Direkt zum Inhalt
Zurück zur Wirklichkeit

Das Ende der „Regenbogen-Kultur“

Toleranz, Vielfalt und Weltoffenheit sind die Kernmotive der „Regenbogen-Kultur“ (Andreas Rödder), die ehemalige politische Linke und ihre Wohlstandsvariante, die Grünen, zur dominanten Weltanschauung erhoben haben. Diese stößt in unseren Tagen nach außen und innen allerdings an ihre Grenzen und steht daher vor ihrer Ablösung durch ein neues Paradigma. 

Der Versuch einer Universalisierung der westlichen Werte hat in der internationalen Politik ein Desaster nach dem anderen angerichtet. Die Interventionen im Orient haben von Afghanistan bis Mali die Lage zusätzlich destabilisiert und damit Migrationsströme nach Europa erst befeuert.

Die Selbstausdehnung des Westens ist gescheitert

Die Selbstausdehnung des Westens in die russische Hemisphäre hinein hat in der Ukraine einen Krieg mitversursacht, der sich bei mehr Respekt vor einer multipolaren Weltordnung und damit auch vor den Grenzen des Westens hätte vermeiden lassen. Die weltweit agierenden islamistischen Bewegungen und die sich gegen den Westen zusammenschließenden autoritären Mächte Russland und China treiben den Westen von seiner angemaßten Universalität in eine prekäre Defensive.

Gemäß den postkolonialen Ideologien zerfällt die Welt in Gut und Böse, in Täter und Opfer. Den leistungsschwachen Kulturen fällt die Rolle des guten Opfers zu. Der grenzenlose Hass auf Israel, den die Regenbogenkultur seltsamerweise mit Islamisten teilt, erklärt sich nicht zuletzt aus dem Entwicklungsversagen der islamischen Welt. 

Die Leistungen Israels und der westlichen Welt gefährden in der islamischen Welt den Glauben an die Überlegenheit der eigenen und im Westen den Glauben an die Gleichheit der Kulturen. Gemeinsamer Feind ist der politisch oder religiös „unreine“ Westen, der weder den totalitären Ansprüchen diesseitiger noch jenseitiger Heilslehren gerecht wird.

Globales Denken führt zu lokalem Ruin

Innerhalb der westlichen Welt löste dies keine heilsame Einsicht in die eigenen Grenzen aus, sondern steigerte die utopischen Energien zu jenem „One-World-Globalismus“. Widersprüche in der Vielfalt lösen sich im allgegenwärtigen Regenbogen auf. Wo dieser Glaube nicht erwünscht ist, bringt er eher Fundamentalismus und Nationalismus hervor. Statt in Selbstbegrenzung schlägt er, angetrieben durch postkoloniale Studien, in Selbstanklagen um, die die Defizite im globalen Süden dem Westen anlasten.

Globales Denken leitet über zu lokalem Ruin. Die Fortsetzung der Weltoffenheit in den offenen Grenzen Europas hat Europas Gesellschaften in ihren Aufnahmekapazitäten gegenüber Migranten aus fremden Kulturkreisen heillos überfordert. Nach innen enden Toleranz und Offenheit, sobald eben diese Werte kritisiert werden. Da ihre Anliegen gut seien, gilt jeder Widerspruch als böse. 

Für Rationalität ist in diesem Moralismus kein Platz. Die einst offenen Gesellschaften sind statt von demokratischen Diskursen von scharfer Polarisierung gekennzeichnet.

Ersatzreligionen fehlt die Transparenz

In der westlichen Welt erreicht das Bekenntnis zum Christentum immer neue Tiefstände. Doch gemäß dem Energieerhaltungsgesetz verschwinden die im Menschen angelegten Sehnsüchte nicht, sie transformieren sich. Der neue Bund wird nicht mit Gott, sondern mit uns selbst geschlossen. Den Ersatzreligionen gemeinsam ist ihr Fehlen von Transzendenz

Seiner Herkunft und Transzendenz beraubt, weiß der profanierte Mensch nicht mehr zwischen Relativem und Absolutem zu unterscheiden und erhebt sich selbst zum Mittelpunkt der Welt. Als Schöpfer seiner Selbst will er sowohl über sein eigenes Geschlecht wie über die künftige Weltordnung verfügen.

 

> Abonnieren Sie den Corrigenda-Newsletter und erhalten Sie einmal wöchentlich die relevantesten Recherchen und Meinungsbeiträge.

 

Wer „die Menschheit“ liebt, mag den Menschen mit seinen Schwächen und partikularen Interessen nicht. Gilt der Mensch nicht mehr – wie in der christlichen Anthropologie – als „Sünder allzumal“, so ist der Weg zur Selbstgerechtigkeit frei. Ihre Gefühle sagen den Guten, im Besitz der Wahrheit zu sein, aus der sie wiederum das Wissen um das Gute ableiten. 

Der Moralismus endet im beständigen Kampf der Guten gegen die Bösen. Für Konzepte und Strategien bleibt keine Aufmerksamkeit mehr übrig. 

Rationale Einwände helfen nicht

Gegen diesen ersatzreligiösen Heils- und Unheilsglauben helfen keine rationalen Einwände. Er verhilft ihren Propheten zugleich zur Priesterherrschaft, zur Wahrheit und Identität. Daher wird er um beinahe jeden Preis verteidigt. 

Der Abfall vom ersatzreligiösen Glauben vollzieht sich selten über ein Saulus-Paulus-Erlebnis. Es wird noch vieler schmerzhafter Zusammenstöße mit der Wirklichkeit bedürfen. Es bleibt uns also nichts anderes übrig, als die immer neuen Kollisionen mit der Realität, von den gescheiterten Interventionen, der Verdoppelung von Energiepreisen bis hin zum Verlust an Sicherheit und innerer Offenheit durchzustehen und aus ihnen dann die notwendigen Folgerungen zu ziehen.

Schöne Worte zerschellen an Schuldenbergen

Die Wirklichkeit spüren wir an den Wirkungen ihrer Übertretung. Das Reich der schönen Worte stößt schon lange an die Grenzen seiner Finanzierbarkeit. Die Schuldentürme der westlichen Staatenwelt symbolisieren die Verstiegenheit unserer Ansprüche. Aber auch dies fällt durch die Schuldendienste längst auf uns zurück. 

Mit den Wunschträumen vom globalen Heil sind allzu viele kleine Träume vom eigenen Auto, vom Eigenheim und vom Wohlstand geplatzt. Der lange Zeit gleichgültig mitlaufende Bürger kann und will den Preis für die woken Projekte nicht mehr zahlen.

Je mehr sich der Regenbogen als Fata Morgana entpuppt, desto eher werden sich die Notwendigkeiten einer Selbstbehauptung des Eigenen wieder durchsetzen. Zunehmend weniger gelingt es, die Warner und Mahner vor den Grenzübertretungen mit immer neuen Schmutzkampagnen gegen „rechts“ als Konkurrenten auszuschalten.

Zur Normalität gehört es, das Eigene zu schätzen

Aber die ständig recycelten Konflikte zwischen links und rechts, konservativ, liberal oder grün verlieren vor dem Paradigma einer Notwendigkeit zur Selbstbehauptung immer mehr an Sinnhaftigkeit.

Statt dem Rekurs auf veraltete Begriffswelten ließe sich der neue Hauptkonflikt danach unterscheiden, ob sie für Normalität oder deren Überschreitung eintreten. Zur Normalität gehört es, das Eigene zu schätzen und von daher Grenzen zu ziehen und diese zu bewahren.

Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, das Eigene überhaupt so weit zu kennen, dass wir es von anderem unterscheiden können. Normal ist es auch, seine eigenen, konkreten Interessen gegenüber dem angemaßten abstrakten Wissen über globales Heil oder Unheil zu behaupten. Normal ist es, sich gegenüber erklärter Feindschaft des Islamismus abzugrenzen.

„Bürger“ kommt von „Burg“

Erst ein großes bürgerliches Lager derjenigen, die etwas zu verlieren haben, könnte eine Politik der Normalität und des gesunden Menschenverstandes aufbauen helfen. „Brandmauern“ zwischen ihnen grenzen hingegen an Brandstiftung.

„Bürger“ kommt von „Burg“. Die sprachliche Herleitung verweist auf die Aufgabe eines jeden Bürgers, öffentliche Güter und damit auch sich selbst zu schützen. Mit der Normalität der Selbstbehauptung würde der woke Wertewesten erst wieder zu seinen eigentlichen Werten von einer subsidiär geordneten Politik, von Rechten und Pflichten gegenüber sich selbst und anderen und gegenüber einer diskursiven Offenheit zurückkehren.

 

› Kennen Sie schon unseren Corrigenda-Telegram- und WhatsApp-Kanal?

61
22

3
Kommentare

Comment

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.
Kommentar
0
Andreas Graf
Vor 1 Monat 1 Woche

Wenige Katholiken kennen Die Ständige Anweisung der Alta Vendita, ein im frühen 19. Jahrhundert geschriebenes Geheimdokument, einen Plan für die Unterwanderung der katholischen Kirche. Die Alta Vendita war die höchste Loge der Carbonari, einer italienischen Geheimgesellschaft, die mit der Freimaurerei von der katholischen Kirche verurteilt wurde. Die Carbonari - hauptsächlich in Italien und Frankreich tätig - waren in dieser Zeit das führende Zentrum der europäischen Freimaurerei. In seinem Vortrag Athanasius und die Kirche unserer Zeit zitiert Bischof Rudolf Graber einen Freimaurer, der ganz im Sinn der Alta Vendita erklärt: ,,Nicht mehr die Vernichtung der Kirche ist das Ziel der Freimaurer, sondern man sucht sie zu benützen, indem man in sie eindringt." Dementsprechend heißt es in der Alta Vendita: ,,Was wir verlangen, ist ein Papst nach unseren Bedürfnissen". Genau das haben wir jetzt, einen Papst der woken Regenbogen-Kultur, der die Bedürfnisse der Freimaurer umsetzt und vollendet, die der Roncalli-Papst Johannes XXIII. begonnen hat. Bezeichnenderweise kam von Papst Franziskus bis jetzt kein einziger Einwand gegen die Verhöhnung des letzten Abendmahls bei der Eröffnungsfeier der Olympiade von Paris. Das Freimaurertum ist am Ziel. Das "große bürgerliche Lager" gibt es nicht mehr. Die Burg wurde bis auf den Eckstein bis auf die Grundmauern niedergerissen und geschleift.

0
Josef
Vor 1 Monat 2 Wochen

Ganz entscheidend ist die Verbindung von Bürger und Burg. Sie beruht m.E. auch auf dem Weltbild des Mittelalters, das von Gefahr, Schutz und einer gewissen Entweltlichung ausging, einschließlich einer Ablehnung der modernen Naturromantik. Die weltanschauliche Grundlage all dessen war das Christentum, die Vorstellung von Erbsünde, gefallener Welt, Erlösung und Vollendung im Himmel. Insofern braucht es nicht nur den gesunden Menschenverstand, sondern auch den Glauben, um dieses Bewusstsein wiederzubeleben.

0
Franz-Josef Surges
Vor 1 Monat 1 Woche

...Der grenzenlose Hass auf Israel, den die Regenbogenkultur seltsamerweise mit Islamisten teilt, ....". In dem ansonsten treffend analysierenden Beitrag geht der Autor hier fehl. Gegner israelischer Politik sind die "alten" Linken. Die Regenbogenkultur, insbesondere in Form der "Grünen" (nicht nur deren politische Vertreter), stützt Israel wo und in welcher Form sie nur kann. Es ist an dieser Stelle also komplizierter als beschrieben.

0
Andreas Graf
Vor 1 Monat 1 Woche

Wenige Katholiken kennen Die Ständige Anweisung der Alta Vendita, ein im frühen 19. Jahrhundert geschriebenes Geheimdokument, einen Plan für die Unterwanderung der katholischen Kirche. Die Alta Vendita war die höchste Loge der Carbonari, einer italienischen Geheimgesellschaft, die mit der Freimaurerei von der katholischen Kirche verurteilt wurde. Die Carbonari - hauptsächlich in Italien und Frankreich tätig - waren in dieser Zeit das führende Zentrum der europäischen Freimaurerei. In seinem Vortrag Athanasius und die Kirche unserer Zeit zitiert Bischof Rudolf Graber einen Freimaurer, der ganz im Sinn der Alta Vendita erklärt: ,,Nicht mehr die Vernichtung der Kirche ist das Ziel der Freimaurer, sondern man sucht sie zu benützen, indem man in sie eindringt." Dementsprechend heißt es in der Alta Vendita: ,,Was wir verlangen, ist ein Papst nach unseren Bedürfnissen". Genau das haben wir jetzt, einen Papst der woken Regenbogen-Kultur, der die Bedürfnisse der Freimaurer umsetzt und vollendet, die der Roncalli-Papst Johannes XXIII. begonnen hat. Bezeichnenderweise kam von Papst Franziskus bis jetzt kein einziger Einwand gegen die Verhöhnung des letzten Abendmahls bei der Eröffnungsfeier der Olympiade von Paris. Das Freimaurertum ist am Ziel. Das "große bürgerliche Lager" gibt es nicht mehr. Die Burg wurde bis auf den Eckstein bis auf die Grundmauern niedergerissen und geschleift.

0
Josef
Vor 1 Monat 2 Wochen

Ganz entscheidend ist die Verbindung von Bürger und Burg. Sie beruht m.E. auch auf dem Weltbild des Mittelalters, das von Gefahr, Schutz und einer gewissen Entweltlichung ausging, einschließlich einer Ablehnung der modernen Naturromantik. Die weltanschauliche Grundlage all dessen war das Christentum, die Vorstellung von Erbsünde, gefallener Welt, Erlösung und Vollendung im Himmel. Insofern braucht es nicht nur den gesunden Menschenverstand, sondern auch den Glauben, um dieses Bewusstsein wiederzubeleben.