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Maskottchen Luce

Kulleraugen fürs Heilige Jahr

Es war kurz vor Halloween, als der Vatikan nicht etwa eine Kürbislaterne vor den Petersdom hängte, sondern etwas ganz anderes vorstellte: das offizielle Maskottchen für das Heilige Jahr 2025. Eine putzige kleine Gestalt im Manga-Stil, mit blauen Haaren und den genretypischen Kulleraugen, gekleidet in eine Art gelben Ostfriesennerz und grüne Gummistiefel. Gestatten: Luce (italienisch für „Licht“).

Bei der Vorstellung erklärte Erzbischof Rino Fisichella, die Inspiration für das Maskottchen sei dem Wunsch der Kirche entsprungen, „auch in der Popkultur weiterzuleben, die unsere Jugend so liebt“.

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Dass selbst die katholische Kirche für die Weltveranstaltung eines Heiligen Jahres, das immerhin seit über 700 Jahren regelmäßig gefeiert wird, mit einem Maskottchen antritt, ist so ungewohnt wie überraschend. Weniger überraschend war die beinahe reflexhafte Ablehnung, die der Figur aus konservativen Reihen entgegenschlug. Damit biedere sich Rom nur an den hedonistischen Zeitgeist an, knallbunt und inhaltsleer, hieß es. 

Auf kath.net zürnte ein Autor: „Die Kirche hat seit 2000 Jahren, wenn sie geistlich gesund war, die Kultur christlich geprägt. Und sie hat sich in den Momenten, in denen sie dekadent wurde, von der un- oder widerchristlichen Kultur prägen lassen.“ Um heute in der Welt den christlichen Standpunkt zu vertreten, solle die Kirche lieber „aus dem reichen Fundus von 2000 Jahren christlich geprägter Kunst schöpfen“.

Zirkelschluss, der ins Leere führt

Das klingt nach einem validen Argument, ist bei genauerem Hinsehen aber nur ein vehement vorgetragener Zirkelschluss. Das macht vor allem der Blick auf die Kirche in den ersten Jahrhunderten deutlich. In dieser Zeit konnte die junge Gemeinde noch nicht auf einen etablierten Kanon eigener Symbolik bauen. 

 

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Die entstand erst nach und nach aus dem eigenen Glaubensschatz und dem Kontakt zu der sie umgebenden Welt. Deren Teil sie zwar nicht sein wollte, die aber die einzelnen Mitglieder durch Sprache und Gewohnheiten prägte und damit ihren Weg auch in die Kirche fand.

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So übernahm, adaptierte und überformte die alte Kirche manches aus ihrer heidnischen Umgebung. In der Liturgie zum Beispiel lebte die lateinische Sprache noch lange nach dem Untergang des Imperiums weiter, so wie das Pontifikalamt im alten Ritus noch bis ins vergangene Jahrhundert Elemente des antiken, ursprünglich orientalischen Hofzeremoniells enthielt.

Das Bewusstsein, dass christliche Kultur immer im Wechselspiel verschiedenster Einflüsse entsteht und sich fortentwickelt, ist gerade bei traditionsbewussten Katholiken sehr lebendig. Nicht nur für Traditionalisten sind Leben und Lehre der frühen Kirche Maßstab und Richtschnur für kirchliches Leben, Beten und Verkündigen.

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Das mag ein Grund dafür sein, dass gerade „Tradikreise“ Luce freundliche Sympathie entgegenbrachten. Und wie! Innerhalb von kurzer Zeit wurde Luce zum Meme und ging viral. Zahllose Beispiele von Fanart fluteten die sozialen Netzwerke, von X bis TikTok hunderttausendfach geliked.

„Aber der Künstler!“ hielten Kritiker dagegen. Luces Erfinder, der Italiener Simone Legno, manchen durch seine Marke „Tokidoki“ bekannt, arbeitet schon lange mit Anleihen vom japanischen Manga- und Anime-Stil. Dabei hatte er auch Produkte für den „Gay Pride“ und eine Vibrator-Linie entwickelt. Kaum der geeignete Mann, um eine kirchliche Aktion auszustatten, sondern für Kritiker Grund genug, sein Projekt Luce als unglaubwürdig zu verwerfen.

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Künstler vs. Konvention

Dass Künstler nicht immer den gesellschaftlichen Konventionen entsprechen, sogar Verbrecher sein können, ist eine Binse. Das hat die Kirche auch in früheren Jahrhunderten trotzdem nicht davon abgehalten, ihre Werke zur Verherrlichung Gottes einzusetzen. Hier sei nur an zwei besonders beeindruckende Künstler erinnert, die zugleich Gewaltverbrecher waren: Carlo Gesualdo, Fürst von Venosa, gehörte zu den begnadetsten Komponisten seiner Zeit. 

Im Jahr 1590 aber erwischte er seine Frau mit ihrem Liebhaber – und brachte beide in überschäumender Wut um. Für den Rest seines Lebens litt er unter dieser Tat (für die er, den Bräuchen seiner Zeit entsprechend, nie zur Rechenschaft gezogen wurde). Und schuf so Werke von außergewöhnlicher Eindruckskraft.

Das gilt auch für seinen Zeitgenossen Michelangelo Caravaggio. Seine im damals unerhörten helldunkel-Stil gemalten Bilder ließen niemanden unberührt. Entweder waren die Betrachter von der realistischen Bildgewalt seiner Werke tief betroffen – oder lehnten seine allzu menschlichen Heiligendarstellungen als Skandal ab. Den gab es dann auch wirklich, als der stets streitlustige Maler im Jahr 1606 nach einer verlorenen Wette eine Prügelei vom Zaun brach. Dabei tötete er seinen Kontrahenten und floh nach Süditalien, wo er vier Jahre später starb, der päpstliche Gnadenerlass kam zu spät.

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Natürlich soll Simone Legno nicht mit den Künstlergrößen Gesualdo oder Caravaggio gleichgestellt werden. Aber dass Gott auch auf krummen Wegen gerade schreibt, wer könnte das besser bezeugen als diese beiden? Und uns Nachgeborenen zudem ein wenig mehr Gelassenheit lehren?

Da ist es also, das „Aggiornamento“, das sich der hl. Papst Johannes XXIII. so sehr für die Kirche gewünscht hat. Keine künstliche Verrenkung eines selbst schon längst wieder aus der Mode gekommenen „Sacro-Pop“, keine modernistischen Verhunzungen des Messritus durch „Ich weiß es besser als Rom und der Hl. Geist“-Priester. Vielleicht bleibt Luce nur eine Sternschnuppe, die so rasch verglüht, wie sie aufgeleuchtet ist. Aber sie zeigt, dass in dem alten Laden Kirche sehr viel junges Leben steckt.

 

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