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Kolumne „Kaffeehaus“

Trigger-Warnung: Tradwives

Ein Trend aus den USA verbreitet sich rasch: Junge Frauen wollen zurück zum klassischen Ideal einer Hausfrau und Mutter im Stil der 1950er Jahre. „Tradwives“ liegen im Trend – im Internet und im realen Leben. In den Redaktionen der Berliner Morgenpost, N-TV oder dem Handelsblatt zeigte man sich vor kurzem darüber beunruhigt. Der Trend sei gefährlich und hochproblematisch. Laut der Berliner Morgenpost sei er sogar eine echte Gefahr für die Demokratie und befeuere den „Rechtsruck“. 

„Dieser drei Risiken sollte sich eine Tradwife besonders bewusst sein“ warnt das Handelsblatt und nennt eine ganze Liste von finanziellen Nachteilen dieses Lebensmodells. Es ist auffällig, wie sehr Feministinnen dieses Ideal im Magen liegt. Es handelt sich oft um Frauen, denen eingeredet wurde, eine gute Ehefrau und Mutter zu sein, sei eher ein „Nur” im Leben. Eine erfolgreiche berufliche Karriere hingegen sei die einzige Möglichkeit, als Frau erfüllt und materiell abgesichert zu sein.

Viele „Tradwives“ sind keine klassischen Hausfrauen

Sich abhängig vom Ehemann oder dem derzeitigen Rentensystem zu machen – ich würde nicht darauf wetten, dass Frauen, die alles auf Karriere setzen, hier die bessere Karte ziehen. Eine deutsche „Tradwife“, mit der die Berliner Morgenpost ein Interview führte, erklärt, wie es in ihrem Fall läuft: Die Eigentumswohnung laufe auf ihren Namen und das Paar investiere in private Altersvorsorge.

Abgesehen davon sind viele dieser „Tradwives“ keine klassischen Hausfrauen, da sie durch das Präsentieren des eigenen Lifestyles im Internet ein Einkommen generieren. Was nun wiederum auch nicht recht sei. Vielmehr würde es bei diesem Trend darum gehen „Neid, Scham und ein Gefühl des Versagens bei den Zuschauern hervorzurufen, die sich mit dem vergleichen, was sie sehen“, wie eine in einem N-TV-Artikel zitierte amerikanische Expertin schreibt.

 

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Tatsächlich scheint gerade Neid ein Grund dafür sein, dass so viele Frauen diesen Trend hassen. Sie haben eine einzige Lebensform für geeignet, gut und glücklichmachend erklärt und müssen nun zusehen, dass es auch ganz anders geht. Besonders viel Neid merkt man bei einer der prominentesten „Tradwives“, der Amerikanerin Hannah Neeleman, die auf Instagram und TikTok als „Ballerina Farm“ über 13 Millionen Follower hat. Diese ehemalige Balletttänzerin und achtfache Mutter, die mit ihrem Mann und Kindern auf einer Farm lebt, ist nicht nur erfolgreich und schön (sie wurde 2023 zur Mrs. American gewählt), sondern auch reich.

Auch ein anstrengendes Leben kann erfüllt sein

„Wer sich den Luxus hingegen leisten kann, ist Neeleman. Ihr Mann ist schließlich der Sohn eines Multimillionärs", erklärt eine andere Expertin im Gespräch mit N-TV. Doch am meisten wird Neeleman dafür kritisiert, dass sie das Wohl ihrer Familie über die eigenen Bedürfnisse stellt. Eine Journalistin besuchte sie auf ihrer Farm zu einem Interview, nur um am Ende zu konstatieren, dass das Leben von „Ballerina Farm“ doch nicht so idyllisch wäre. 

Neeleman wird als bevormundet, erschöpft und zu selbstlos dargestellt. Ihre Instagram-Idylle wird als eine Illusion dargestellt. Ich weiß zwar nicht, was diese Journalistinnen über ein Familienleben wissen, aber als Tochter einer Mutter von acht Kindern kann ich sagen, dass jede Mutter von mehreren kleinen Kindern erschöpft ist. Auch ein anstrengendes Leben kann erfüllt und manchmal idyllisch sein.

Wie der Fuchs und die Trauben

„Tradwives“ mögen eine etwas künstliche und amerikanisierte Form einer guten Ehefrau und Mutter darstellen. Man muss weder Schürzen noch lange Vintage-Kleider tragen, um loyal, ergeben und fürsorglich zu sein. Man kann studiert haben, man kann seine beruflichen Träume realisieren, doch es ist gut zu sehen, dass für manche junge Frauen die Hingabe an ihre Familie den größten Traum im Leben darstellt. Und irgendwas müssen diese „Tradwives“ richtig machen, wenn sie heute als so verdächtig und gefährlich gelten. 

Immer wieder, wenn ich solche Artikel, wie die erwähnten, lese, muss ich an die Fabel vom Fuchs und den Trauben denken. Die Feministinnen sind wie der Fuchs, der zu hochmütig ist, sich einzugestehen, dass er die begehrten Trauben nicht erreichen konnte. Anstatt sich ihrer vielleicht erlebten persönlichen Niederlagen im Bereich Partnerschaft und Familie zu stellen, machen sie diese lieber schlecht. 

 

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