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Robert Habeck

Die Vermessenheit der Macht

Robert Habeck ist ein Mann, der es schafft, an ein und demselben Tag dreierlei zu tun, das nicht zueinander passt: Auf dem Grünen-Parteitag bekundet er, dass er kein Besserwisser sei, der anderen sage, was sie zu denken hätten. In den sozialen Medien schreibt er sogleich, seine Kanzlerkandidatur sei ein „Angebot an die Menschen in diesem Land“. Und im Fernsehen wiederum tritt er ohne ein Wort des Bedauerns über einen vollzogenen Durchsuchungsbeschluss bei einem unterfränkischen Rentner auf und rechtfertigt seine Anzeige schließlich.

Habeck verwendet gern das Personalpronom „wir“, doch meinen, das musste sogar der Spiegel unlängst feststellen, tut er damit „ich“. Und wenn er über dieses Wir erzählt, dann sind das Heldengeschichten, und der Protagonist heißt Robert, auch wenn der Name nicht fällt.

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Auch wenn sich so manche Frau über 40 von den grau melierten Wuschelhaaren und dem Image als Kinderbuchautor mit Doktortitel einlullen lässt: Habeck ist ein knallharter Machtpolitiker, der auch seinen Machiavelli gelesen haben dürfte. Denn mit Empathie und Gnade hat er es nicht. In seinen Büchern verharmlost er Stromausfälle, verklärt sie zu „aufregenden“ Ereignissen für Kinder, oder spricht abschätzig vom Wirtschaftswachstum und „Brutto-Frissdich-voll-Produkt“.

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Habeck in den Fußstapfen Merkels

Habeck will Macht, weil er glaubt, dass nur er es kann, das An-der-Macht-sein. Zwischendurch blitzt dieser Anspruch auch öffentlich auf. Etwa vor vier Jahren, als er auf einem Grünen-Parteitag sagte: „Macht: Das ist in unserem Kosmos oft ein Igitt-Begriff gewesen. Aber Macht kommt ja von machen.“ Die Gesellschaft mit ihren Werten entstünde nicht von sich aus, „sie wird gemacht“.

Im Mai sagte er beim Tag der Industrie- und Handelskammern, sein Ministerium habe in den vergangenen zweieinhalb Jahren wahrscheinlich mehr Gesetze geschrieben als unter seinen Vorgängern in den zehn Jahren davor. „Das ist nichts, worauf ich unbedingt stolz bin“, betont Habeck, nur um zu ergänzen: „Doch, bin ich schon ein bisschen.“

 

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Er war es, der von dem Rücktritt der Grünen-Spitze profitierte, die, so die Gerüchte, vom Habeck-Team rausgemobbt wurde. Er war es, der Angela Merkel, eine ebenso machtversessene Politikerin, in einem internationalen Magazin lobte und sich in ihrer Nachfolge sieht.

Er unterstützt die nach dem Ampel-Aus initiierte Gesetzesinitiative zur Legalisierung von Abtreibung in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten. Wohlwissend, dass es sich dabei nicht nur um ein grünes Lieblingsprojekt handelt, sondern um ein Mittel im Wahlkampf. Denn bald wird gewählt, und Habeck will an die Macht.

Selbstbewusst mit einer schweren Neigung zur Eitelkeit

Habeck ist selbstbewusst mit einer schweren Neigung zur Eitelkeit. Seine Fotos im Schlabberlook sind ebenso inszeniert wie seine Landesvaterattitüde. Freie Meinung, die nicht die seine ist, stört ihn. Sie kratzt am frischpolierten Lack aus grüner, postmaterieller Weltanschauung. Deswegen geht Habeck so energisch gegen X (vormals Twitter) vor, deswegen hat er, wie er sagt, Agenturen beauftragt, Beleidigungen gegen seine Person zur Anzeige zu bringen.

Ein unterfränkischer Rentner und früherer Bundeswehr-Feldwebel, der Habeck auf eben jener Plattform als „Schwachkopf“ bezeichnet, geht also gleich doppelt nicht. Stefan Niehoff heißt der Mann, der am Morgen des 12. November Besuch von der Polizei bekam. Grund dafür waren mehrere Einträge in dem sozialen Medium, darunter ebenjenes Meme, das Habeck in satirischer Weise als Schwachkopf betitelt.

Über den Geschmack dieser politischen Meinungsäußerung kann man streiten. Ebenso darf man die Nazizeit-Vergleiche Niehoffs unlauter oder falsch finden. Doch ein Vizekanzler, der massenhaft Anzeigen raushaut, der auch nach Bekanntwerden von Details wie im Fall Niehoff stur seinen Stiefel durchzieht, der, wie in grünennahen Medien zu lesen ist, deshalb parteiinternen Ärger bekommt, der ist eben nicht mehr als ein Machtmensch, kommuniziert er auch noch so sympathisch.

Habeck verlor schon mal vor Gericht

Dabei müsste es Habeck besser wissen. Im Frühjahr verlor der Vizekanzler einen Rechtsstreit gegen den unter dem Künstlernamen Don Alphonso bekannten Autor Rainer Meyer. Dieser hatte ein Zitat eines Kollegen veröffentlicht: „Ein Wirtschaftsminister, der mit seiner äußeren Erscheinung in einer Ansammlung von Bahnhofsalkoholikern nicht negativ auffallen würde.“ Prompt erhielt er einen Strafantrag unter anderem wegen Paragraf 188 StGB, von Kritikern Majestätsbeleidigung genannt, demzufolge bestraft wird, wer „Personen des politischen Lebens“ beleidigt.

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Eingeführt wurde der Paragraf übrigens nicht von der Ampel-Regierung, sondern von Schwarz-Rot unter Merkel. Don Alphonso setzte sich in zweiter Instanz durch. In einem Beitrag Ende Oktober betitelte er einen Beitrag über Habecks Drohung gegen soziale Medien vorausschauend mit „Herbst des Autokraten“.

Der Welt-Journalist Christoph Lemmer knipste vergangene Woche ein ikonisches Foto, das Habeck den Wahlkampf vermiesen wird wie die sprachlichen und schriftstellerischen Fehlgriffe Annalena Baerbocks den ihrigen. Darauf zu sehen ist der stämmige Unterfranke Niehoff, der eine Faust in die Hüfte gestemmt, „Grüne? Nein danke“-Fahne in der anderen Hand. An seinen Oberarm geschmiegt steht seine Tochter Alexandra. Man nähme es dem Ex-Zeitsoldaten ab, wenn er sagte, er würde alles zum Schutz seiner Tochter tun.

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Macht offenbart den Charakter

Dass Habeck in der ÖRR-Sendung „Bericht aus Berlin“ am gestrigen Sonntag trotz dieser Bilder sein juristisch-politisches Vorgehen gegen den Rentner rechtfertigte, spricht Bände. So ist das mit der Macht. Sie kann gefährlich sein. Nicht nur, wenn man ihr ausgesetzt ist. Sondern auch, weil sie den Charakter des Mächtigen offenbart. Und bei Habeck kommt die pure Vermessenheit zum Vorschein.

Die Vermessenheit der Macht, die aber schnell umschlagen kann in Unbeliebtheit. Etwas, mit dem die Grünen generell trotz ihrer medialen Mobilisierung gerade wieder ihre Erfahrung machen dürfen.

 

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