and-Order-Politik. Viele Bürger, besonders wohl in der SPÖ selbst, fragen sich, ob er denn nicht das „falsche“ Parteibuch hat.
Doch nicht nur in Sachen Migration, sondern auch beim Thema Abtreibung ticken die Uhren im Burgenland anders.
Keine Schwangerschaftsabbrüche in dem Bundesland
Die Frauenvorsitzende der österreichischen Grünen, Meri Disoski, griff in einer Pressemitteilung Doskozil wegen der fehlenden Möglichkeiten eines Schwangerschaftsabbruchs direkt an: „Im SPÖ-alleinregierten Burgenland gibt es keine einzige Möglichkeit, eine Abtreibung durchzuführen. Ungewollt Schwangere werden schikaniert und müssen für einen Schwangerschaftsabbruch in andere Bundesländer tingeln. Ich fordere Landeshauptmann Doskozil auf, hier endlich seiner Verantwortung nachzukommen und für entsprechende Angebote zu sorgen“.
Tatsächlich kann im Burgenland keine „Lifestyle“-Abtreibung durchgeführt werden. Selbsternannte Frauenrechtsvereine führen darüber wortreiche Klage. Auf Nachfrage von Corrigenda hieß es aus dem Büro der damaligen Landeshauptmann-Stellvertreterin des Burgenlandes und Verantwortliche für Frauen, Agrar, Umwelt, Gemeinden, Astrid Eisenkopf (seit dem 6. Februar ist Eisenkopf Präsidentin des Burgenländischen Landtages), dass nur „medizinisch indizierte Schwangerschaftsabbrüche“ in den burgenländischen Landeskliniken vorgenommen werden. Der „notwendige besondere Schutz der Privatsphäre betroffener Frauen“ wäre „aufgrund der baulichen Situation sowie aufgrund der kleinteiligen, ländlichen Strukturen unserer Krankenhausstandorte“ nicht möglich. Aus diesem Grund könnten im Burgenland „auch keine externen Mediziner geplante Abbrüche vornehmen“.
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Auf die Frage, inwieweit Landeshauptmann Hans Peter Doskozil in diesen Entscheidungsprozess involviert sei, gab es allerdings keine Antwort. Verfolgt man die Berichterstattung in dieser Causa, fällt auf, dass sich der SPÖ-Landeshauptmann kaum zu dieser Thematik äußert. Linke und Grüne personalisieren zwar das „Problem“, Doskozil versteckt sich aber geschickt hinter den baulichen Gegebenheiten der Kliniken. Politisch mag diese Taktik zwar elegant erscheinen, ethisch ist sie jedoch höchst fragwürdig.
FPÖ vertritt klare Haltung
Bei den Landtagswahlen im Burgenland Mitte Januar konnte Doskozil eine krachende Niederlage der SPÖ gegen die FPÖ noch verhindern – gerade, weil in der Burgenländischen SPÖ weniger Genossen-Rot steckt als anderswo –, die SPÖ verlor allerdings die absolute Mehrheit und regiert jetzt mit den Grünen. Der Herausforderer und ehemalige Dritte Präsident des Nationalrats, Norbert Hofer (FPÖ), hätte als Landeshauptmann mit großer Sicherheit eine eindeutige Haltung in der „Abtreibungsfrage“ gezeigt und sich nicht auf bürokratische Formalitäten berufen. Die traditionell-christlichen Werte der FPÖ machen beim Schutz ungeborenen Lebens keine populistischen Kompromisse.
FPÖ-Frauen- und Familiensprecherin Rosa Ecker antwortete im Juni letzten Jahres auf die Forderung des grünen Gesundheitsministers, Abtreibungen aus dem Strafgesetzbuch zu streichen, unmissverständlich: „Die Entscheidung für das Kind steht für uns im Vordergrund. Es müssen diesen Frauen auch Alternativen wie Adoption, Pflegeeltern oder anonyme Geburt aufgezeigt werden. Einen Rechtsanspruch auf Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs und einen Abbruch als Versicherungsleistung lehnen wir entschieden ab. (…) Schwangerschaftsabbrüche dürfen keinesfalls als ‘alternative Verhütungsmethode’ gesehen werden.“
Es ist mehr als bedrückend, das Schicksal ungeborener Kinder von einem Parteibuch abhängig zu wissen. Die Burgenländer jedenfalls sind mit der Personalie Doskozil mit einem blauen Auge davongekommen. Denn ganz anders ist die Bundes-SPÖ aufgestellt. Die forderte im Wahlprogramm für die Nationalratswahl 2024, dass der „Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen“ in allen öffentlichen Krankenanstalten kostenfrei angeboten werden müsse. „Wir fordern die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs und einen niederschwelligen Zugang“, heißt es dort knallig. Jede Frau habe das Recht auf einen sicheren, legalen und kostenfreien Schwangerschaftsabbruch in Wohnortnähe.
Kommentare
Wer diese für jede Frau schwere, einschneidende Entscheidung, oft in großer Verzweiflung getroffen, so boshaft und niederträchtig charakterisiert hat jedes Recht verwirkt, darüber zu lamentieren dass "das Schwarz-Weiß-Denken überwiegt und Andersdenkende oft ohne inhaltliche Auseinandersetzung in Schubladen gesteckt werden".
@Stefan Schneider Die Formulierung mag in der Tat provokant sein, aber sie ist nicht weniger provokant als das, was regelmäßig von Befürwortern der Abtreibung vorgebracht wird.
Eine falsche Entscheidung, die gegen das Lebensrecht verstößt, wird nicht dadurch besser, dass sie "oft in großer Verzweiflung getroffen" wird. Keine Verzweiflung rechtfertigt, einem anderen Menschen das Leben zu nehmen. Punkt.
In einem säkularen Staat hat jeder Mensch das Recht auf einvernehmlichen Sex mit dem Partner der Wahl (my body, my choice), auch, wenn das unserem biblisch fundiertem Vetständnis widerspricht.
Damit verbunden ist jedoch die Verantwortung, einer nicht gewünschten Schwangerschaft durch geeignete Verhütung vorzubeugen.
Der Fetus ist ein eigenständiger Mensch mit eigenem Lebensrecht. Wenn ich ihm dies abspreche, warum sollte ich es bei Dementen und Pflegebedürftigen nicht auch tun? Wo sie mich doch ebenfalls an der freien Entfaltung meiner Lebenspläne hindern.
Oder auch dem Falschparker vor meiner Ausfahrt?
Die eigene Freiheit endet, wo die Freiheit des Anderen beginnt!