Incels und der Weg aus der Dunkelheit
Einsamkeit hat in den vergangenen Jahrzehnten stark zugenommen, sowohl statistisch als auch spürbar im Alltag – sei es in der Nachbarschaft oder auf Plattformen wie TikTok, Instagram und YouTube. In einem seiner Podcasts spricht Joe Rogan, in Anlehnung an den Pink-Floyd-Song „Time“ von 1973, von Männern, die ein Leben in „stiller Verzweiflung“ führten.
„Every year is getting shorter, never seem to find the time
Plans that either come to naught, or half a page of scribbled lines
Hanging on in quiet desperation is the English way
The time is gone, the song is over, thought I’d something more to say.“
Auch viele junge, unfreiwillig alleinstehende Männer wissen oft nichts mit sich anzufangen und werden der Subkultur der „Incels“ – „involuntary celibates“ – zugerechnet oder sehen sich selbst als Teil davon. Nicht jeder Alleinstehende ist ein „Incel“, dazu gehört noch eine vielleicht durch die Spirale aus Frust, Wut und Feigheit genährte falsche Vorstellung von Männlichkeit und der Beziehung zum anderen Geschlecht bis hin zur Misogynie.
Frauen sind wählerischer als Männer
Die Lösung dieses Problems liegt aber nicht in Sex und Frauen, sondern darin, ein Mann zu werden. Denn man kommt nicht als Mann zur Welt, man wird es. Statistiken zeigen, dass die Frauenjagd für die meisten Männer erfolglos ist. Eine Analyse der Daten der Dating-Plattform OkCupid ergab, dass Frauen im Allgemeinen wählerischer sind und nur etwa 20 Prozent der Männer für attraktiv halten. Umgekehrt halten Männer 60 Prozent der Frauen für attraktiv.
Diese Diskrepanz wird oft als „Tinder-Effekt“ bezeichnet. Ein Mann wird nur dann von einer Frau akzeptiert, wenn er ihre Hypergamie befriedigen kann, das heißt, er muss etwas bieten, das es der Frau erlaubt, zu ihm aufzublicken. Dies führt biologisch bedingt zu einer Ungleichheit und einem gewissen Kampf des Mannes um die Frau.
Deshalb ist die Identifizierung als „Incel“ nicht hilfreich. Die Unfähigkeit, romantische oder sexuelle Beziehungen zu Frauen aufzubauen, betrifft viele Männer und kann nur durch Anstrengungen und Kämpfe überwunden werden – und mitunter kann sie überhaupt nicht überwunden werden. Ironischerweise wird ein Mann umso attraktiver, je weniger er Frauen hinterherläuft und stattdessen seinen Platz im Leben findet.
Raus aus Selbstmitleid und Frustration
Die Spirale aus Selbstmitleid und Frustration muss als Versuchung gesehen und bekämpft werden. Die Lösung besteht darin, seinen Sinn und seine Aufgabe im Leben zu finden. Trotz aller Schwierigkeiten, die sich heute zeigen, wie bei dem Phänomen der „vaterlosen Gesellschaft“ (Alexander Mitscherlich), das durch die Schwächung der traditionellen Vaterrolle entsteht und dadurch, dass heute etwa 20 Prozent aller Kinder in alleinerziehenden Familien meist ganz ohne Vater aufwachsen.
Ein Mann zu werden bedeutet nicht, irgendwelchen hedonistischen Social-Media-Stars hinterherzulaufen, die, anstatt Verantwortung zu übernehmen, mit Frauen und Autos angeben und eine neue Fantasie von „Peter Pan“ ausleben. Es geht darum, wirklich erwachsen zu werden.
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Jordan Peterson, ein bekannter US-Psychologe und Autor, hat eine zentrale Botschaft an die Männer: Übernehmt Verantwortung. Er betont, echtes Erwachsensein gehe mit der Bereitschaft einher, Verantwortung für das eigene Leben und für die Menschen um einen herum zu übernehmen. Wachstum entsteht oft aus der Konfrontation mit Herausforderungen und Schwierigkeiten. Es ist wichtig, nicht vor Problemen davonzulaufen. Schmerz und Schwierigkeiten sind oft die besten Lehrer; sie helfen, stärker und widerstandsfähiger zu werden.
Das Gegenteil vom „Nice Guy“
Ein wichtiger Teil des Lebens ist die Wahrhaftigkeit, das heißt, wirklich echt und ehrlich zu leben, authentisch im besten Sinne des Wortes. Das ist genau das Gegenteil vom „Nice Guy“. Nice Guy sein heißt, unauthentisch zu leben, sich zu verstellen, immer in der Angst, ohne falsche Nettigkeiten nicht akzeptiert zu werden. Deshalb ist der Mut zur Wahrheit nicht nur wichtig, sondern notwendig, um authentisch zu sein. Ein unterschätztes Problem der Lüge ist die Selbsttäuschung. Man beginnt, an die eigenen Lügen zu glauben, und das beeinflusst die Selbstwahrnehmung und die Entscheidungen.
Der Wiener Psychologe und Holocaustüberlebende Viktor Frankl warnte immer wieder vor Selbstverwirklichung in dem Sinne, dass man seinen Sinn in sich selbst finde. Er spricht vielmehr von „Selbsttranszendenz“, davon, dass man seinen Sinn im „Dienst an einer Sache“ oder in der Liebe findet. Wahre Liebe ist nicht Begehren, sondern das Wollen, das Bejahen des anderen in seiner Einzigartigkeit.
Ratschläge eines mittelalterlichen Philosophen
Der mittelalterliche Philosoph und Theologe Thomas von Aquin empfiehlt die klassischen Tugenden:
- Klugheit, das weise Treffen von Entscheidungen und das Bedenken der Konsequenzen des eigenen Handelns;
- Gerechtigkeit, der faire Umgang mit anderen und das Einhalten moralischer und ethischer Prinzipien;
- Tapferkeit, der Mut, Schwierigkeiten und Ängsten zu begegnen und trotz Hindernissen standhaft zu bleiben;
- Mäßigung, die Selbstkontrolle und die Fähigkeit, Begierden und Emotionen zu kontrollieren.
Sich disziplinieren, Mut entwickeln, die Beziehung zu Gott in Ordnung bringen
John „Jocko“ Willink, ehemaliger Navy-Seal und Autor, hat viele wertvolle Ratschläge für die persönliche Entwicklung und das Mannwerden gegeben. Eine seiner wichtigsten Erkenntnisse lautet, dass Freiheit oft nur durch Disziplin erreicht werden könne. Durch Selbstdisziplin könne man sein Leben selbst in die Hand nehmen und seine Ziele erreichen.
Er spricht oft von „Extreme Ownership“, das bedeutet, für alles im Leben die volle Verantwortung zu übernehmen. Dazu gehört auch, auf seine Fitness zu achten und sich nicht gehen zu lassen. Er empfiehlt unter anderem Kampfsport, um sich und seine Familie verteidigen zu können. Nebeneffekt: Ein solcher Mann wirkt auf Frauen anziehend.
Wie wird man ein Mann? Indem man Verantwortung übernimmt, Disziplin hat, seine Beziehung zu Gott ordnet, Mut entwickelt, die Wahrheit sagt und bereit ist, Opfer zu bringen. Dann erhöht sich die Chance, erfolgreich zu sein. Denn Erfolg setzt die Natur voraus. Ein Mann, der diszipliniert ist und seinen Weg gefunden hat, hat automatisch ein erfülltes Leben. Das macht ihn nicht nur unendlich attraktiv, sondern ist auch das beste Mittel gegen Einsamkeit.
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Kommentare
Viktor Frankl ist immer eine gute Adresse. Wer allerdings, sie es der Autor macht, völlig unreflektiert links-grünen Männerhass und dämliche pseudo-wissenschaftliche "Analysen" übernimmt, hat sich intellektuell schon selbst "kastriert". Da hilft es dann auch nicht mehr, wenn er diesem Sammelsurium noch ein paar brauchbare konservative Ratgeber anfügt.
Ad "Sammelsurium": die Qualifizierungen "unreflektiert", "dämlich", "intellektuell kastriert" in Bezug auf einen durchaus interessanten Beitrag spiegeln schon auch einiges....
Der Autor scheint ziemlich in einer Blase zu leben. Wenn man sich als junger Mann um seine Beziehung zu Gott kümmert, schreckt das heutzutage die allermeisten Frauen ab, anstatt dass es geschätzt wird.
Es sollte bei der Beziehung zu Gott nicht darum gehen, ob man sich damit beliebt macht. Man kümmert sich darum, weil es der Wahrheit und Gerechtigkeit entspricht.
Ein guter Artikel!
Kleine Kritik: Mit dem Text von dem Pink-Floyd-Mann können viele nichts anfangen, weil nicht jeder Englisch kann; Besser wäre es, eine Übersetzung mitzuliefern.
Dem kann ich als Frau überhaupt nicht zustimmen. Ich habe selber einige Jahre „Ausschau gehalten“. Ein Mann ohne Glauben ist für mich nicht in Frage gekommen, da die WICHTIGSTEN gemeinsamen Werte nicht zusammen passen. Allerdings ebensowenig sind für mich gläubige Männer, die aber nix auf die Beine stellen können, in Frage gekommen. Ich bin jetzt glücklich verheiratet mit einem religiösen Mann, der sehr engagiert ist und Charakter hat. In Manchem sind wir sehr unterschiedlich, doch die tiefsten Dinge stimmen überein. Dem Autor kann ich in allem zustimmen! Super Artikel.
Man könnte drei Kategorien von Frauen unterscheiden, zumindest unter den Akademikern: 1) die säkularen, oft karriereorientierten Frauen, die wollen meist nicht heiraten und bestenfalls Ende dreissig Kinder, die kannst du als Mann vergessen; 2) die allgemein kirchlichen, die schätzen es, wenn der Mann Werte hat und lebt, das zeigt ihnen an, auf ihn ist Verlass, sie wollen eine bürgerliche Existenz und diese Frauen bekommst du nicht ohne feste Verankerung im Glauben; 3) die strenger kirchlichen, traditionell katholischen Frauen, die wollen keinen Mann, der nicht jeden Sonntag in die Kirche geht. Also: Gott ist das Leben und je näher bei Gott desto besser, zuerst Gott suchen und dann kannst du dein Häuschen aufbauen, mein Sohn.
Aber eben nicht alle - -
Haben Sie belastbare Daten für die Behauptung, dass es die allermeisten Frauen abschreckt, wenn man sich als junger Mann um seine Beziehung zu Gott kümmert? Ich jedenfalls kann das aufgrund meiner Erfahrung nicht bestätigen.
Die mangelnde Bindungsfähigkeit ist ein großes Problem für unsere gesamte Gesellschaft. Wir sind technisch hochversiert und fachlich kompetent. Privat sieht's da eher flau aus. Die soziale Kompetenz dagegen ist vollkommen verloren gegangen. Aus den Lösungsvorschlägen wird deutlich, dass bestimmte menschliche Eigenschaften, die für eine Ehe wichtig sind, verlorengegangen sind. Männer und Frauen haben nicht mehr die menschliche Reife, die eine Person haben sollte, die normalerweise erwartbar wäre. Was hat denn die Bindungsfähigkeit derart gestört? Wenn Kinder und Jugendliche schon Pornos im Internet konsumieren, dann ist das für die Reifung einer Person nicht förderlich. Pornoseiten dürften im Internet ca. 70 % ausmachen. Da wird ein vollkommen falsches Bild vermittelt, das sich in den Köpfen einbrennt. Das ist abnormal. Ebenso ist die ganze Feminismus- und Queerdiskussion absolut schädlich und abnormal. Alles, was der Ordnung, die Gott vorgegeben hat, widerspricht, muss im Destaster enden, in Einsamkeit und Scheidung. Jeden Tag sehe ich auf der Straße die Scherben zerbrochener Personen, seelenlose tote Mumien mit einem eingefrorenen Gesichtsausdruck, Männer wie Frauen. Bei einer gesunden Beziehung zu Gott geht es übrigens nicht um Frömmelei, sondern um die damit einhergehende Entwicklung bestimmter Tugenden, wie sie Thomas von Aquin empfohlen hat. Wer diese entwickelt, dessen eingefrorener verhärmter Gesichtsausdruck dürfte sich rasch ändern.
Nachdem ich vor vielen Jahren in die Pick-up-Szene hineingekommen bin und gesehen habe, dass selbst Feministinnen in der Praxis der Partnerwahl sämtliche selbsterwählte Prinzipien über Bord werfen und auf evolutionspsychologische Signale eingehen, hat sich mein Menschenbild fundamental verändert. Letzten Endes und über viele Umwege hat es mich zurück zum traditionellen katholischen Glauben geführt. Ich bin der Überzeugung, dass die Inkompatibilität des Zeitgeists mit der Geschlechterdynamik den entscheidenden Wendepunkt in der westlichen Kultur bringen wird. Und ich denke, Männer werden wieder das Naturgesetz in der Gänze erkennen können, wenn sie mit solchen Artikeln konfrontiert werden. Und Frauen werden diese Männer als ihre Partner wählen.
"Ihr Männer seid doch selber schuld, reißt Euch mal ein bißchen zusammen." An den Frauen und ihrem Verhalten kann das Incel-Phänomen nicht liegen, denn die sind ja bloß ein bißchen "wählerischer" - wogegen zwar stetig wachsende Heerscharen alleinerziehender Mütter sprechen, aber mit dem Realismus hat's die Redaktion ja nicht so - und wenn Corrigenda über die Realität der Geschlechterdynamik spräche und nicht romantischen Unsinn propagierte, dann brechen 80% der sanftmütigen, an Walt-Disney-Idealen orientierten und weit überwiegend weiblichen Leserschaft weg.
Nun ist es so, dass man mit Beschimpfungen keine Probleme lösen kann. Die Tatsache der Hypergamie ist biologisch und ändert sich auch durch unmoralisches Verhalten nicht. Es ist in jedem Fall gut für den Mann, an sich zu arbeiten, vor allem für ihn selbst.
Hat der Autor einen wunden Punkt getroffen? Bellt da ein getroffener Hund?
Man sollte keine Wissenschaft daraus machen. Der Mensch ist ein soziales Wesen und es ist in ihm angelegt, Menschen kennenzulernen, mit ihnen zusammenzuleben, sie zu lieben. Was aber offenbar tatsächlich zutrifft: Es werden weniger Partnerschaften geschlossen. Vermutlich ist das auch eine Folge des digitalen Zeitalters. Mein Rat an die Jüngeren: Einfach rausgehen und machen. Klingt banal, is' aber so.
Ich rate dem Autor (und allen Männern) lieber Augustinus zu lesen, der ein viel realistischeres Menschenbild hat als Thomas von Aquin. Meister Eckhard und alle Mystiker sind hier auch eine wesentlich bessere Adresse. Alle, die sich mit der Entwicklung von jungen Menschen befassen, werden mir auch zustimmen, dass die vier Kardinaltugenden, die Thomas empfiehlt, nur durch einen langen Prozess erworben werden können. Es ist eine Überforderung, sie vor dem Alter von 25-30 Jahren zu verlangen. Jeder junge Mann, der sich an diese Ratschläge hält, wird scheitern.