Die Zukunft schlägt Alarm
Die Sirenen heulen, das Handy fiebt, das Radio meldet, über Stadtinformationstafeln läuft ein Schriftband, das Alarm schlägt wegen einer akut drohenden Gefahr: Heute ist bundesweiter Warntag. Testweise: Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) in Bonn löst um 11 Uhr im ganzen Land einen Probealarm der höchsten Warnstufe 1 aus. Um 11.45 Uhr soll dann Entwarnung sein.
Die Bürger müssen nichts tun und sollten sich nicht beunruhigen lassen – es ist bloß eine Übung, um die Kommunikationssysteme zur Information der Bevölkerung im Katastrophen- oder Kriegsfall durchzuprüfen.
Was grundsätzlich eine gute Sache und bitter nötig ist: Denn am ersten bundesweiten Warntag vor zwei Jahren klappte nur wenig. So wenig, dass das Innenministerium den Probealarm kleinlaut als „fehlgeschlagen“ bezeichnen musste:
Gefahrenmeldungen über Apps trudelten erst mit halbstündiger Verspätung auf den Mobiltelefonen ein, Leitstellen hielten sich nicht an Absprachen, und in zahlreichen Großstädten wie etwa Berlin oder München existierten gar keine Sirenen mehr – was erst an jenem Tag offenbar wurde: Sie waren nach der deutschen Wiedervereinigung und dem scheinbaren Ende des Ost-West-Konflikts friedensselig abgebaut worden. Hätte es tatsächlich ein Hochwasser, einen Terroranschlag oder einen russischen Raketenangriff gegeben, wäre die Bevölkerung von Unglück, Not und Tod überrascht worden, Deutschland hätte schutzlos dagestanden.
Ein Bischof schlägt Alarm
Unterdessen geschehen unter uns Dinge, die gesamtgesellschaftlich gesehen und auf lange Sicht ungleich gravierender und tödlicher sind als etwa eine lokale Naturkatastrophe oder der regional begrenzte Angriff wildgewordener Einzeltäter. Die aber dennoch oder gerade deswegen komplett unter dem Radar laufen. Oder wann nimmt die Öffentlichkeit Notiz von der Kulturschande unserer Zeit, der massenhaften, aber lautlosen Abtreibung noch ungeborener Kinder, der jedes Jahr die Bevölkerung einer Großstadt zum Opfer fällt und an die wir uns, scheint’s, gewöhnt haben?
Der letzte, der einen solchen „Warntag“ einrichtete, war Johannes Dyba. Am 28. Dezember 1988, der Tag, an dem die Liturgie kurz nach dem hohen Weihnachtsfest alljährlich der „Unschuldigen Kinder“ gedenkt, die König Herodes zum Opfer fielen, ließ der kernige Bischof von Fulda die Glocken der katholischen Kirchen seiner Stadt Sturm läuten.
Warnen wollte er, nur ja die Gebote Gottes zu halten, auf dass unser Leben gelänge; anprangern wollte er den grässlichen Tod, der die Kleinsten an dem Ort ereilt, der der lieblichste auf der Welt sein sollte; hindeuten wollte er auf Leid und Verzweiflung der Schwangeren im Konflikt, die sich so allein in ihrer Not wiederfinden, dass sie keinen anderen Ausweg mehr sehen, als die Frucht ihres Leibes töten zu lassen.
Und der Warnruf unseres Herzens?
Auf Dybas drängende Initiative hin und auf Beschluss der Deutschen Bischofskonferenz läuteten Jahr und Tag darauf in ganz Westdeutschland die Glocken, und Dyba war Manns genug, den Brauch bis zu seinem Tod beizubehalten wie auch das Ausstellen der zur Abtreibung berechtigenden Beratungsscheine in seinem Bistum zu unterbinden; die Kirchglocken waren seine Warnsirenen, die Glocken funktionierten immer.
Aber „funktionieren“ unsere Herzen? Drang der Appell durch in unser Gewissen? Haben wir als Gesamtgesellschaft uns warnen und rühren lassen und etwas zum Besseren verändert?
Ja, die vielgestaltige Lebensrechtsbewegung hat Zulauf, die „Märsche für das Leben“ sind in Europa zu einer zehntausendstimmigen Institution geworden, um denen eine Stimme zu geben, die keine haben. Aber noch immer ist es in Deutschland „leichter, ein Kind abzutreiben, als einen Baum zu fällen“, wie es der viel zu früh verstorbene Jürgen Liminski einmal schnörkellos auf den Punkt brachte.
Den Erfindern von Morgen eine Chance geben
Und es soll, geht es nach dem Willen der Bundesregierung, noch leichter werden. Keine Gewissens-Ampel sprang auf Rot, als der Bundestag im Juni mit der Stimmenmehrheit der Ampel-Koalition den Paragraphen 219a StGB aufhob – den Ärzten ist somit Information und Werbung für die „Dienstleistung“ der vorgeburtlichen Kindstötung erlaubt. Im Koalitionsvertrag zwischen SPD, Grünen und FDP ist festgelegt, „Versorgungssicherheit“ bei Schwangerschaftsabbrüchen bundesweit herzustellen. Natürlich kostenfrei, schließlich sind wir Sozialdemokraten.
Noch eine weitere Alarmstimmung mehr, wird sich vielleicht der ein oder andere fragen. Ist die Öffentlichkeit ob der angeblichen Klimakatastrophe nicht ohnehin schon genug aufgeschreckt? Doch im Gegensatz zu den abstrakten Klimamodellen ist ein Menschenleben konkret, fassbar. Und wer weiß, vielleicht muss der Erfinder eines Geräts, das CO2 aus der Luft fischt und in ein wiederverwertbares Gut umwandelt, erst noch geboren werden. Geben wir der Zukunft eine Chance!
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