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Asylchaos

Doch, Frau Faeser, diese Grenzen müssen verschoben werden

Zynisch könnte man von einer zeitlichen Koinzidenz sprechen, wie sie in der Geschichte des Öfteren eintritt: Ein mutmaßlicher Syrer messert im ostfranzösischen Annecy sechs Kinder und einen Erwachsenen nieder und verletzt sie zum Teil lebensbedrohlich. Unter den Opfern ist auch ein Kleinkind aus Deutschland. 600 Kilometer weiter nördlich, in Luxemburg, streiten die Innenminister der EU-Staaten über neue Asylregeln.

Doch Zynismus sollte hierbei keinen Platz haben, auch wenn die Bilder aus Annecy schwer zu ertragen sind: Ein bärtiger Mann mit dunkler Sonnenbrille und Kopftuch läuft mit einem Messer bewaffnet auf einem Spielplatz auf Mütter mit Kindern zu. Gezielt sticht er auf die Kleinen ein. Ein mutiger Mann versucht den feigen Angreifer aufzuhalten. Vielleicht hat er damit Schlimmeres verhindert. Auf jeden Fall schindet er damit Zeit, ehe die Polizei den Einwanderer festnehmen kann.

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Eigentlich ist die Asyldebatte seit dem großen Ansturm 2015/16 nie abgeklungen. Auch wenn die Corona-Maßnahmen Europa eine kleine Verschnaufpause verschafft hatten. Weil die sogenannte Dublin-Verordnung, nach der jeder Asylbewerber in dem Land registriert werden muss, wo er zuerst EU-Boden betritt, phänomenal gescheitert ist, muss eine Neuregelung her. Sie ist längst überfällig.

Zum einen, weil die Last des Grenzschutzes nicht allein Ländern wie Griechenland und Italien überlassen werden darf, während sie mitunter aus den Asylmagneten wie Deutschland moralisch belehrt werden. Zum anderen, weil nicht ein Staat allein dieser Lage Herr werden kann. Denn die Zahl jener Menschen in Nahost und Afrika, die ihre Heimat verlassen wollen, wird mit großer Wahrscheinlichkeit zu- und nicht abnehmen.

EU-Innenminister einigen sich auf Asylreform

Die EU-Innenminister haben sich indes auf schnellere Asylverfahren geeinigt. Rigider soll der Umgang mit Einwanderern ohne Bleibeperspektive werden, dazu zählt, wer aus einem Land kommt, das eine Anerkennungsquote von unter 20 Prozent hat. So sollen Migranten aus sogenannten sicheren Drittstaaten nach dem Grenzübertritt in gesicherte Einrichtungen aufgenommen werden. Innerhalb von sechs Monaten sollen dann deren Chancen auf Asyl geprüft werden. Trifft dies nicht zu, sollen sie zurückgeschickt werden. 

Die Mitgliedsstaaten an den EU-Außengrenzen sollen entlastet werden. Länder, die keine Asylbewerber aufnehmen, sollen Ausgleichszahlungen vornehmen müssen. Die Rede ist von 20.000 Euro pro nichtaufgenommenem Asylsuchenden. Die deutsche Bundesregierung hatte Familien von dem nun geplanten Aufnahmeverfahren ausklammern wollen, musste sich aber der Mehrheit beugen. Es ist jedoch noch nicht sicher, dass die schärferen Maßnahmen eins zu eins in die Tat umgesetzt werden, da das EU-Parlament noch zustimmen muss und Änderungen durchsetzen könnte.

Vor dem Treffen wies Deutschlands Innenministerin Nancy Faeser (SPD) noch den zaghaften Versuch der CDU zurück, mit einer Asylrechtsänderung zu punkten. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hatte vorgeschlagen, eine überparteiliche Kommission solle Vorschläge erarbeiten, um die Masseneinwanderung in den Griff zu bekommen. Neben einer Reduzierung der Sozialleistungen sollte es darin auch um eine mögliche Grundgesetzänderung gehen. Faeser reagierte via Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) jedoch nur mit der AfD-Keule: „Wer das Asylrecht antasten will, spielt das dreckige Spiel der AfD mit und verschiebt Grenzen, die nicht verschoben werden dürfen.“

Pullfaktoren bleiben – und von „Abschiebeoffensive“ keine Spur

Dabei darf man dem Wolf nicht vorwerfen, Fleisch zu fressen: Die linksdominierte Ampel-Regierung ist nicht angetreten, um die Masseneinwanderung oftmals niedrig qualifizierter Männer zu stoppen. Zwar ist im Koalitionsvertrag von einer „Abschiebeoffensive“ die Rede, und der FDP-Politiker Joachim Stamp ist zum Migrationsbeauftragten der Regierung ernannt worden. Doch davon zu sehen ist nichts. Die Abschiebezahl stagnierte 2022 bei unter 13.000, und der Zustrom an Flüchtlingen – nicht nur aus der Ukraine – ist explodiert.

Die Ampel-Regierung, die laut Schätzungen des Innenministeriums 2024 mit deutlich weniger Steuereinnahmen zurechtkommen muss, könnte mit einfachen Maßnahmen den Einwanderungsmagnet schwächen. Auch wenn es von linker Seite ständig bestritten wird, doch in der Migrationsforschung ist klar, dass es Anziehungseffekte, Pullfaktoren gibt.

Wer behauptet, dass die Attraktivität des Lebensstandards und der Rechtsansprüche auf Sozialleistungen sowie Bleiberechte keine Anreizwirkung haben, muss Migranten für völlig dumm halten. Flüchtlinge sind keine willenlose Masse, sondern handlungsfähige Akteure“, sagte der Migrationsforscher Stefan Luft von der Universität Bremen vor kurzem der Welt.

Er wies auch auf die „Anziehungskraft von bestehenden Netzwerken im Zielland“ hin. „Migration schafft Migration, sie ist ein dynamischer, sich selbst verstärkender Prozess. Einige gehen voraus, andere ziehen nach, das ist das Prinzip der Kettenwanderung. In diesen Netzwerken spricht sich herum, dass es in den Ländern unterschiedliche Chancen auf Anerkennung, wirtschaftlichen Erfolg und auch staatliche Transferleistungen gibt.“

Man kann Menschen nicht vorwerfen, ihre Lebensumstände verbessern zu wollen und nach Glück zu streben. Wer mit seinem Sozialstaat in aller Welt wirbt, braucht sich nicht zu wundern, wenn die halbe Welt die Einladung annimmt.

Auch das Gerede über die AfD ist nicht ernst zu nehmen

Seit Tagen wird intensiv darüber diskutiert, warum die AfD in Umfragen inzwischen bereits die Kanzlerpartei SPD eingeholt hat und wie damit umzugehen sei. Im jüngsten ARD-„Deutschlandtrend“ wurde abgefragt, was AfD-Wähler besonders bewegt. Weit oben und mit deutlichem Vorsprung sind das die Zuwanderung und die Migrationspolitik.

Wem es ernsthaft darum geht, den blauen Balken in den Umfragen wieder zu drücken, der muss sich für eine restriktivere Migrationspolitik einsetzen. In Deutschland wird dies aber aus verschiedenen Gründen – vor allem auch, weil die CDU, die in mehreren Ländern mit SPD und Grünen regiert, es nicht will – nicht passieren.

Bleibt also die EU-Staatengemeinschaft. Doch ob die sich trotz des kleinen Rechtsrucks (Italien, Schweden, demnächst Spanien) zu einem ernsthaften Vorgehen entschließen kann? Unsicher. Ebenso, ob bei dem Angreifer von Annecy die soeben beschlossenen Regeln gegolten hätten. Schließlich verfügte er über einen legalen Flüchtlingsstatus in Frankreich, wo er erst vor wenigen Monaten Asyl beantragt hatte. Zuvor lebte er zehn Jahre lang in Schweden. Den Sicherheitsbehörden war er bisher nicht aufgefallen.

Ob legal oder nicht: Eine derartige Menge an Einwanderern – oft genug kulturfremd, minderqualifiziert und schwer integrierbar – kann keine Gesellschaft aufnehmen, ohne massive Verwerfungen zu durchleben. Doch, Frau Faeser, diese Grenzen müssen verschoben werden.

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