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Interview mit „Olympia-Kaplan“ Johannes Lackner

„Ich bin Trainer für alle Sportarten. Ich bin Priester“

„Olympia-Kaplan“ Johannes Lackner ist selbst Olympiasieger. Als Gymnasiast gewann der gebürtige Tiroler die Goldmedaille der österreichischen Latein-Olympiade. Der Sportseelsorger begleitet zwar zum ersten Mal das österreichische Team zu den Olympischen Spielen, aber Sport ist ihm kein Fremdwort. Lackner, der 2022 in Salzburg zum Priester geweiht wurde, wuchs in der Skihauptstadt Kitzbühel auf und verpasste in seiner Kindheit und Jugend kaum eine Sportveranstaltung. 

Corrigenda führt das Interview mit dem begeisterten Hobby-Skifahrer und Mountainbiker nur wenige Tage nach der Eröffnungsfeier der olympischen Spiele. Lackner befand sich zu dem Zeitpunkt im „Hospitality-Bereich“ auf dem Gelände der Olympiade in Paris. Dort besichtigte er eine Ausstellung über die Geschichte der Spiele. Im Gespräch erzählte er davon, wie er die Eröffnungsfeier an der Seite der Sportler erlebte, wie sein Alltag in Paris aussieht und welche Goldmedaille jeder Mensch anstreben sollte.

 

Herr Lackner, steigen wir gleich mit einem Reizthema ein: Wie empfanden Sie als direkt Anwesender die blasphemische Darstellung des queeren Abendmahls bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele?

Da muss ich etwas ausholen: Für mich persönlich war die Eröffnungsfeier insgesamt eines der größten Ereignisse, die ich je erlebt habe, im positivsten Sinne. Wir, das österreichische Team und ich, sind fünf Kilometer auf der Seine in einem Boot gefahren und am Ufer waren insgesamt 400.000 Zuschauer, die gejubelt haben. In der Nähe des Eiffelturms sind wir ausgestiegen und in das Stadion gegangen. Da war zum Abschluss eine spektakuläre Lichtshow, die sehr beeindruckend war. Zum Schluss hat Céline Dion vom Eiffelturm aus gesungen. Das war für mich toll, weil ich mitten unter den Sportlern sein konnte. Die haben gesagt, das war für sie die größte Eröffnung, die sie je erlebt hatten. Die ganze Welt kommt bei der Olympiade zusammen, und das war bei der Eröffnung schon für mich spürbar.

Ist es normal, dass der Seelsorger mit den Sportlern bei der Eröffnung einzieht?

Eigentlich nicht.Was Gott gefügt hat in den letzten Tagen, auch für mich persönlich, ist unglaublich. Dass ich zur Eröffnungsfeier mitkommen konnte, hat sich in letzter Sekunde ergeben. Eigentlich hätten nur die wenigsten Betreuer zur Eröffnungsfeier mitgehen können. Es haben dann aber immer mehr Sportler wegen des Regens abgesagt, weil sie draußen am Boot nicht krank werden wollten. Fünf Minuten vor der Abreise zur Eröffnung habe ich erfahren, dass für mich ein Ticket übrig ist. Das war für mich wirklich ein Geschenk! Über den Regen lassen sich zwei Dinge sagen: Erstens, der Himmel hat geweint über die Abendmahl-Parodie, zweitens, war es auch ein bisschen für mich, weil ich sonst nicht mitgekommen wäre. (lacht herzlich)

„Das ist unpassend, unsensibel und überflüssig“

Und wie haben Sie das queere Abendmahl erlebt?

Ich hatte am Tag der Eröffnungsfeier von dem Abendmahl überhaupt nichts mitbekommen. Wir waren am Boot, und die Abendmahl-Parodie war parallel auf einer der Brücken, durch die wir unten durch gefahren sind. Vom Boot aus haben wir es nicht gesehen. Ich hatte davon erst am Sonntag nach der Eröffnung erfahren. Im olympischen Dorf ist ein Sportler auf mich zu gekommen und hat gefragt, was ich davon halte. Da habe ich mir die Videos davon angesehen. Ich war schon schockiert, weil plötzlich hat sich meine Einstellung zur Eröffnung schon etwas geändert. Gläubige Sportler sagten mir, dass sie sich in ihren religiösen Gefühlen verletzt gefühlt hatten.

Was halten Sie von der Darstellung?

Wenn es wirklich als Parodie des Abendmahls gedacht war, dann ist das ein absolutes No-Go. Das ist unpassend, unsensibel und überflüssig. Es ist letztlich auch ein Widerspruch zum olympischen Geist. Wenn die Olympiade eine Friedensbewegung sein will, wenn man für die Einheit der Völker beitragen will, dann kann man nicht den Glauben von 2,5 Milliarden Christen verspotten. Auch wenn die Hauptinspiration der Szene das Gemälde „Festmahl der Götter“ sein soll, ist es unglücklich gewählt, wenn so starke Assoziationen mit Da Vincis „Abendmahl“ hergestellt werden können. Schuld tragen an dieser Szene die lokalen Organisatoren, nicht das IOC. Die Szene ist für mich schon ein Wermutstropfen und ein Schönheitsfehler bei der sonst so fantastischen Eröffnungsfeier.

„Wir haben ein dreistündiges Glaubensgespräch geführt“

Abgesehen von der Eröffnungsfeier: Was war bisher für Sie ein weiteres Highlight?

Am Sonntag habe ich mit einem österreichischen Sportler ein dreistündiges Glaubensgespräch geführt. Es haben sich zu uns noch drei US-Missionare von „Focus“ (eine katholische Studentenbewegung aus den USA, Anm.) dazu gesellt. Die haben ein Seelsorgeteam im olympischen Dorf. Das war für mich spirituell ein echtes Highlight.

„Olympia-Kaplan“ Johannes Lackner (2. v. r.) mit dem österreichischen Judoka Aaron Fara (2. v. l.), der evangelikaler Freichrist ist, und drei „Focus"-Missionaren aus den USA

Was genau sind Ihre Aufgaben als Seelsorger des österreichischen olympischen Teams?

Meine Hauptaufgabe ist, dass ich im ich olympischen Dorf und auch im Österreich-Haus (ein Treffpunkt für Personen aus der österreichischen Politik, Wirtschaft und Tourismus, wo auch Medaillen-Gewinner gefeiert werden, Anm.) für geistliche Gespräche zur Verfügung stehe. Dass ich den Sportlern aus dem Glauben heraus nahe bin, sie motiviere und ihnen Trost schenke.

Können Sie von einigen konkreten Tätigkeiten aus Ihrem Alltag hier bei der Olympiade erzählen? 

Zweimal in der Woche biete ich Messen auf deutsch an. Vergangenen Mittwoch habe ich das Ruderteam besucht und es gesegnet. Die Woche fahre ich nach Marseille zu den Seglern, die auch einen Segen wünschen. Ich wurde vom gesamten Olympia-Team ganz positiv aufgenommen. Dann verteile ich auch wundertätige Medaillen, die gebe ich den Sportlern als „Glücksbringer“, als Schutz Gottes mit. Die Athleten nehmen sie gerne an. Ich sage aber auch dazu, dass die Medaillen nicht magisch wirken, sondern nur in Verbindung mit dem Glauben.

 

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Die Medaillen habe ich direkt aus der Wallfahrtskapelle in der Rue du Bac geholt, wo sie ursprünglich herkommen. Als ich dort war, um zu beten und die Medaillen zu kaufen, haben die Leute gedacht, ich sei ein Olympia-Teilnehmer, weil ich das offizielle Outfit des österreichischen Teams trug und ihnen mein priesterliches Kollar zunächst gar nicht aufgefallen war. Sie haben mich gefragt, welchen Sport ich mache und sagten mir, dass sie für mich beten werden. Ich antwortete ihnen: „Ich bin Trainer“. Da fragten sie: „Für welche Sportart?“. Ich sagte darauf: „Für alle Sportarten. Ich bin Priester“ (lacht). Dann habe ich letztendlich zwei Stunden dort verbracht, weil so viele Leute für einen Segen zu mir gekommen sind – Franzosen, eine ägyptische Familie und viele mehr.

„Die himmlische Goldmedaille, die müssen wir gewinnen“

Der Trainer als Metapher für den Priester. Gibt es Parallelen zwischen Sport und Glaube?

Eine olympische Goldmedaille zu gewinnen ist super, aber das Wichtigste, was wir haben, ist die himmlische Goldmedaille, die müssen wir gewinnen. Das ist unser Ziel. Da sind die Sportler ein Vorbild – in ihrem Leistungswillen, dass sie etwas einsetzen, um zu einem Ziel zu gelangen, dass sie das Beste aus sich herausholen. Das ist für uns Christen ein Vorbild. Paulus sagt das ja: Die Läufer im Stadion laufen und bemühen sich, den vergänglichen Siegeskranz zu gewinnen. So sollen wir auch alles tun, um diesen unvergänglichen Siegeskranz zu erlangen, das heißt, in den Himmel zu kommen. Das bedeutet, gerade in der Liebe unser Bestes geben. Freilich, erlöst sind wir nicht durch Leistung, sondern aus Gnade.

Johannes Lackner (r.) mit den österreichischen Vielseitigkeitsreitern Harald Ambros und Lea Siegl

Kann der Glaube auch Sportlern helfen?

Der Glaube kann im Spitzensport eine Kraftquelle sein. „Der Glaube ist wichtig“ hat einmal der österreichische Langstreckenläufer Günther Weidlinger gesagt. Zuerst der Glaube an sich selbst – man muss im Sport an sich selbst glauben. Wenn ich auch glauben kann, dass Gott mich beschützt und dass man Vertrauen auf Gott haben darf, dann kann ich noch mehr erreichen, hat er gesagt. Das glaube ich auch und merke es auch. Ich habe mit ein paar kroatischen Sportlern gesprochen – die sind alle in die internationale Messe gegangen. Da war auch ein Sportler, der um die Beichte gebeten hat. Da merkt man, dass der Glaube Kraft gibt.

„Es ist toll, dass der Glaube bei den olympischen Spielen einen Platz hat“

Welche Rolle spielt der Glaube im olympischen Dorf?

Es ist so toll, dass der Glaube bei den olympischen Spielen einen Platz hat.  Vom olympischen Komitee ist vorgesehen, dass es im olympischen Dorf ein Religionszentrum gibt, das sogenannte „Multi-Faith-Centre“. Dort gibt es fünf Gebetsräume für jeweils Christen, Juden, Muslime Buddhisten und Hinduisten. Dieses Religionszentrum betreut organisatorisch immer die Religionsgemeinschaft, die in dem Land, wo die Spiele ausgetragen werden, die größte ist. Das ist in Frankreich die katholische Kirche. Für die Christen allein sind über 40 internationale Seelsorger im Einsatz. Manche Nationen reisen auch mit ihrem eigenen Seelsorger an, so zum Beispiel die Österreicher und die Deutschen. Aber auch die katholische Kirche in Frankreich macht sehr viel in Verbindung mit den olympischen Spielen für die Besucher.

Zur Person Johannes Lackner

Johannes Lackner, Jahrgang 1995, wuchs in Reith neben dem weltberühmten Skiort Kitzbühel auf. Nach der Matura am Gymnasium in St. Johann in Tirol trat Lackner ins Priesterseminar ein und studierte Theologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Benedikt XVI. in Heiligenkreuz. 2022 wurde er in Salzburg zum Priester geweiht. Neben seiner Tätigkeit als Kaplan in St. Johann in Tirol und Oberndorf promoviert Lackner derzeit an der Universität Salzburg in Fundamentaltheologie zu einer Arbeit über den Transhumanismus. Er ist Stellvertreter des Lebensschutzbeauftragten der Erzdiözese Salzburg.

Inwiefern?

Es gibt in fast allen Kirchen hier ein geistliches Programm als Begleitung zu den Spielen, das heißt „Holy Games“. Da gibt es zum Beispiel Ausstellungen in Kirchen, wo der Sport christlich aufgearbeitet wird, Messen, Programm für Jugendliche. Es sind Priester gekommen mit Jugendgruppen, vor allem aus Frankreich, aber auch aus Deutschland, die halten Messen in Paris und veranstalten an Sportplätzen kleine olympische Spiele. Die katholische Kirche hat hier wirklich ein Riesenprogramm aufgezogen zur Mission rund um die olympischen Spiele.

 

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Kommentare

Comment

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Kommentar
2
frère Joseph-M…
Vor 1 Monat

LDMJF,
m.E. wäre es für jeden bekennenden Christen eine Möglichkeit gewesen, EIN klares Zeichen zu setzen: Diese "Spiele" verlassen bzw. nicht teilnehmen (inklusive Zuschauer) und klar Stellung zu beziehen.
M.E. ist es wieder eine schön versteckte bzw.verpackte weltliche Mogelpackung, daß ein junger Geistlicher bei solch einem "Event" teil des Ganzen ist, dann schmärerisch hiervon berichtet. Jeder der an solchen weltlichen Gelagen (dort wird entsprechend exzessiv gelebt) teilnimmt wird von dem dort herrschenden Geist beeinflusst.
Ich erwarte von jedem Nachfolger unseres HERRN JESUS Christus dem Nazarener, dass er solch einem Treiben mit den Ritualen und Botschaften die dort verbreitet wurden, mit der Waffenrüstung Gottes klar und unmissverständlich entgegentritt.
Dies schulden wir unserem HERRN und der UNBEFLECKTEN EMPFÄNGNIS; Ausreden oder Beschwichtigungen haben hier keinen Platz.
Nolite timere; FIAT

1
Frère Joseph-M…
Vor 1 Monat

Ave Maria,
Kleiner Nachtrag; im Vorkommentar sollte es heißen: schwärmerisch
Wie heute auf Gloria.tv berichtet wurde hat der seit 22Jahren tätige polnische Seelsorger, Kaplan beklagt, daß keine Heilige Messe gefeiert werden durfte.
Damit ist alles gesagt und unterstrichen.
Komm HERR JESUS, Maranatha!

0
Rittmeisterle
Vor 1 Monat

Danke für diesen Einblick in eine mir bisher unbekannte Seite der Olympiade!

1
Frère Joseph-M…
Vor 1 Monat

Ave Maria,
Kleiner Nachtrag; im Vorkommentar sollte es heißen: schwärmerisch
Wie heute auf Gloria.tv berichtet wurde hat der seit 22Jahren tätige polnische Seelsorger, Kaplan beklagt, daß keine Heilige Messe gefeiert werden durfte.
Damit ist alles gesagt und unterstrichen.
Komm HERR JESUS, Maranatha!

2
frère Joseph-M…
Vor 1 Monat

LDMJF,
m.E. wäre es für jeden bekennenden Christen eine Möglichkeit gewesen, EIN klares Zeichen zu setzen: Diese "Spiele" verlassen bzw. nicht teilnehmen (inklusive Zuschauer) und klar Stellung zu beziehen.
M.E. ist es wieder eine schön versteckte bzw.verpackte weltliche Mogelpackung, daß ein junger Geistlicher bei solch einem "Event" teil des Ganzen ist, dann schmärerisch hiervon berichtet. Jeder der an solchen weltlichen Gelagen (dort wird entsprechend exzessiv gelebt) teilnimmt wird von dem dort herrschenden Geist beeinflusst.
Ich erwarte von jedem Nachfolger unseres HERRN JESUS Christus dem Nazarener, dass er solch einem Treiben mit den Ritualen und Botschaften die dort verbreitet wurden, mit der Waffenrüstung Gottes klar und unmissverständlich entgegentritt.
Dies schulden wir unserem HERRN und der UNBEFLECKTEN EMPFÄNGNIS; Ausreden oder Beschwichtigungen haben hier keinen Platz.
Nolite timere; FIAT

0
Firestar
Vor 1 Monat 1 Woche

Das finde ich echt klasse! In so einer säkularisierten Welt ist es bitter nötig, wenn solche wunderbare Diener Gottes ein Fels in der Brandung sind! Ich hatte wieder eine Konfrontation mit meinem ungläubigen Bruder, er fröhnt der Gesundheits Religion! Er betet den Götzen der Gesundheit an und will mich missionieren! Aber ich bleibe stark und spüre, dass auch so ein gottbegnadeter Priester, wie Johannes Lackner auch für mich betet, im Sturm des Antichrist standhaft zu sein!