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Marsch für das Leben in Köln

Lebensschützer: „Diese Gewalt haben wir noch nie erlebt“

Andreas Düren ist 29 Jahre alt, verheiratet, Vater von drei Kindern und engagiert sich im Lebensschutz. Und das bedeutet – das weiß er spätestens seit dem vergangenen Samstag –, auch seine körperliche Unversehrtheit aufs Spiel zu setzen. Düren ist Mitgründer von sundaysforlife e. V.“, der darüber aufklären will, was Abtreibungen ungeborenen Kindern und Frauen antun. Er hatte am Samstag anlässlich des Kölner Marschs für das Leben, der zeitgleich mit ähnlichen Veranstaltungen in Berlin und Zürich stattfand, zusammen mit zwei Kollegen einen Stand aufgebaut, so wie er es auch bei ähnlichen Veranstaltungen macht. Vandalismus und Pöbeleien hat er schon öfter miterlebt, doch ein solcher Hass und eine solche Gewalt seien ihm noch nie entgegengeschlagen, erzählt der Familienvater im Interview mit Corrigenda.

Herr Düren, wie geht es Ihnen und Ihren beiden Kollegen von „Sundays for Life“ heute?

Uns geht es den Umständen entsprechend gut. Eine Standhelferin steht noch etwas unter Schock. Bei mir liegt gegebenenfalls eine Rippenprellung vor, die ich noch medizinisch untersuchen lassen muss. Außerdem bekam ich mehrere Hämatome und ein blutiges Knie.

Sie hatten einen Pavillon mit Informationsmaterial beim Marsch für das Leben in Köln. Und – man kann es nicht anders sagen – Sie wurden von einer Meute Linksradikaler bedroht und tätlich angegriffen. Können Sie bitte kurz schildern, was passiert ist?

Eine Frau riss plötzlich einen großen Stapel Stofftaschen an sich, woraufhin ich ihr nachrannte und sie festhielt. Dabei wurde ich in die Mitte einer Menschenmenge gezogen, die gewaltsam gegen mich vorging. Ziel war vermutlich, dass ich von der Diebin ablasse und diese flüchten kann.

Ich wurde zu Boden gerungen und dann geschlagen und getreten. Die Polizei stand relativ schnell hinter mir; deren Eingreifen beschränkte sich allerdings größtenteils darauf, mich anzubrüllen, dass ich die Diebin doch loslassen solle. Nachdem ich das nach wiederholter Aufforderung auch getan hatte, verschwand sie erwartungsgemäß in der Menge.

Andreas Düren (kurze weiße Hose) wird von Linksradikalen zu Boden gebracht, getreten und geschlagen
Lebensschutzveranstaltungen sind in der Regel gut geschützt, weil die Polizei um das Konfliktpotenzial der Linksradikalen weiß. Waren keine Beamten da, um Ihr Demonstrationsrecht zu wahren und Sie zu schützen?

In Berlin scheint man beim Marsch für das Leben keinerlei Risiken eingehen zu wollen, sperrt die Flächen großräumig ab und unterbindet Kontakte zwischen den beiden Gruppen, wo immer möglich. In Köln waren beide Versammlungen ohne jegliche bauliche Trennung wie etwa Zäune oder Ähnliches auf demselben Platz. Als auf dem Heumarkt die Lage eskalierte, waren vermutlich lediglich etwa 40 Polizisten dort, während der Rest wohl mit den Blockaden und dem Marsch beschäftigt war.

Diese geringe Zahl an Polizeikräften war fast durchgehend damit beschäftigt, die große Bühne zu bewachen und schien von den Angriffen auf unseren Stand auch nach wiederholten Hilferufen unbeeindruckt. Ein Polizist sagte einem Zeugen, der um Polizeischutz für den Stand bat, der gerade geplündert und demoliert wurde, dass sie dafür nicht zuständig sei.

Also war die Polizei überfordert?

Es zeichnete sich sehr früh ab, dass die Polizei nicht in der Lage war, die geplante Durchführung der Kundgebung und des Marsches zu garantieren. Was mich allerdings schon überraschte, ist, dass sie nicht einmal in der Lage war, für die Sicherheit der Teilnehmer zu sorgen.

Wieso ist Ihnen das Info-Material so wichtig? Geht die körperliche Unversehrtheit nicht vor?

Anfangs ging ich noch nicht von so viel Gewaltbereitschaft aus, sonst hätte ich die Diebin auch nicht verfolgt und festgehalten. Es wurde leider dann schnell klar, dass aufgrund der einschüchternden Bedrohungssituation ein ordentlicher Abbau oder auch der sichere Rückzug aus der Menge – selbst ohne Standmaterialien – nicht mehr möglich war, obwohl die Polizei lediglich wenige Meter weiter stand.

Ab da beschränkten sich meine Bemühungen darauf, die große Menge von Gegendemonstranten, die unseren Stand umzingelt hatten, davon abzuhalten, uns komplett zu überrennen.

Haben Sie in der Vergangenheit schon tätliche Angriffe gegen Ihre Infostände erleben müssen? Oder war das diesmal eine neue Qualität der Gewalt?

Dass an unseren Ständen oder Versammlungen Vandalismus ausgeübt wird, ist an sich nicht sonderlich ungewöhnlich. Allerdings haben wir etwas in dieser Form noch nie erlebt, insbesondere die Gewalt gegen Personen.

Mehrere hundert Gegendemonstranten blockierten den Marsch für das Leben, einige von ihnen bedrängten und attackierten Teilnehmer
Die Polizei war mit zu wenig Einsatzkräften vor Ort und konnte nicht alle der rund 2.500 Marsch-Teilnehmer schützen
Warum provoziert der Lebensschutz so sehr, dass sich Hunderte Menschen an einem Samstagnachmittag aufmachen, um gegen eine friedliche Kundgebung zu protestieren?

Die Methoden und Aktionen, die die „Pro Choice“-Seite am stärksten angreift, sind meistens die Wirkungsvollsten im Einsatz für den Lebensschutz. Offensichtlich wird der zusätzliche Marsch in Köln als große „Gefahr“ angesehen. Ich hoffe daher auf eine noch größere Teilnahme im nächsten Jahr!

Der Lebensschutz muss raus aus der Defensive. Wir dürfen uns nicht von unseren Opponenten diktieren lassen, welche Aktionen wir durchführen und welche Methoden wir nutzen dürfen!

Zur Person Andreas Düren und zu dem Verein „Sundays for Life“

Andreas Düren, Jahrgang 1994, verheiratet, drei Kinder, ist im Großhandel tätig. Zusammen mit seiner Frau Alicia sowie Freunden und Gleichgesinnten gründete er vor vier Jahren „sundaysforlife e. V.“ als gemeinnützigen, konfessionslosen und überparteilichen Verein. Alles begann auf dem Augsburger Rathausplatz, wo die Gruppe seitdem einmal wöchentlich am Sonntagmittag Präsenz zeigt und mit den Passanten über Abtreibung ins Gespräch kommen will. Ziel ist es, darüber zu informieren und aufzudecken, was Abtreibung dem ungeborenen Kind und der Frau antut, die öffentliche Meinung über die Tötung von ungeborenen Kindern zu verändern und die Rechte der Schwächsten der Gesellschaft zu verteidigen. „Unsere Mission ist es, dauerhaften kulturellen Wandel anzustoßen und Abtreibung zu beenden.“

Haben Sie von Seiten der Politik oder der Kirchen eine Reaktion auf den Vandalismus und die Angriffe gegen Sie erhalten?

Mir sind bislang keine Reaktionen bekannt. Es gab auch keine Verurteilungen der Gewalt durch die Organisatoren der Gegendemonstration, die so eskaliert ist.

Der BDKJ hat sich im Vorfeld von den Lebensschutzkundgebungen distanziert. Auch in der CDU-Köln gab es einen Streit, weil der Vorsitzende den Marsch für das Leben in den Terminankündigungen auf der CDU-Website eingetragen hatte. Überrascht Sie das?

Mich überrascht das überhaupt nicht. Abtreibung als Übel abzulehnen, macht einen zum Mitglied einer absoluten Minderheit. Unabhängig von Religions- oder Parteizugehörigkeit.

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Kommentare

Kommentar
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Florian
Vor 1 Jahr 1 Monat

Vielen Dank für dieses Interview! (Wichtig zu hören!)
Ich habe die Aggressionen + Störmanöver in Berlin miterlebt. Allerdings war dort das Polizeiaufgebot massiv und Beamte waren immer schnell zur Stelle! Die falschen Feindbilder der Gegner + die Nichtbereitschaft zum Dialog sind schon bedrückend.

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Florian
Vor 1 Jahr 1 Monat

Vielen Dank für dieses Interview! (Wichtig zu hören!)
Ich habe die Aggressionen + Störmanöver in Berlin miterlebt. Allerdings war dort das Polizeiaufgebot massiv und Beamte waren immer schnell zur Stelle! Die falschen Feindbilder der Gegner + die Nichtbereitschaft zum Dialog sind schon bedrückend.