Die Kunst, eine Frau zu sein – nicht nur an Weihnachten
Ich komme aus einem Land, in dem Frauen an Weihnachten zu Superhelden mit fast übernatürlichen Kräften werden. Es ist wie ein Wettlauf: wessen Haus am meisten glänzt, wer die meisten neuen Rezepte ausprobiert, wer die größte Auswahl an Plätzchen und Kuchen anbieten kann. Besonders in der ländlichen Slowakei zeichnet sich eine gute Ehefrau dadurch aus, dass sie all dies und noch viel mehr vor Weihnachten schafft. Für den Mann gibt es kaum noch Aufgaben. Bei uns zu Hause war mein Papa immerhin für den Kartoffelsalat und das Putzen der Bäder zuständig.
Aber auch wenn manche Frauen es übertreiben, wollen die meisten von ihnen doch einfach nur alle glücklich machen. Sie kochen, sie backen und sie schmücken das Haus – nicht für sich, sondern für ihre Liebsten. Sie bereiten die Geschenke, sie kaufen alles Notwendige ein. Und ich denke dabei an die wirklich essenzielle Rolle der Frau in der Familie und in der Gesellschaft – nicht nur an Weihnachten. Was macht eine Frau unentbehrlich, womit macht sie den wirklichen Unterschied? Was die Frauen tun, spiegelt nur, wer sie wirklich sind.
Was ist die einzigartige und spezifische Aufgabe einer Frau?
Die moderne Gesellschaft bezeichnet oft Frauen, die ihre weibliche Rolle verstanden haben, als „Frauen am Herd“ oder „Herdchen“ und erklären sie zum Opfer des Patriarchats. Ihr ideales Frauenbild entspricht dabei dem eines besseren Mannes: selbstständig, hart und super erfolgreich.
Sicher, Frauen können und sollen auch im Beruf erfolgreich sein. Doch auch dann kann man sich fragen: Was ist die einzigartige und spezifische Aufgabe einer Frau? Wir wissen doch, dass die sich von der eines Mannes unterscheidet. Egal ob als Mutter, Partnerin oder im Beruf: eine Frau bringt Zärtlichkeit und Lässigkeit hinein. Sie ist die Seele des Hauses, sie bringt Schönheit, Gemütlichkeit und Wärme. Sie macht ihren Mann und ihre Kinder stark.
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Sie macht den echten Unterschied aus und ist gleichzeitig die Visitenkarte der Familie. Im Beruf bietet sie einen intuitiven und sensiblen Zugang: egal ob als Ärztin, Lehrerin, Kosmetikerin. Eine gute Frau lässt ihre Weiblichkeit blühen, egal, wo sie hinkommt.
Doch all das ist eine Kunst und muss Mädchen und jungen Frauen auch gezeigt und vermittelt werden – durch weise und reife Frauen, die es selbst perfektioniert haben. Eine Frau muss zuerst als Mensch und Frau bei sich selbst ankommen und Ruhe finden. Nur wenn sie aus ihrer Kraft und Ruhe heraus agiert, kann sie ihre Weiblichkeit ausleben. Die Philosophin Edith Stein dachte viel über das Wesen der Frau nach. Unter anderem schrieb sie:
„Die Seele der Frau muss weit und offen für alle Menschen sein; sie muss ruhig sein, damit die kleine schwache Flamme nicht von stürmischen Winden ausgelöscht wird; warm, um die zarten Blüten nicht zu betäuben; klar, damit sich kein Ungeziefer in dunklen Ecken und Nischen niederlässt; in sich geschlossen, damit kein Eindringen von außen das innere Leben gefährden kann; leer von sich selbst, damit fremdes Leben in ihr einen Raum haben kann; schließlich Herrin über sich selbst und auch über ihren Körper, damit die ganze Person jedem Ruf bereitwillig zur Verfügung steht.“
Und weiter: „Die Seele einer Frau ist ... dazu geschaffen, ein Schutzraum zu sein, in dem sich andere Seelen entfalten können.“ Gerade als Mutter denke ich oft darüber nach, wie viel Missverständnis über diese Rolle in unserer Gesellschaft herrscht. Frauen fürchten sich oft davor, ihre eigene Weiblichkeit zuzulassen und anzunehmen. Sie haben Angst, dass sie wenig geschätzt oder gar ausgenutzt wird. Und das auch nicht zu Unrecht: wir haben es uns abtrainiert, echte Weiblichkeit wertzuschätzen.
Ein Leben für die anderen geht nur, wenn wir auf uns selbst achten
Gestern lag ich bei meiner slowakischen Kosmetikerin unter einer Heizdecke und einer zusätzlichen Daunendecke. Sie kennt mich und weiß, dass ich viel Wärme vertragen kann. Ich buchte eine einstündige Gesichtsbehandlung, um mich zu erholen. Wir plauderten über Weihnachten und Familie, Essen und Ernährung. Am Ende machte sie mir eine Maske aufs Gesicht mit den Worten: jetzt lasse ich Sie mal 15 Minuten alleine. Wir beide wissen, was es bedeutet: Ich soll die Augen schließen und schlafen. Um einzuschlafen brauchte ich keine Minute.
Am Ende glänzte meine Haut, und ich fühlte mich erholt. Danach kam mein Friseurtermin bei einem italienisch-spanisch-deutsch-belgischen Ehepaar. Sie macht die blonden Strähnen, er schneidet die Haare. Sie ist wie eine Mama und will wissen, ob es mir gut geht. Wenn sie das Gefühl hat, ich würde zu wenig auf mich achten oder Fehler machen, schaut sie mich mit einem strengen Blick an. Auch lässt sie es nicht unkommentiert, dass der türkische Friseur im Sommer zu dicke Strähnen machte und mein Haar verbrannte. Ich gelobe Treue und verspreche, nie wieder woanders zum Haarefärben hinzugehen.
Am Ende des Tages legte sich meine siebenjährige Tochter auf mich mit den Worten: „Mama, heute habe ich dich nur am Vormittag gesehen, ich möchte jetzt bei dir sein.“ Sie schlief bei mir ein. Ich realisierte: Der Nachmittag war für mich notwendig, um mich wieder als Frau zu „sammeln“ und mich gut zu fühlen, um für meine Liebsten da sein zu können. Das Leben einer Frau soll ein Leben für die anderen sein, doch das geht nur, wenn wir auf uns selbst achten und in uns ruhen.
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