Bryan Johnson und das ewige Leben
![Bryan Johnson 2021 mit dem Analysegerät „Flow“ der von ihm gegründeten Firma Kernel](/sites/default/files/2025-01/4096px-bryan_johnson_flow.jpg)
Benjamin Franklin, einer der Gründerväter der Vereinigten Staaten von Amerika, soll einmal gesagt haben: „Nur zwei Dinge auf Erden sind uns sicher: der Tod und die Steuer“. Schätzungen zufolge sind bereits mehr als 109 Milliarden Menschen auf der Erde gestorben. Unser Dasein scheint nur ein kleiner Windhauch zu sein, der schnell wieder verfliegt. Kaum geboren, schon wieder tot. Niemand kann sich sicher sein, wann die eigene Stunde schlägt.
„Seid also wachsam! Denn ihr wisst weder Tag noch Stunde“, warnt uns schon Christus in der Heiligen Schrift. Es ist natürlich kein schöner Gedanke, den Tod als unausweichliche Bestimmung des Menschen am eigenen Leib zu erfahren. Noch sind wir voller Lebenskraft, voller Seele, aber die Vorstellung, bleich und kalt in einem Sarg unter der Erde zu enden, erwartet uns alle. Oder etwa doch nicht?
Laut einem jüngst erschienenen Dokumentarfilm des gebührenfinanzierten „Y-Kollektivs“ mit dem Titel „Einfach nicht sterben: Bryan Johnson, Longevity & Biohacking“ soll es bald Menschen geben, die dem Tod entgehen können. Zumindest versuchen sie es. Prominentes Beispiel: Bryan Johnson, ein amerikanischer Unternehmer. Er wurde 1977 in Utah geboren und gründete unter anderem Braintree, ein Zahlungsunternehmen, das 2013 für 800 Millionen Dollar an E-Bay verkauft wurde.
Die Nachfrage nach der physischen Unsterblichkeit wächst
Seit 2021 betreibt Johnson das „Project Blueprint“, ein Anti-Aging-Programm, für das er jährlich mehr als zwei Millionen Dollar ausgibt. Johnsons Tag beginnt um fünf Uhr morgens. Sein Frühstück besteht aus vielen Nahrungsergänzungsmitteln und Medikamenten. Er soll jeden Tag 100 Pillen schlucken. Täglich nimmt Johnson genau 1.977 vegane Kalorien zu sich. Den Rest des Tages verbringt er damit, etliche Körperwerte zu analysieren und auszuwerten. Mehr als 30 persönliche Mitarbeiter unterstützen Johnson dabei. Auch Netflix drehte einen Dokumentarfilm über ihn. Inzwischen gibt es eine aktive „Don’t Die“-Bewegung.
Johnson behauptet, sein biologisches Alter um fünf Jahre reduziert zu haben und betrachtet den Tod als „lösbares technisches Problem“ mit dem Ziel, „ewig zu leben“. Damit ist der 47-Jährige nicht allein. Auch andere Tech-Milliardäre wie Jeff Bezos oder Peter Thiel haben sich dieses Ziel gesetzt. So investierte Bezos drei Milliarden Dollar in Altos Lab, ein Unternehmen, das die Umkehrung des Alterungsprozesses erforscht.
Neben dem wirtschaftlichen Interesse, neue Märkte zu erschließen, und philanthropischen Ideen steckt wohl in jedem dieser Multimillionäre und Milliardäre auch eine Portion Angst vor dem Tod. Schließlich haben sie viel irdischen Reichtum zu verlieren. Der katholische Pfarrer Hans Milch bezeichnete solche Menschen auch gerne als „Überlebensfanatiker“, weil sie ihr irdisches Leben um jeden Preis erhalten wollen.
Die Nachfrage nach der physischen Unsterblichkeit wächst: Fast 30.000 Menschen haben bisher ihren biologischen Alterstest im Labor von TruDiagnostic durchführen lassen, 1.700 Personen haben ihre Ergebnisse für den globalen Wettbewerb „Rejuvenation Olympics“ eingereicht. Dieser wurde von Johnson ins Leben gerufen und soll einen Vergleich der Teilnehmer bei der „Alterungsgeschwindigkeit“ ermöglichen. Natürlich befindet sich der Milliardär dabei unter den Top 5 der Rangliste.
Zwischen gesunder Ernährung und der Vergötterung des eigenen Lebens
Grundsätzlich ist es nicht schlecht, sich für eine gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung und ein langes Leben einzusetzen. Als Geschenk Gottes haben auch Christen eine Verantwortung, ihren Körper zu pflegen: „Wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt und den ihr von Gott habt? Ihr gehört nicht euch selbst.“ (1 Kor 6,19)
Das Problem mit Lebensverlängerungs-Gurus wie Johnson ist die Vergötterung des eigenen Lebens. Ihre Methoden stellen oft das Streben nach Unsterblichkeit in den Vordergrund, anstatt die Lebenszeit im Hier und Jetzt zu genießen und zu nutzen. Johnsons Methoden bergen zudem gesundheitliche Risiken, man nehme nur die krampfhaft wirkende ständige Selbstüberwachung Johnsons, die durch Stress die Lebensqualität mindern kann. Der britische Philosoph Bernard Williams (1929-2003) argumentierte einmal, dass es gut sei, nicht unsterblich zu sein. Er kam zu dem Schluss, dass ein ewiges Leben zu Langeweile und Sinnlosigkeit führen könnte.
Laut dem Experten Andrew Steele habe auch Johnson bisher nicht das Elixier für die ewige Jugend gefunden, denn abgesehen von Bewegung und Ernährung gebe es weiterhin nichts, bei dem man sicher sagen könne: Dieser Trick verlangsamt das Altern.
Es gibt zudem mehrere biologische Gründe, warum der Mensch nicht ewig leben kann. Zum einen häufen sich mit der Zeit Schäden am Erbgut in unseren Zellen an. Dies geschieht unter anderem durch die Bildung freier Radikale im normalen Stoffwechsel. Die Schutzkappen an den Enden unserer Chromosomen, auch Telomere genannt, werden bei jeder Zellteilung kürzer. Es gibt zwar ein Enzym namens Telomerase, das diese erneuert, aber es ist nicht in allen Zellen aktiv. Daher geht in den meisten Körperzellen mit der Zeit Erbinformation verloren.
Mittlerweile existieren zwar Ansätze, diese Prozesse zu beeinflussen. Ein vollständiger Stopp ist jedoch nicht möglich. So wurde beispielsweise versucht, die Verkürzung der Telomere durch eine Aktivierung des bereits erwähnten Enzyms Telomerase zu verlangsamen. Allerdings birgt die unkontrollierte Aktivierung des Enzyms die Gefahr der Krebsentstehung, da auch Krebszellen die Telomerase nutzen, um sich unbegrenzt zu teilen.
Die biologischen und physikalischen Grenzen
Auch die in dem Dokumentarfilm vorgestellten Medikamente, die bisher nur an Mäusen und Fliegen getestet wurden, können Menschen noch nicht zu einem längeren Leben verhelfen. Sebastian Grönke, Alterungsforscher am Max-Planck-Institut, sagte: „Im Moment liegt die Schallmauer bei 120 Jahren. Ob man diese Schallmauer durchbrechen wird, ist noch nicht abzusehen [...] Aber dass man den Alterungsprozess komplett aufhalten wird, das halte ich noch für Science-Fiction.“
Angenommen, wir könnten alle biologischen Hindernisse überwinden, so stößt die Idee der Unsterblichkeit spätestens an eine physikalische Grenze. Nach dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik nimmt in einem geschlossenen System wie unserem Universum die Unordnung (Entropie) langfristig immer weiter zu. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes mit jedem Uhrenticken.
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Die Energie verteilt sich immer gleichmäßiger, bis keine sinnvolle Energiequelle mehr zur Verfügung steht, um Leben oder technische Prozesse aufrechtzuerhalten. Mit anderen Worten: Irgendwann ist das Universum so ausgeglichen („homogen“), dass nichts Komplexes mehr existieren kann – weder wir Menschen noch unsere Technik. Diese Vorstellung wird auch als „Wärmetod“ des Universums bezeichnet: Am Ende gibt es nur noch homogene, absolut gleich verteilte Energie.
Sterblichkeit ist also rein physikalisch gesehen eine Frage der Zeit: Selbst wenn wir unendlich lange leben wollten, würde uns irgendwann die Energie fehlen, um unsere körperlichen Strukturen aufrechtzuerhalten. Daraus folgt, dass kein Lebewesen physikalisch ewig existieren kann.
Die Sehnsucht nach dem ewigen Leben steckt in jedem Menschen. Wir sind für die Ewigkeit geschaffen. Unzufrieden mit allem Zeitlichen streben wir über uns hinaus. Haben wir ein Ziel erreicht oder einen materiellen Besitz erworben, folgt das nächste und so weiter. Ein endloser Teufelskreis der Unzufriedenheit, den nur die Suche nach einem ewigen Gott durchbrechen kann.
Die geistige und die materielle Substanz
Bereits in der Antike taucht die Idee des ewigen Lebens durch die Unsterblichkeit der Seele bei Platon auf. Aristoteles entwickelte sein Konzept der vernunftbegabten Seele weiter und vertrat den sogenannten Hylemorphismus, den später Thomas von Aquin verfeinerte. Der Hylemorphismus besagt, dass alles in der materiellen Welt aus Form und Materie besteht. Die Form gibt einem Ding Struktur und Identität, während die Materie das Potenzial ist, das durch die Form aktualisiert wird.
Beispielsweise wird pflanzliche Materie durch Verdauung in tierische Materie umgewandelt – die Materie bleibt, aber ihre Form ändert sich. Ähnlich verhält es sich mit Seele und Körper. Die Seele wird als geistige Substanz verstanden, die zwar mit dem Körper verbunden ist, aber in ihrem Wesen und ihrer Existenz nicht vollständig von der Materie abhängt.
Der heilige Thomas argumentierte auch, dass die Vernunftseele die Fähigkeit hat, Wahrheit zu erkennen. Unsere Organe können lediglich Sinneswahrnehmungen erfassen. Demgegenüber kann unsere Vernunft abstrakte Begriffe und Mathematik erfassen, was darauf schließen lässt, dass der Verstand kein rein materieller Vorgang im Gehirn sein kann.
Was vernünftiger ist als der Blick auf die physische Ewigkeit
Diese Konzepte zielen eher auf eine metaphysische, philosophische Ebene ab als auf eine physische Unsterblichkeit wie bei Johnson. Was beide verbindet, ist das Streben nach dem Ewigen.
Angesichts der biologischen und physischen Unmöglichkeit, ewig zu leben – ist es da nicht besser, vernünftiger, den Blick auf das Transzendente zu richten, auf das ewige Leben nach dem Tod des physischen Leibes? Erst die Akzeptanz der eigenen Vergänglichkeit gibt dem Leben einen tieferen Sinn. Es hat keinen Sinn, sich dagegen aufzulehnen. Ebenso ist es noch keinem Philosophen gelungen, seinen Schöpfer zu überleben. Selbst aus Nietzsches Ausruf „Gott ist tot“ wurde „Nietzsche ist tot“. Früher oder später wird auch Johnson sterben.
Das Christentum macht uns glücklicherweise das beste Angebot, den Tod zu überwinden und unsere Seele zu retten: „Für den Christen ist der Tod nicht Niederlage, sondern Sieg: Es ist der Moment, Gott zu schauen; der Tod ist, um ihn zu finden, die Ewigkeit, ihn zu besitzen“, sagte der heilige Albert Hurtado einmal.
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Kommentare
„Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn’s hoch kommt, so sind’s achtzig Jahre, und was daran köstlich scheint, ist doch nur vergebliche Mühe; denn es fähret schnell dahin, als flögen wir davon. Wer glaubt’s aber, dass du so sehr zürnest, und wer fürchtet sich vor dir in deinem Grimm? Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.“ (Psalm 90, 10-12)
Von Johann Hermann Schein - zum Sterben schön - vertont: https://youtu.be/AM5nIe6h_C4.
Daher – in Gottes Namen: Brandner Kaspar statt Bryan Johnson ... ;-)
Ich denke, dass es eigentlich unmöglich ist, ewig zu leben, wenn man mitberücksichtigt, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass man in sagen wir 1 Million Jahren irgendwann bei einem Unfall ums Leben kommt und vielleicht dabei in tausende von Teilen zerfetzt wird. Oder dass man in dieser Zeit irgendwann nicht mehr leben möchte und selber dem Leben ein Ende bereitet. Außerdem: Wie viel ist schon eine Million Jahre im Vergleich zu Ewigkeit. Genaugenommen Nichts! Wenn man mit bedenkt, dass hinter uns die Ewigkeit liegt und vor uns eine Ewigkeit, dann ist 1 Million Jahre nicht einmal Nichts!
Außerdem: "Jetzt ist mein Erkennen Stückwerk, dann aber werde ich durch und durch erkennen ... " (1. Kor. 13, 12. Ewig leben bedeutet auch ewig die Wahrheit nicht zu kennen.