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Agnieszka Dziemianowicz-Bak

Offen linksradikal: Das ist Polens neue Familienministerin

Agnieszka Dziemianowicz-Bąk verantwortet im Kabinett der neuen Regierung Donald Tusk das zusammengelegte Superministerium für Familie, Arbeit und Sozialpolitik. Kaum im Amt, setzt die studierte Pädagogin und promovierte Philosophin die schrillen Aussagen fort, mit denen sie als Pro-Choice-Aktivistin und Oppositionsabgeordnete der Partei „Linke Gemeinsam“ (Lewica Razem) bekanntgeworden war.

Als Initiatorin der landesweiten „Frauenstreiks, die später in Ausschreitungen gegen Kirchen und Gottesdienste gipfelten, machte „ADB, wie Agnieszka Dziemianowicz-Bąk häufig kurz genannt wird, ab 2016 über die Grenzen Polens hinaus von sich reden.

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Im Programm „Kropka nad i“ („Punkt auf dem i“) des Fernsehsenders TVN24 sagte die 39-Jährige noch am Tag ihrer Vereidigung am 13. Dezember, dass sie für ihr Ressort „europäische Standards“ einführen wolle. Als kompromisslose Befürworterin vorgeburtlicher Kindstötung auf bloßen Wunsch hin sprach sie sich dafür aus, den Gewissensvorbehalt für Ärzte und medizinisches Begleitpersonal, die eine Abtreibung vornehmen oder bei ihr mitwirken sollen, aus dem Gesetz zu streichen.

„Die Gewissensklausel sollte nicht beibehalten, sondern gestrichen werden“, forderte sie in dem Interviewformat. „Sicherlich radikal reduziert, wenn nicht sogar gestrichen.“ Die gesetzlich mögliche Weigerung aus Gewissensgründen, einen ungeborenen Menschen im Mutterleib zu töten, sei der neuen Familienministerin zufolge „ein Relikt, das verschwinden sollte“.

„Lächerliche Linksradikale“

„Frauen“, deutete sie eigenwillig, „wollen aus mehreren Gründen nicht schwanger werden“: Auf die stark sinkende Geburtenrate in Polen angesprochen, führte Dziemianowicz-Bąk als Ursache – neben der Immobilienkrise und der angeblichen Unsicherheit für Frauen auf dem Arbeitsmarkt – den aus ihrer Sicht mangelhaften Zugang zu Abtreibungen an: Frauen hätten „Angst, dass ihnen etwas zustößt und die Ärzte ihnen nicht helfen“ würden. „Dieses barbarische Anti-Abtreibungsgesetz muss gestoppt werden!“

Es sei notwendig, „die klare Botschaft zu senden, dass der Arzt die Pflicht hat, Frauen zu behandeln und ihr Leben zu retten“. Die unter Links-Progressiven verbreitete Haltung, Schwangerschaftsabbrüche als Teil der Gesundheitsfürsorge zu framen, steht hinter diesen Worten.

Aktuell grub das Portal kresy.pl ein Foto von ADB aus, das für ein Interview mit der linken Frauenzeitschrift Wysokie obcasy („Hohe Absätze“) Anfang 2020 aufgenommen worden war: Die Gazeta-wyborcza-Beilage zeigt Dziemianowicz-Bąk vor knallrotem Hintergrund in schwarzem Blazer, mit schwarzlackierten Fingernägeln und einem weißen T-Shirt, dessen schwarz aufgedrucktes Motiv eine Person zeigt, die sich mit einem Regenschirm vor einem Regen aus Kreuzen schützt. Ungeachtet der antichristlichen Symbolik warb das Magazin schon im Vorspann, die Politikerin sei „eine ausgezeichnete Kandidatin der Linken“ für das Amt des Staatspräsidenten.

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Gegenwind kam prompt: Przemysław Czarnek, Minister für Bildung und Wissenschaft in der abgewählten PiS-Regierung, ätzte auf Twitter (jetzt X) stellvertretend für viele:

„Und das ist ein Minister für Familien? Gestern habe ich über Christenphobie geschrieben und gesprochen. Und hier die Bestätigung.“ Man solle sich nur einmal vorstellen, was passiere, wenn jemand ein ähnliches T-Shirt trage, und der müsse nicht einmal von der PiS sein, „nur dass anstelle von Kreuzen jüdische oder muslimische Symbole zu sehen wären? … Nun ja, aber Kreuze und das Christentum können beleidigt werden, so die Christenfeinde, weil es cool ist und ‘Toleranz’ bedeutet. Lächerliche Linksradikale.“ Ein anderes Foto, das seit ihrer Ernennung zur Ministerin in sozialen Medien kursiert, zeigt Dziemianowicz-Bąk mit regenbogenfarbenem Schirm und Schal – den Farben der Homosexuellen- und Transgenderbewegung.

„ADB“ war zunächst als künftige Bildungsministerin im Kabinett Tusk im Gespräch gewesen. Das Ressort erhielt dann jedoch ihre Schwester im Geiste Barbara Nowacka von der feministisch-progressistisch-laizistischen Inicjatywa Polska, die Teil von Tusks linksliberaler Bürgerkoalition (KO) ist.

Was die Familienministerin unter Familie versteht

Die Links-Fraktion ergatterte insgesamt vier Ministerien, neben Familien- und Arbeitsministerium noch das Wissenschaftsministerium (Dariusz Wieczorek), das Ministerium für Digitalisierung (Krzysztof Gawkowski) sowie das für „Gleichstellung“ (Katarzyna Kotula).

Was die Familienministerin unter Familie versteht, verkündete sie am Samstag vor dem dritten Adventssonntag. „Familie“ seien für sie „sich liebende Personen“ und „Personen, die zusammenleben“, sowohl „Ehepaare mit vielen Kindern“ als auch „zwei sich liebende Personen desselben Geschlechts“. Für deutsche Ohren freilich nichts Neues, denn hierzulande ist man es vom Regierungssprech gewöhnt, dass ein gemeinsam genutzter Kühlschrank das konstitutive Merkmal von Familie sei.

Dass Polen in puncto „Fortschritt“ noch nicht so weit nach links gerückt ist wie der westliche Nachbar, zeigt auch die unterschwellige Orientierung an der ontologischen Zweigeschlechtlichkeit, denn warum eigentlich sollte eine so verstandene Familie bloß aus zwei „sich Liebenden“ bestehen, warum nicht aus drei, nicht vier, nicht fünf, sechs Personen?

Jede dieser so verstandenen Familien müsse „sicher“ sein und verdiene „Unterstützung“, fordert Dziemianowicz-Bąk, weshalb sie sich auch zu dem von der sozialkonservativen Vorgängerregierung eingeführten Familienbeihilfeprogramm „500plus“ bekannte. Das Kindergeld wird ab 1. Januar 2024 von 500 auf 800 Złoty monatlich kräftig erhöht (umgerechnet dann ca. 185 Euro/Monat), was die PiS dieses Jahr noch beschlossen hatte, ihr aber dennoch nicht zum Weiterregieren verhalf. „Wir Linke schämen uns nicht der Arbeit“, rief die Arbeitsministerin in unfreiwilliger Komik. Es gehe darum, Frauen „in Arbeit“ zu bringen, sagte ADB.

Vor dem Hintergrund des katastrophalen demographischen Niedergangs, der Polen die nächsten Jahrzehnte bevorsteht, bleibt unabhängig von weltanschaulichen Präferenzen auch gar nichts anderes übrig, als jede Arbeitskraft verfügbar zu machen, wenn das Land nicht wirtschaftlich zurückfallen will. Hatte Polen 1983 noch eine Geburtenrate von im Schnitt 2,42 Kindern pro Frau, so sank die Rate 2022 auf nur noch 1,33 Kinder. Gab es 2017 noch 403.000 Geburten, werden nach den Prognosen im Jahr 2050 nur noch 255.000 Kinder in Polen geboren werden.

Aus ihrer Kirchenfeindlichkeit macht sie keinen Hehl

Viel Arbeit also für die Arbeitsministerin. Aber erst mal gegen den politischen Gegner austeilen: „Schon jetzt löschen wir die Feuer, die die ‘Recht und Gerechtigkeit’ hervorgerufen hat.“

Die neue Ministerin stammt aus Breslau. Als sie noch ein Kind war, verließ der Vater die Familie und zog fort ins Ausland. Agnieszka studierte Pädagogik und Philosophie an der Universität. Im Jahr 2018 machte sie den Doktor in Philosophie. Von Dezember 2015 bis Februar 2019 war Dziemianowicz-Bąk Vorstandsmitglied der linken Partei Razem („Gemeinsam“). Sie verließ die Partei, nur um im Herbst über das linke Bündnis Lewica („Die Linke“) in den Warschauer Sejm gewählt zu werden – auf dem Ticket der postkommunistischen SLD.

In all ihren Äußerungen machte sie keinen Hehl aus ihrer antikirchlichen Einstellung. Auf TikTok kursiert beispielsweise ein Videoschnipsel von Mai 2023, in dem sie die Kosten für schulischen Religionsunterricht gegen „eine warme Mahlzeit für jedes Kind“ ausspielt.

Immer betonte Dziemianowicz-Bąk die Bedeutung persönlicher Freiheiten, der „Gleichstellung“ von LGBTQ-Personen sowie den ungehinderten Zugang von Schwangeren zu Abtreibungseinrichtungen.

„Wir sind hier, um die rechten Fanatiker zu stoppen“

In der außerparlamentarischen, feministischen Opposition, dem „Schwarzen Protest“ der Frauen, lief die Aktivistin im September 2016 zur Hochform auf. Nachdem ein vom Volke ausgehender Gesetzesvorschlag an den Sejm in Warschau zur Freigabe der Abtreibung vom Parlament abgelehnt worden war und gleichzeitig ein Projekt zum absoluten Verbot der Abtreibung zur weiteren Bearbeitung angenommen wurde, trieb Dziemianowicz-Bąk zusammen mit Barbara Nowacka linke, junge Frauen gegen die PiS-Regierung auf die Straße.

Im zeitlichen Zusammenhang mit dem „Schwarzen Protest“ der Feministinnen erschienen ihr und der Name von Nowacka dann auf einer vom US-Magazin Foreign Policy publizierten Liste der „Top 100 Global Thinkers“, zusammen mit einer freundlichen Würdigung. Der Protest in Warschau zeigte (zunächst) Wirkung, das konservative Projekt wurde vom Sejm abgewiesen. Dass beide, die damals auf der Top 100-Liste standen, sieben Jahre später Ministerämter im EU-freundlichen Tusk-Kabinett bekleiden, wird Liebhabern von Verschwörungstheorien reichlich Nektar liefern.

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Auf einer Demonstration am 1. Oktober 2016 vor dem Parlament rief sie, außer sich vor Wut, ganz in Schwarz und mit geballter rechter Faust: „Die Abgeordneten haben uns den Krieg erklärt! Wir sind hier, um die rechten Fanatiker zu stoppen, um ihnen zu zeigen, dass wir uns nicht zu weiteren Verboten drängen lassen werden! Wir werden nicht zulassen, dass Krankenhäuser zu Folterkammern und Ärzte zu Gefängniswärtern gemacht werden!“

Und weiter, pikant aus heutiger Sicht: „Ihr Herren Abgeordnete! Ihr habt den Weg für das barbarischste Gesetz in Europa geebnet! Wir werden Eure Gesichter, wir werden Eure Namen nicht vergessen. Abgeordnete von PiS, PSL und Kukiz! Und Ihr, Abgeordnete der Bürgerplattform! Ihr habt die Hand gegen polnische Frauen erhoben!! Rechnet nicht mit Straffreiheit!!“

Dem guten Abschneiden ebenjener Bürgerplattform hat Dziemianowicz-Bąk jetzt ihr Ministeramt zu verdanken. Man sieht sich immer zweimal im Leben.

 

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