Wenn alles antifeministisch ist, gibt es keinen Antifeminismus mehr
Wenn alles wahr ist, wenn „a“ wie auch „nicht a“ wahr sind, dann bedeutet das, dass es keine Wahrheit gibt. Dieselbe Logik lässt sich auf den Antifeminismus übertragen. Wenn man alle Ungerechtigkeiten, die (angeblich) marginalisierten Gruppierungen widerfahren, unter dem Begriff „Antifeminismus“ zusammenfasst, heißt das, dass es so etwas wie „Antifeminismus“ nicht gibt.
Genau das tut die Amadeu-Antonio-Stiftung (AAS) mit ihrer neu gegründeten „Meldestelle Antifeminismus“. Auf der entsprechenden Webseite antifeminismus-melden.de kann jeder, der „auf einen antifeministischen Vorfall aufmerksam geworden“ ist, über ein Meldeformular davon berichten. Wird der Bericht von der Meldestelle als „antifeministisch“ eingestuft, soll er auf einen öffentlichen Pranger kommen – das Projekt nennt ihn verharmlosend „Chronik“.
Wie definiert die Meldestelle nun Antifeminismus? Da ist von „sexistisch, frauen- und queerfeindlich“ die Rede, von „Debatten mit menschenfeindlicher Botschaft“ oder von „Botschaften gegen die Gleichstellung aller Geschlechter, Selbstbestimmung sowie Sichtbarkeit und Anerkennung marginalisierter Menschen“.
Antifeminismus ist laut Definition der Meldestelle also „Menschenfeindlichkeit“ und alles, was sich gegen „marginalisierte Menschen“ richtet. Nach dieser Definition ist Antifeminismus alles und gleichzeitig nichts.
Die Theorie hinter der Agenda: intersektionaler Feminismus
Damit ist auch klar, dass die Homepage, die von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) mit 133.000 Euro finanziell gefördert wird, nicht vom klassischen Feminismus ausgeht, der dezidiert Frauen schützt, sondern vom intersektionalen Feminismus. Dieser setzt sich nicht nur für Frauen ein, sondern für alle angeblich diskriminierten Gruppierungen. Das liest sich unter anderem aus den „Beispielen“ heraus, die unter dem Punkt „Über Antifeminismus“ aufgezählt sind.
Da ist gleich zu Beginn ein Artikel mit dem Titel „Transfeindlicher Mob auf Twitter“ verlinkt, wo auch von jener Biologin die Rede ist, deren Vortrag „Geschlecht ist nicht (Ge)schlecht – Sex, Gender und warum es in der Biologie zwei Geschlechter gibt“ an der Berliner Humboldt-Universität aufgrund von Protesten abgesagt wurde. Marie-Luise Vollbrecht vertritt die in Trans-Kreisen verpönte Meinung, in der Biologie gebe es nur zwei Geschlechter. Der Twitter-Account der Biologin zeige, so heißt es in dem Text, eine „Ansammlung von Polemiken gegen trans Personen“.
Die meisten der verlinkten „Beispiele“ stammen von der Seite „Belltower.news. Netz für digitale Zivilgesellschaft“, die ebenso von der Amadeu-Antonio-Stiftung betrieben wird.
Nicht das erste fragwürdige Projekt
Es ist nicht das erste Mal, dass die Amadeu-Antonio-Stiftung mit fragwürdigen Aktionen auffällt. Mitten in den Wirren der Flüchtlingskrise 2016 veröffentlichte die von der ehemaligen Stasi-Zuträgerin Anetta Kahane gegründete Organisation eine Art Katalog, wie man vermeintlich rassistische Hetze erkenne und listete auf: „Gegenüberstellung ‘Wir’ und ‘Die’“, „Projektionen von gesamtgesellschaftlichen Problemen wie Sexismus, Kriminalität oder Wohnungsmangel z. B. auf ‘Flüchtlinge’“, „abwertende Bezeichnungen: z. B. ‘Wirtschaftsflüchtling’“, oder „Bin ich denn gleich Nazi, nur weil ich …/ wo ist meine Meinungsfreiheit, wenn ihr meine Kommentare löscht?“
Zwei Jahre später veröffentlichte die AAS eine Anti-Rechts-Broschüre mit dem Titel „Ene, mene, muh – und raus bist du!“ Mit deren Hilfe sollten „rechtspopulistische“ Eltern von Kita-Kindern enttarnt werden. Darin hieß es etwa, es sei ein Hinweis auf „Kinder aus völkischen Elternhäusern“, wenn das Mädchen Kleider und Zöpfe trage und zu Hausarbeiten angeleitet werde.
Vermeintlich rechtspopulistische Eltern seien ferner daran auszumachen, dass sie sich gegen „Gender-Quatsch“ und „Frühsexualisierung“ aussprächen oder dagegen seien, wenn der Sohn sich die Fingernägel lackieren lasse. Die Beispiele ließen sich fortführen. Finanzieren tut all dies der Steuerzahler mit. Denn die AAS erhält seit Jahren Millionen Euro an öffentlichen Fördermitteln.
Der Tod des Feminismus klopft an die Tür
Zurecht werden kritische Stimmen aus der Politik laut: Dorothee Bär, die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, bezeichnet das Treiben der „Meldestelle Antifeminismus“ als „Denunzieren und Diffamieren auf Staatskosten“. Familienministerin Paus schäme sich nicht, „zur vermeintlichen Stärkung unserer Demokratie eine Kultur des Anschwärzens zu fördern“, betont Bär. Damit lasse Paus „jegliche Sensibilität dafür vermissen, was unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt wirklich gefährdet und spaltet“.
Darüber hinaus ist das Portal ein weiteres Beispiel für die immer stärker um sich greifende Aushöhlung des Feminismus beziehungsweise Antifeminismus für andere Zwecke. Doch wenn Feminismus zu einem Synonym für allgemeinen Minderheitenschutz und Antifeminismus für Rassismus, LGBTQIA-Feindlichkeit oder, noch allgemeiner, zu Menschenfeindlichkeit verkommt, haben die Begriffe ihre ursprüngliche Bedeutung vollends eingebüßt. Der Tod des Feminismus klopft an die Tür.