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Heidi Reichinnek und Ines Schwerdtner

Wie die neuen Linken-Stars Stimmung gegen ungeborene Kinder machen

Wer glaubt, dass die parlamentarischen Angriffe auf das Leben mit der Konstituierung des neuen Bundestags schwächer werden oder gar aufhören, der hat seine Rechnung ohne die Linkspartei gemacht. Zwei ihrer führenden Köpfe bewiesen dies anlässlich des sozialistischen „Internationalen Frauentags“.

Heidi Reichinnek, Spitzenkandidatin der Linkspartei zur Bundestagswahl und Fraktionsvorsitzende im Bundestag (594.000 Folger auf Instagram), und Ines Schwerdtner, Co-Chefin der Partei (58.000 Folger), sowie der Account der Bundestagsfraktion (86.000 Folger) veröffentlichten am Samstag ein Video mit der linken Dauerforderung nach einer Streichung des Paragrafen 218 Strafgesetzbuch, der Abtreibungen regelt. 

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Zur Erinnerung: Das Töten ungeborener Kinder ist in Deutschland rechtswidrig, jedoch unter Bedingungen straffrei, in manchen Fällen fällt auch die Rechtswidrigkeit weg. In den vergangenen 16 Jahren gab es mehr als 1,5 Millionen Abtreibungen. In dieser Zeit wurde jedoch nur eine einzige Frau nach Paragraf 218 StGB verurteilt. Dagegen kann jede Frau abtreiben lassen, die das tun möchte. Selbst wegen einer harmlosen, gut behandelbaren Lippenspalte werden ungeborene Kinder abgetrieben, wie ein Gynäkologe vor wenigen Tagen bestätigte.

Die Aussagen im Faktencheck

Umso perfider ist es dann, wenn zwei Spitzenpolitiker über ihre reichweitenstarken Accounts Fehlinformationen zu diesem Thema verbreiten. Wir nehmen die relevanten Äußerungen in dem Video unter die Lupe. Es geht schon los mit dem ersten Satz des 1:51 Minuten langen Videos:

„Mein Körper, meine Entscheidung.“

Reichinnek und Schwerdtner behaupten, bei einer Schwangerschaft gehe es ausschließlich um einen Körper. Doch das ist falsch. Unter dem Herzen der Mutter wächst ab dem Zeitpunkt der Befruchtung ein eigener Körper heran, mit eigener DNS, mit einem eigenen Entwicklungsprogramm.

„Über 80 Prozent der Menschen in der Gesellschaft halten es für falsch, das ein Schwangerschaftsabbruch rechtswidrig ist. Das sagt eine Umfrage des Familienministeriums.“

Hierbei beziehen sich die beiden linken Frauen auf eine Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) aus dem April 2024. Die Umfrage wird von Abtreibungsbefürwortern häufig als vermeintlicher Beleg für eine breite Zustimmung einer Abtreibungslegalisierung herangezogen. Corrigenda hatte sie bereits umfassend analysiert. Zum einen gibt es erhebliche methodische Zweifel an der Umfrage. Zum anderen kamen andere Erhebungen zu diesem Thema zu gänzlich anderen Ergebnissen.

„Da der Schwangerschaftsabbruch im Strafgesetzbuch gleich hinter Mord und Totschlag geregelt ist, kriminalisiert er also sowohl diejenigen, die ungewollt schwanger geworden sind, als auch die Ärztinnen und Ärzte, die diesen Abbruch durchführen wollen.“

Auch für diese Äußerung gibt es keine validen Belege. Das mussten auch jüngst die Politiker im Rechtsausschuss des Bundestages von Experten zu hören bekommen. Wie etwa die Jura-Professorin Frauke Rostalski dabei betonte, ergab sogar die ELSA-Studie, dass lediglich drei Prozent der Ärzte wegen der aktuell geltenden rechtlichen Regelungen keine Abtreibungen durchführten. Auch dafür, dass sich Schwangere, die abtreiben, kriminalisiert fühlen, gibt es keine Belege. Auffallend ist, dass die beiden Politikerinnen hier explizit von einer ungewollten Schwangerschaft sprechen und diese automatisch mit Abtreibung in Verbindung bringen. Das Wunder des Lebens steht außerhalb des Verfügungsrahmens der Frau.

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„Das Absurde ist ja, dass in der medizinischen Ausbildung nicht mal gelehrt wird, wie der Schwangerschaftsabbruch überhaupt funktionieren soll. Die angehenden Ärztinnen und Ärzte lernen es an einer Papaya.“

Diese Aussage ist formal richtig, inhaltlich jedoch nur teilweise. Eine Abtreibung ist ein einzigartiger medizinischer Eingriff. Wird er per Ausschabung durchgeführt, so ist er nahezu identisch mit der Behandlung einer Fehlgeburt, was Medizinstudenten sehr wohl lernen. Ebenso erfahren die Studenten bzw. Ärzte in der Weiterbildung, wie sie beraten und mit ethischen und moralischen Fragen umgehen. Eine medikamentöse Abtreibung oder eine solche per Vakuumaspiration (Absaugmethode) wird in der Medizinausbildung nicht direkt gelehrt. Allerdings können auch bei einer Fehlgeburt verbleibende Reste abgesaugt werden. Eine solche Kürettage wird sehr wohl beigebracht.

„Die Versorgungslage wird immer katastrophaler.“

Der Gynäkologe und Versorgungsforscher Matthias David, der selbst Schwangerschaftsabbrüche durchführt, betonte bei der Anhörung im Bundestag: „Die flächendeckende Versorgung ist gegeben.“ Es gäbe „keine Hinweise auf eine Verschlechterung oder Veränderung in der Arzt- oder Ärztinnenzahl“ (s. Aufzeichnung ab Minute 19).

DDR als Lösung?

Am Ende des Videos verweisen Reichinnek und Schwerdtner dann tatsächlich auf die DDR als Vorbild für Frauenrechte. „Genau da müssen wir wieder hinkommen.“ Tatsächlich erlaubte die DDR 1972 mit dem „Gesetz zur Schwangerschaftsunterbrechung“ die Abtreibung in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten ohne Angabe von Gründen. Die Abtreibung musste nach einer Beratung durch einen Arzt in einer entsprechenden Einrichtung stattfinden. 

Bis 1972 galten in der DDR nur eugenische und medizinische Indikationen. Die Bundeszentrale für politische Bildung fasst zusammen: „Der SED ging es keineswegs um das Selbstbestimmungsrecht der Frau als integralem Bestandteil einer politisch gewollten wie forcierten und gesellschaftlich akzeptierten Emanzipation.“

Sie geben vor, Frauen helfen zu wollen – bewirken aber was ganz anderes

„Keine schwangere Frau trifft diese Entscheidung leichtfertig. Es ist eine existentielle Frage für jede, die diese Entscheidung trifft“, sagen die beiden Linke-Politikerinnen am Ende des Videos. Interessant hierbei ist: Das Kind kommt mit keinem Wort vor. Es geht um die „existentielle Frage“ der Frau. Zutreffend ist, dass sich viele Frauen im Schwangerschaftskonflikt in einer sehr ernsten Krise befinden. Ob dies nur subjektiv oder auch objektiv der Fall ist, spielt keine Rolle, denn ihre Krise kommt ihnen so drückend vor, dass sie keinen anderen Ausweg sehen, als ihr Leibesfrucht abtreiben zu lassen. Wie aus Daten der größten nicht-staatlichen Hilfsorganisation für Schwangere in Not, Profemina, hervorgeht, wünschen sich die betroffenen Frauen Hilfe und eine Lösung des Konflikts. 

Reichinnek und Schwerdtner verfolgen unterlegt mit manipulativen und falschen Argumenten einen völlig falschen Ansatz. Würden sie Frauen im Schwangerschaftskonflikt helfen wollen, würden sie politische Rahmenbedingungen fordern, die Hilfe für Betroffene erleichtert und ein gesellschaftliches und strukturelles Klima erzeugen, in dem Kinder willkommen geheißen werden. So aber müssen sie sich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie vielleicht Frauen helfen wollen, mit ihrer Weise jedoch nichts anderes bewirken, als das Töten von ungeborenen Kindern – 50 Prozent davon sind weiblich – weiter zu normalisieren.

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