Direkt zum Inhalt
Bischofsamt und Parteipolitik

Dem Bischof ins Angesicht widerstehen

Wenn ein Bischof lehrt, dann hat der Katholik ihm dann und genau dann zu folgen und Gehorsam zu leisten, wenn er den Glauben der Kirche authentisch und in Einheit mit dem Papst und den anderen Bischöfen der Kirche vorlegt. Den Grund dafür können wir im Credo von Nicäa erkennen. Die Kirche bekennt sich selbst mit den Attributen einig, heilig, katholisch und apostolisch. Diese Apostolizität ist die Grundlage, warum Bischöfe Glaubensgehorsam einfordern können.

Die Kirche ist eine Bischofskirche. Der Bischof ist in der Kollegialität des Weltepiskopats der Dreh- und Angelpunkt der Kirche. Diese Klarheit und Eindeutigkeit begründen im Umkehrschluss logisch und für jeden nachvollziehbar die Grenze dieses Gehorsams. Gesetzt den Fall, ein Bischof wollte von einem Elektriker verlangen, die Steckdose mal ganz anders anzuschließen. Statt einer Steckdose wäre das anschließend möglicherweise ein elektrischer Stuhl. Kann man machen, ist aber – vor allem für einen ausgebildeten Elektriker – moralisch verwerflich und strafrechtlich relevant. Hier wäre Gehorsam gegenüber einem Bischof sogar verboten.

Doch wie verhält es sich, wenn sich ein Bischof politisch äußert? Im Allgemeinen ist Politik weitaus gefährlicher und oft genug noch tödlicher als eine falsch angeklemmte Steckdose. Ferner ist zu bedenken, dass die Anwesenheit von drei Personen in einem Raum auch die Gegenwart von vier oder mehr politischen Ansichten mit sich bringt. Das ist richtig so, da es in politischen Fragen nur in sehr eng umgrenzten Bereichen letzte Wahrheiten gibt. Da letzte Wahrheiten immer auch Fragen der Lehre der Kirche hinsichtlich Glaube und Sitten sind, kann ein Bischof, der hier authentisch im Sinne der Kirche spricht, auch Glaubensgehorsam verlangen. Aber eben nur dann.

„Mit unserer Solidarität darf er nicht rechnen“

Bei der Auftaktpressekonferenz der Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz am Montag teilte der Bischof von Limburg, Georg Bätzing, in seiner Funktion als Vorsitzender mit, dass Wähler, die bei der jüngsten Bundestagswahl der AfD ihre Stimme gegeben haben, nicht auf die Solidarität der Kirche rechnen könnten. „Mit unserer Solidarität in diesen Fragen darf sie oder er nicht rechnen“, so der Limburger Bischof wörtlich. Diese Aussage verwundert, da es bislang kein Statement irgendeiner Art gibt, das von der Kirche eine solche Solidarität verlangt.

Diese etwas schwammige Formulierung ist im Kontext des Beschlusses der deutschen Bischöfe zu lesen, dass im Prinzip jeder, der mit der AfD in Verbindung gebracht werden kann, beispielsweise aus dem katholischen Ehrenamt oder auch aus einem Beschäftigungsverhältnis in einer kirchlichen Einrichtung entlassen werden kann. Beispiele, dass dies geschehen ist, hat es in der Vergangenheit gegeben.

> Abonnieren Sie den Corrigenda-Newsletter und erhalten Sie einmal wöchentlich die relevantesten Recherchen und Meinungsbeiträge

Zudem gab es vor der Bundestagswahl, zum Beispiel im Bistum Münster oder im Erzbistum Paderborn, eindeutige Kampagnen gegen die AfD. Der Bischof von Münster, Felix Genn, warf der AfD völkischen Nationalismus vor, der Menschen ausgrenze, weil sie eine andere Herkunft, Religion, Hautfarbe oder geschlechtliche Orientierung hätten. Belege für seine Unterstellung blieb der Bischof schuldig.

„Das ist mit uns nicht zu machen!“, zitiert ihn die Webseite des Bistums Münster und weiter: „Als Christen stehen wir auf, wenn Ausgrenzung, Rassismus, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Homophobie und ein Autoritarismus propagiert werden, die unsere freiheitlich demokratische Grundordnung gefährden. Die Würde des Menschen ist und bleibt unantastbar – das kann nur in einer Demokratie garantiert werden.“

Ausgegrenzt für die „falsche“ politische Meinung

Wenn der letzte Satz so stimmt, dann leben wir nicht mehr in einer Demokratie, denn mindestens ungeborenen Menschen kann man in unserem Land ihr Leben und damit ihre Würde straffrei rauben. Schon damit führt sich der inzwischen emeritierte Bischof selbst ad absurdum. Dies ist umso ärgerlicher, als man sehr leicht Zitate von führenden AfD-Politikern finden kann, die deren völkisch-nationale Gesinnung belegen. Doch was für Einzelne nachweislich gilt, kann der Partei in ihrer Gesamtheit so nicht vorgeworfen werden. Wo die AfD kritisch zu sehen wäre, wäre dies im Einzelfall mit Aussagen aus Wahl- und Parteiprogramm zu belegen und konkret zu diskutieren. Das gilt ausnahmslos für jede Partei, die im Bundestag vertreten oder bei der jüngsten Bundestagswahl angetreten ist.

Um den Problemkomplex auf einen Fokus zuzuspitzen, lässt sich an solchen und anderen bischöflichen Äußerungen zeigen, dass man in Deutschland für eine falsche politische Meinung, so sie denn nur hinreichend öffentlich wird, tatsächlich ausgegrenzt werden kann. Die Verbreitung von Häresien bleibt hingegen in der Regel ebenso folgenlos wie das aktive Eintreten für Abtreibung. So konnte die Präsidentin des Zentralkomitees der Katholiken, Irme Stetter-Karp, vor geraumer Zeit folgenlos fordern, dass es in Deutschland flächendeckende Abtreibungsmöglichkeiten geben solle.

Eine Art Exkommunikation als Tatstrafe zieht man sich in der deutschen Kirche hingegen bereits dann zu, wenn man darüber sinniert, ob unser Land vielleicht doch mit den zu vielen Migranten überfordert ist. Wer in dem Zusammenhang auf migrantische Kriminalität und deren tödliche Folgen hinweist, hat in der deutschen Kirche jegliches Recht verwirkt. Ein Schelm, wer Arges dabei denkt. Zu gut verdienen kirchliche Werke an den unterschiedlichen Hilfs- und Integrationsangeboten für Migranten, als dass man sich dies Geschäft nehmen lassen möchte. In den Kampagnen die Menschenrechtskarte zu ziehen, macht es absurd, da ein viel zu großer Teil der Eingewanderten mit dem Konzept Menschenrechte gar nichts anzufangen weiß. Kritik an Migrationspolitik muss möglich sein, ohne dass man sich dadurch dem Vorwurf des völkischen Nationalismus aussetzt.

In vorletzten Fragen so verhalten, als ginge es um letzte Wahrheiten

Eine in Deutschland nicht verbotene Partei, die inzwischen in fast allen Parlamenten sitzt, darf man persönlich ablehnen, und man darf vor ihr warnen. Ein Bischof, der sich politisch äußert, hat sich gefälligst parteipolitisch zurückzuhalten. Während man nämlich der AfD keinen durchgängigen völkischen Nationalismus nachweisen kann, kann man den Grünen beispielsweise nachweisen, zu mehr als 95 Prozent Abtreibung als ein Recht von Frauen anzusehen. Dass politisch linke Parteien grundsätzlich in bioethischen und durchaus auch in anthropologischen Fragen vollkommen konträr zur Lehre der Kirche stehen, ist ohnehin eine Binsenweisheit. Wenn also ein Bischof anfängt, vor konkreten Parteien zu warnen oder konkreten Parteien nahestehende Personen auszugrenzen, dann stellt sich schnell die Frage, warum diese und nicht jene.

Auch ohne in Whataboutismus zu verfallen, ist diese Frage zu stellen, denn es darf niemals akzeptiert werden, dass sich die Kirche in vorletzten Fragen so verhält, als ginge es um letzte Wahrheiten. Politische Fragen sind in einem freiheitlich-demokratischen Kontext immer noch frei zu diskutierende Fragen. Der Bischof von Limburg versteht es, mehr und mehr den Eindruck zu erwecken, dass er selbst die Welt inzwischen komplett durch eine wahlweise rot oder grün gefärbte Brille betrachtet. Allein die von kirchlichen Stellen in Deutschland immer wieder übernommene Wortwahl „Unsere Demokratie“ macht kirchliche Publikationen an freiheitsfeindlich-linkes Gedankengut anschlussfähig.

Hinsichtlich solcher freiheitsfeindlicher Tendenzen kann man auch einem Bischof nur offen ins Angesicht widerstehen und ganz klarmachen, dass man auch dann, wenn man selbst die AfD zutiefst verabscheut, seine entschiedene Solidarität mit Wählern dieser Partei bekundet. Das nennt man Demokratie! Und die kommt ohne Possessivpronomen aus. Ein Bischof, der das nicht akzeptiert, kann keinerlei Solidarität erwarten.

› Folgen Sie uns schon auf Instagram oder LinkedIn?

85
0

9
Kommentare

Kommentare