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Kolumne „Mild bis rauchig“

Nüchternheitssucht

Dass die „Antifa“ den Marsch für das Leben stört oder in aufsehenerregender Weise die gutbürgerliche Welt durcheinanderbringt, wissen wir. Auch dass sie es auf ein konservatives Christentum abgesehen hat. Dass die Antifa sich neuerdings auch um die künstlerische Gestaltung von Altarräumen kümmert, ist indes neu. So geschehen im oberschwäbischen Kloster Weingarten. Dort plant man derzeit eine Altarraumveränderung einschließlich einer klotzigen und teuren neuen Zelebrationsstätte.

Neben Stimmen aus der theologischen Fachwelt gibt es vor allem öffentliche Kritik der Bevölkerung an dem Projekt. Denn man spürt ein Unbehagen an der Erneuerung des bisherigen, in die barocke Formenwelt eingepassten Volksaltars durch eine neue Lösung, die eine neue zeitgenössische Formensprache spricht. Ein gefährlicher und ahnungsvoller Begriff. 

Die junge Theologin und Journalistin Alina Oehler hat kürzlich mit bemerkenswerter Treffsicherheit in der theologischen Zeitschrift Communio dazu eine profunde Kritik abgeliefert, in der sie den „Protz-Verdacht“ benennt, unter den kein zeitgenössischer Kirchendesigner geraten will. Angemessenheit und schließlich auch der Sinn barocker Architektur als Bühnendekoration für die Anwesenheit eines Gottes, dessen Wesen Wahrheit und Schönheit ist, werden zeitgeistlich hinwegretuschiert. 

Wenn sich die „Antifa“ für einen Kirchenumbau interessiert

Nun hat sich in die Widerstandsposse von Weingarten gar die „Antifa“ eingemischt und bekundet aus ihrer Sicht, das „Bauprojekt sei überflüssig, das Geld an anderer Stelle besser aufgehoben“. Dies ist zwar kein zugelassenes Argument in der Debatte um den Sinn von Kirchenkunst, aber dennoch darf man vermuten, es finde sich nicht nur Revolutionsgeist in der Stellungnahme der Antifa, sondern auch ein Gespür für die Schieflage des Preis-Leistungs-Verhältnisses, die sich in dem beflissenen Neo-Protz hochpreisiger Schlichtheit des üblichen Bauhausfetischismus abbildet, der sich seit Jahrzehnten ungebrochen als Kulissenprogramm für unsere Alltagswelt am Leben erhält. 

Sie wird geprägt von dem, was man unserem Zeitalter ohnehin als Charakterzug zuordnen kann, und dies ist der einer allumfassenden Entkleidung und Nüchternheit. Das Leben ist sachlich geworden. Das spricht sich an allen Ecken und Enden aus, angefangen von der Mode in Kleidung und Design über die Architektur bis hin zur Sprache und zu den Verhaltensweisen. Mag man es „cool“ nennen oder „sachlich“, eines ist gewiss: unsere Tage sind nicht gerade von Überschwang und Emotionalität geprägt. 

Zumal in Deutschland kommt das der Mentalität unserer Nation sehr entgegen. Weit entfernt davon, überschwänglich zu sein wie die Südeuropäer oder gefühlvoll wie die Osteuropäer, sind wir in unserem Land von der intellektuellen Kühle und Nüchternheit geprägt, die alles und jedes erst einmal kritisch prüft, bevor man sich entscheidet, ein Gefühl zu entwickeln. 

Nüchternheitskult und Bauhausfetischismus

Ganz so, wie es der Nüchternheitskult eines Charles-Édouard Jeanneret-Gris ausgeprägt hat, der in den 1920er Jahren unter dem Pseudonym „Le Corbusier“ die Wohnwelt revolutionierte und dessen vom Esprit Nouveau beatmeten Entkleidungen der menschlichen Lebenswelt recht schnell zum Standard einer vermarktungsfähigen Avantgarde wurden. Keine Wanddekorationen, keine Tapeten, überhaupt eine Abkehr von allem Schmückenden, Funktionalität in brutaler Nacktheit und Kargheit. 

Es ist in der Folge dieser Nüchternheitssucht geradezu suspekt geworden, sich schön zu kleiden, schön zu sprechen, Wert auf eine gewisse Form zu legen. Offizielle Kleidung ist ein Reservat für Banker geworden, und auch in der Sprache sind gepflegte Formen so gut wie ausgestorben. Selbst in Parlaments- oder Abiturreden bleibt man in einer schnörkellosen Sachlichkeit, wenn nicht sogar Banalität stecken, in jedem Fall vermeidet man alles, was nach Verpackung riecht. Neuerdings muss auch die Krawatte im Schrank bleiben.

Weitere Alltagsbeispiele gibt es genug. Schon die Morgennachrichten geben ein Zeugnis davon. Nüchterne Zahlenwerke, Analysen und Kommentare entlassen einen in den sachlichen Alltag. Farblos gekleidet und mit grimmiger Miene schreitet man dann in die Schule oder an den Arbeitsplatz, um sich dort – nach einem eher spärlichen Morgengruß – seiner Sache zu widmen, wenn man nicht gleich im unbeobachteten und gänzlich formlosen Homeoffice geblieben ist. 

Leichtfüßigkeit, Herzlichkeit und Freundlichkeit, Muße und spielerischer Umgang miteinander mit Höflichkeit und Grazie sind – wenigstens in Deutschland – selten geworden. Was unsachlich ist, gilt schnell auch als unproduktiv, vielleicht sogar als untauglich für diese Welt, wo es ums Forschen, Kaufen, Produzieren und Fit-Sein geht.

Früher Bibel, heute „Leitfaden zum positiven Denken“

Auch die Freizeitstätten hat die Sachlichkeit und Entkleidungssucht erreicht. Da, wo man einst gerade den Abstand von der werktäglichen Welt suchte und sich in Gasthöfen oder Hotels mit Gemütlichkeit umgab oder sich in sonntägliche Wohnzimmerruhe versetzte, hat heute die Nüchternheit der Arbeitswelt Einzug gehalten. 

An einfachen Merkmalen kann man das ablesen: Teppiche, die ein typisches Zeichen für die Ruhe einer Behausung waren, werden herausgerissen und von trittschallintensiven Laminatböden ersetzt. Vorhänge verschwinden von den Fenstern und geben das Innenleben der Wohnungen und Häuser wie ein Schaufenster sehr geschäftlich den Blicken aller preis, die draußen stehen. 

Eingangshallen selbst klassischer Hotels werden ihrer Sessel beraubt und mit laptop-geeigneten Pulten und Stehtischen ausgestattet. Immer und überall soll der Mensch in der Lage sein, seinem Beruf nachzugehen. Da, wo früher eine Bibel in den Schubladen der Hotelzimmernachttische lag, findet man heute den „Leitfaden zum positiven Denken“ mit dem Ziel der Steigerung der Produktivität. 

Und selbst das Essen und Trinken wird auf das Zusichnehmen von mehr oder weniger schnell hergestellten oder aufgewärmten Speisen reduziert, die man auf rohen Tischen und in sachlich gestylten Restaurants serviert bekommt – oftmals je nach Landesteil von unlustig teilnahmslosen Kellnern, die den Eindruck vermitteln, ihr Service sei eine unverdiente Zusatzleistung. 

Im Himmel ist alles andere als Nüchternheit angesagt

Welch andere Sprache sprechen da Gotteshäuser wie die Klosterkirche in Weingarten, die Wies, die Birnau oder der Petersdom. Sie sind das Gegenteil von Entkleidung und Sachlichkeit, sie prahlen geradezu unverschämt stolz mit ihrem barocken Festgewand. Sie sind ausgestattet mit Stuckaturen und glänzenden Farben. 

Basilika St. Martin in Weingarten: Das Gegenteil von Entkleidung und Sachlichkeit, sie prahlt geradezu unverschämt stolz mit ihrem barocken Festgewand

Sie sind in Bewegung gesetzt durch die Szenerien, die sich in den Fresken abbilden. Sie machen eine Bühne auf und gewähren einen Blick in den Himmel, in dem es – wenn die Heilige Schrift Recht hat – nicht schlicht, sondern üppig zugeht, in dem alles schön und froh und licht ist und Glanz und Pracht herrschen, die Merkmale der Paläste der Könige. 

Im Himmel ist alles andere als Nüchternheit angesagt. Dort ist alles prunkvoll und bewegt, dort herrschen Überschwang und Pracht. Oje... Pracht..., ein Begriff, der heute selbst in der Kirche einer gefährlichen Missachtung und Ablehnung unterzogen wird. Denn wenn Prunk und Pracht in ein negatives Licht unangemessener pompöser Umhüllung gerückt werden, dann beginnt von dort aus eine nicht ungefährliche Entkleidung dessen, den sie umhüllen. 

Es beginnt eine Versachlichung Gottes, der am Ende nicht mehr Majestät ist, sondern ein dienstbarer Kollege, den man für die Stärkung seines Egos benutzen kann. Da wo die rheinischen Karnevalszüge noch von „Prunksitzungen“ und „Prunkwagen“ sprechen dürfen, hat man sich in der Kirche schon vor langer Zeit entschieden, sich die Pracht und den Prunk als Hülle für den unsichtbaren Gott zu verkneifen. 

Angefangen von den Ernüchterungen der Nachkriegszeit über die missverstandenen Gehorsamsakte nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, in denen man weitere Entkleidungen in den Kirchen vornahm, bis hin zu den Auswüchsen mancher Kirchenrenovierung, in der nicht nur entrümpelt, sondern der Mensch und seine nicht immer förderlichen Bedürfnisse in einen zweifelhaften Mittelpunkt gerückt wurden.

Nicht bloße Dekoration: Es ist die unverhüllte Gegenwart Gottes

Ganz anders die barocke Lust am Himmlischen. Sie zieht gleichsam den Gotteshäusern ein prachtvolles Festgewand an, das optisch in das hineinversetzt, was einen an heiliger Stätte unsichtbar umgibt. Es ist die unverhüllte Gegenwart Gottes, deren Abbild auf Erden in der heiligen Liturgie gefeiert wird - ja, mehr noch, in die man gleichsam eintaucht und an ihr teilnimmt. 

Die Ausstattung dieser Kirchen ist nicht bloße Dekoration und Verschönerung. Sie gibt nicht nur den Geschmack einer bestimmten Zeit oder einer bestimmten Gegend wieder. Sie versucht mit sinnenhaften Mitteln das zu verdeutlichen, was sich hinter dem Schleier des Geheimnisses in der Liturgie vollzieht: die Huldigung Gottes im Himmel durch die Engel und Heiligen, die Ihn lobpreisen Tag und Nacht. 

 

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Es wird auf eine sehr plastische Weise nahegebracht, was die Liturgie eigentlich ist: eine Teilnahme an der Welt des Himmels – sozusagen auf dieser Seite des Vorhangs, hinter dem sich die Fülle der Gottheit verbirgt. Auf der Außenseite des Vorhangs sind deswegen abbildhaft alle dargestellt, die – wenn auch nicht für die Augen sichtbar, so doch real – bei der Feier zugegen sind: Christus, der Ewige Hohepriester, die Erlösten und die Engel, die als Teil der unsichtbaren Schöpfung zu Gottes Lob geschaffen sind. Und die immer schon das tun, zu was auch die Menschen berufen sind: Gottes Lob zu singen. 

Das „heilige Theater“ führt in die reale Nähe Gottes

Das „heilige Theater“ der Liturgie führt einen nicht in eine unwirkliche Welt oder in die Welt eines ungedeckten „Als ob“, sondern in die reale Nähe Gottes. Die Liturgie muss deswegen schön sein und alles, was auf sie hingeordnet ist: Gesänge, Gewänder, die Sprache, Kelche, Skulpturen, Musik, Bilder und nicht zuletzt auch die Gebärden, die nichts Alltägliches haben dürfen. All dies muss den Ballast des Irdischen abgeworfen haben, bevor es zum Einsatz kommt. Sonst wird die Feier trostlos. 

Die äußeren Formen der Liturgie haben zu allen Zeiten dem Anspruch genügen wollen, in heiligem Spiel den Himmel abzubilden. Sie waren deswegen erhaben, denn es ist eine himmlische Herrlichkeit, die sie darstellen sollen. Sie waren schön, denn die Schönheit ist ein Wesenszug Gottes, die in Malerei, Architektur und Musik ihren Niederschlag finden muss. Die Liturgie war in keiner Epoche nüchtern, denn sie ist ein irdischer Ausdruck der Überfülle göttlicher Barmherzigkeit und Güte. 

Die grandiose Barockanlage der Weingartener Klosterkirche verkörpert in ihrer Ausstattung unzweifelhaft das, was Liturgie ist: ein Akt der Anbetung und nicht der Belehrung, ein Lobpreis und ein Jubel vor dem lebendigen Gott, wodurch der Mensch seine wahre Berufung findet, als Geschöpf vor dem Schöpfer zu singen und zu spielen. Aus diesem Grund ist es ein eindeutiger Vorteil für die liturgische Handlung, wenn auch optisch die Haltung der Gläubigen bei der Feier der hl. Messe auf Gott ausgerichtet ist und nicht durch den sogenannten „Volksaltar“ die gefährliche Meinung entsteht, die heilige Liturgie spiele sich als Kommunikation zwischen Priester und Gemeinde ab. 

Nein, die Liturgie ist eine Kommunikation zwischen den Menschen und Gott. Und deswegen ist es doch nur naheliegend, dass sich die Gemeinde und der Priester bei der Feier des Gottesdienstes Gott gemeinsam auch körperlich zuwenden, statt zueinander, wo sie nichts von Gott finden können, sondern nur in ihrem ewigen Kommunikationskokon eingepuppt bleiben. Es gilt vielmehr sich selbst zu vergessen, so wie es auch die Engel des Himmels tun, um den Allmächtigen zu ehren, die ganz darin aufgehen, sich in Gott zu versenken und darin ihrer besonderen Bestimmung nahezukommen.

Nun ist aber diese Dimension der Liturgie, so wie die Kirche sie über zwei Jahrtausende verstanden hat, seit den Reformen der Zweiten Vatikanischen Konzils arg verdunkelt worden. Statt die Menschen enger und näher an Gott zu binden hat im Zuge einer absichtsvollen Ignoranz der Konzilstexte eine Loslösung von Gott stattgefunden. 

Statt die Ehrfurcht und die Frömmigkeit der Gläubigen zu fördern, wurden sie durch die Umwendung der Altäre auf etwas anderes ausgerichtet: auf die Person des Priesters, die plötzlich nicht mehr unter Gewändern und Riten verschwand, sondern auf eine fatale Weise wichtig wurde, auf die Mitteilungen, die er zu machen hat, auf sich selbst, denn die Gemeinde erwartete nun in erster Linie nicht mehr Lobpreis und Anbetung, sondern Belehrung und Lebenshilfe. 

Wer die Schönheit zerstört, verjagt Gott aus den Herzen der Menschen

Und die Wesensmitte der Liturgie, die Anbetung Gottes, blieb weitestgehend auf der Strecke. Die Musik wurde banal und alltäglich, die Formen der Gewänder und Geräte entbehrten mit der Zeit jeden Glanzes und jeder Schönheit. Die Nüchternheit, die nach den Entrümpelungen siegreich überall zurückblieb, verunmöglichte flächendeckend die Erfahrung, die man mit jeder guten Kirchenkunst machen kann. 

Denn die zwingt einen in die Knie, weil sie von der ehrfurchterregenden Nähe Gottes spricht, von einer Nähe, die erschrecken soll, weil sie so wunderbar ist, weil sie das nicht zu erwartende und dennoch reale Heil bedeutet. Nichts darf geschehen, das diese Erhabenheit und Heiligkeit nimmt. Nichts darf deswegen auch die Schönheit verjagen, die nichts anders ist als der Spiegel Gottes in der Zeit. Wer sie zerstört, verjagt Gott aus den Herzen der Menschen. 

Welch ein Trost sind da doch alle wahren und schönen Gotteshäuser, die einen den Saum des Gewandes berühren lassen, in dem Christus durch die Zeit geht. Und die selbst die jenseits des Religiösen rangierende Antifa intuitiv davor bewahrt, von den Schneidern unsichtbarer Gewänder verführt zu werden, die weder den Gläubigen noch den Zweifler recht bekleiden können.

 

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Kommentare

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Kommentar
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Peter Schafranek
Vor 1 Woche 4 Tage

Einfach grossartig - und das Beste ist : Pfarrer Rodheudt praktiziert die Schönheit der Liturgie auch in seinen Gottesdiensten !

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Dr. Gerald Seidel
Vor 1 Woche 4 Tage

Vielen Dank für das - im doppelten Wortsinn - WUNDER-SCHÖNE Glaubensbekenntnis!!! :-)

Beinahe wäre ich als Liebhaber der (relativen) Schlichtheit gotische Kathedralen, die ihre Schönheit aus der auf Gott in der Höhe hinweisenden Form ziehen, im Bauhaus-Bashing des Anfangsteils steckengeblieben. Ist nicht die profane Sachlichkeit der täglichen Arbeitswelt das perfekte Gegenstück zur sakralen Schönheit und Fülle des Sonntags?!! Ab "Im Himmel ist alles andere als Nüchternheit angesagt" ging mir dann völlig das Herz auf ... :-)

DANKE!

P.S.: Der Hochaltar wird m.E. auch aus ökumenischer Sicht unterschätzt: Oder würde jemals ein orthodoxer oder koptischer Priester auf die Idee kommen, die Heilige Messe in westliche Richtung zu feiern? Im Osten geht die Sonne auf ... schlicht und ergreifend ... ;-)

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Romana
Vor 1 Woche 4 Tage

Volle Zustimmung! Solange jedoch die Gläubigen nicht anfangen, ihre Funktionsjacken und Turnschuhe und Omas Wollröcke daheimzulassen, zu duschen, ein Parfum anzulegen und die Damen noch Make-Up, sprich im Sonntagsstaat und gepflegt einer heiligen Messe beizuwohnen, hilft die schönste Kirche nichts. Diesen Widerspruch erkennen die meisten nicht einmal: sie erwarten himmlische Liturgie und erscheinen selbst in Räuberklamotten. Traurig!

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Dr. Gerald Seidel
Vor 1 Woche 3 Tage
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Andreas Graf
Vor 1 Woche 4 Tage

Ein Hauptgrund, weshalb die Barockanlage der Weingartener Klosterkirche so grandios erbaut wurde, dürfte der kostbare Schatz sein, der hier eine Herberge gefunden hat, nämlich die Heilig-Blut-Reliquie, die hier seit 1094 n. Chr. aufbewahrt wird. Auf einem samtenen Kissen ist die Heilig-Blut-Reliquie im Unterbau des Heilig-Blut-Altars hinter Panzerglas in der Basilika zu sehen. Die Kritik an der Zerstörung des Kirchenraumes ist also mehr als verständlich. Die Vergangenheit hat gezeigt, wo solche Kostbarkeiten nach Umbauten oft landen, nämlich in der Abstellkammer. In Weingarten findet nicht nur ein Umbau statt, sondern ein Angriff auf die Substanz unseres Glaubens. Der Umbau geht entschieden zu weit. Kostbarstes Blut Jesu Christie, rette uns und die ganz Welt!

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Peter Schafranek
Vor 1 Woche 4 Tage

Einfach grossartig - und das Beste ist : Pfarrer Rodheudt praktiziert die Schönheit der Liturgie auch in seinen Gottesdiensten !

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Dr. Gerald Seidel
Vor 1 Woche 4 Tage

Vielen Dank für das - im doppelten Wortsinn - WUNDER-SCHÖNE Glaubensbekenntnis!!! :-)

Beinahe wäre ich als Liebhaber der (relativen) Schlichtheit gotische Kathedralen, die ihre Schönheit aus der auf Gott in der Höhe hinweisenden Form ziehen, im Bauhaus-Bashing des Anfangsteils steckengeblieben. Ist nicht die profane Sachlichkeit der täglichen Arbeitswelt das perfekte Gegenstück zur sakralen Schönheit und Fülle des Sonntags?!! Ab "Im Himmel ist alles andere als Nüchternheit angesagt" ging mir dann völlig das Herz auf ... :-)

DANKE!

P.S.: Der Hochaltar wird m.E. auch aus ökumenischer Sicht unterschätzt: Oder würde jemals ein orthodoxer oder koptischer Priester auf die Idee kommen, die Heilige Messe in westliche Richtung zu feiern? Im Osten geht die Sonne auf ... schlicht und ergreifend ... ;-)

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Cyprinus
Vor 1 Woche 4 Tage

Ihre Gegenrede findet meine volle Resonanz. Ich habe sie sogar mit barocker, kindlicher Freude gelesen, obgleich oder gerade weil mir Ihre Ausführungen aus tiefer geistlicher Sorge verfasst erscheinen. Sogar sehr tiefgründiger, die im ›ppp‹ Bedrohliches anspricht: „Was unsachlich ist, gilt schnell auch als unproduktiv, vielleicht sogar als untauglich für diese Welt, wo es ums Forschen, Kaufen, Produzieren, und Fit-Sein geht.“ Insgesamt für mich eine in ihrer Kürze brillante Streitrede für « L'coeur a ses raisons …», deren Entsorgung man nicht erst seit gestern als Kompetenz feiert. Ich denke, Abraham A Santa Clara und Heinrich Lützeler würden Ihnen zustimmen.

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Andreas Maase
Vor 1 Woche 5 Tage

Ein evangelisch-lutherischer Sonntagsgottesdienst ist heute regelmäßig feierlicher als sein römisch-katholisches Pendant, weil Predigt und Musik zusammenklingen, und dies in oftmals sehr eindringlicher Weise als semantische Zuspitzung auf den jeweiligen Predigttext als zu verkündendes Gotteswort (ich schreibe aus der württembergischen Landeskirche mit ihrer strengen, "oberdeutsch" und damit teils reformiert geprägten Liturgie). In der heutigen römisch-katholischen Messe fehlt es hingegen meist schon an jeglichem Anspruch, geschweige denn irgendeinem Zusammenklang von Predigt und Musik, sodass der von Rodheudt thematisierte Ausfall der semiotischen Sphäre von Architektur und Ritual letztlich sogar dahinstehen kann: All diese Dinge sind Vergangenheit und werden nicht wiederkehren, es sei denn, gleichsam als die Art ohne die Weise, die im Katholizismus bei heutigen Zelebrationen der "alten" Messe besichtigt werden kann. Die Symphonie der Sinne, von der auch Weingarten zeugt, bedarf des Hintergrundes einer ganzen Lebenswelt, die es im Abendland allenfalls in der Gestalt jener zweiten, unschöpferischen Religiosität noch einmal geben wird, die etwa Spengler oder Toynbee als religiösen Ausdruck der bereits untergegangenen, zu Zivilisation erstarrten Kultur ansehen. Der Schächer am Kreuz zu Seiner Rechten, von dem Luther schrieb, er sei der erste Christ gewesen, bleibt als einziges Paradigma für das, worum es geht: Um die Rechtfertigung des Gottlosen aus dem Glauben allein.

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Dr. Gerald Seidel
Vor 1 Woche 4 Tage

Dass früher alles besser und frommer war, wage ich zu bezweifeln. Und doch schmerzt es sehr, das alte Abendland langsam verdorren zu sehen. Aber es kann auch wieder neue Triebe hervorbringen - und das tut es auch, gespeist aus den Quellen der Weltkirche. Ich denke da z.B an den indischen Priester und die syrische Mesnerin meiner Heimatgemeinde ...

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Andreas Graf
Vor 1 Woche 5 Tage

Sie aber sagten zu ihm: "Die Jünger des Johannes fasten häufig und verrichten Gebete, ebenso auch die der Pharisäer; die deinigen dagegen essen und trinken?" Jesus aber sprach zu ihnen: "Könnt ihr denn die Hochzeitsgäste fasten lassen, solange der Bräutigam bei ihnen ist? Es werden aber Tage kommen, da ihnen der Bräutigam genommen sein wird, und dann werden sie fasten an jenen Tagen." (Lk. 5, 33-35)

Der Prunk- und Protzverdacht begegnet einem seit Jesu Zeiten neidvoll immer wieder. Wir Katholiken leben in der beständigen Gegenwart Gottes, mit dem Göttlichen Bräutigam Jesus Christus in der Hl. Eucharistie. Diese Hl. Gegenwart bezeugen wir weiter mit allen Mitteln, mit der die Künstler in der Vergangenheit der hochzeitlichen Freude in der Schönheit des Altars einen Ausdruck verliehen haben. Der prunkvolle Schmuck ist der Ausdruck unserer Freude am Herrn. Es scheint, als seien die trostlosen Tage gekommen, an denen der Bräutigam genommen sein wird. Die Klosterkirche in Weingarten ist ein weiteres trostloses Beispiel in der Nachkonzilsära.