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Hohe Austrittswelle bei EKD

Radikalität wäre angesagt

Sich zeitgemäß wähnende Katholiken schielen gerne mit großen Kulleraugen zu ihren evangelischen Glaubensgeschwistern. Dort ist das Gras vermeintlich grüner: Keine Zölibatspflicht, jeder kann zum Pastor ordiniert werden, in einem Großteil der evangelischen Landeskirchen können Homosexuelle einen öffentlichen Segnungsgottesdienst in Anspruch nehmen – ein Paradies für Mitglieder des katholischen „Synodalen Wegs“ und des Zentralkomitees der deutscher Katholiken (ZdK), die sich diese Umstände sehnlichst für ihre Kirche wünschen würden.

In der Öffnung des Zölibats, Frauenordination und Segnung homosexueller Paare sehen diese Katholiken die Lösung für den massiven Vertrauens- und Mitgliederschwund der katholischen Kirche der vergangenen Jahre.

All diesen Öffnungen und all den Liebeserklärungen an den Zeitgeist zum Trotz erreichte der Mitgliederschwund in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) 2022 einen neuen Rekordwert. Soeben wurde bekannt, dass die Zahl der evangelischen Kirchenmitglieder im vergangenen Jahr um mehr als eine halbe Million gesunken ist. 2022 waren ungefähr 19,1 Millionen Deutsche evangelisch, was einem Anteil von 22,7 Prozent der Gesamtbevölkerung entspricht. Das bedeutet einen Rückgang von 2,9 Prozent im Vergleich zu 2021. 2022 übertraf die Zahl der Kirchenaustritte sogar erstmals die Zahl der Sterbefälle, wie die EKD mitteilte. Im vergangenen Jahr waren evangelische und katholische Kirchenmitglieder auch erstmals in der Minderheit. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung sank unter die 50-Prozent-Marke.

Eine Protestantisierung wird der Kirche keine Schäfchen bringen

Angesichts dieser Tatsachen wäre es für die Macher des „Synodalen Weges“ und für all seine Befürworter höchste Zeit, der Tatsache ins Auge zu sehen, dass eine „Modernisierung“ beziehungsweise eine Protestantisierung der katholischen Kirche ihr keine neuen Schäfchen geschweige denn neuen Aufschwung bringen wird. „In Deutschland gibt es eine sehr gute evangelische Kirche. Wir brauchen nicht zwei davon“, machte Papst Franziskus in einem Interview mit der Jesuiten-Zeitschrift La Civilta Cattolica im Juni 2022 unmissverständlich klar. Das habe er auch dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, so gesagt. 

Nun ist es ja so, dass der EKD die Mitglieder seit Jahren in Scharen davonlaufen (wie der katholischen Kirche auch). Anstatt aus Fehlern der EKD zu lernen, weigern sich ZdK und Co. anscheinend anzuerkennen, dass die evangelische Kirche der katholischen Kirche ein Spiegel ihrer eigenen Zukunft ist.

EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus bezeichnet die Entwicklungen als „bedrückend“ und möchte dem hohen Mitgliederverlust entgegentreten, indem „kirchliche Angebote angepasst, Strukturen überarbeitet und junge Menschen für den Glauben gewonnen werden“. Das ist sehr vage gehalten.

Dabei leugnet niemand, dass die katholische Kirche (wie auch die evangelische) dringend der geistigen Umgestaltung bedarf. Doch diese kann nicht aus einer Änderung äußerer Strukturen, sondern nur durch eine innere Erneuerung erfolgen.

Der gesellschaftliche Einfluss der Kirchen ist dahin

Angesichts der Entwicklungen wäre schonungslose Ehrlichkeit angesagt und Schritte, die für manche vielleicht als radikal empfunden werden: Beide sogenannte „Großkirchen“ müssten anerkennen, dass sie längst keine Großkirchen mehr sind, dass ihr gesellschaftlicher Einfluss dahin ist und dass ihre Beschlüsse, Sitzungen, Konferenzen, Ausschüsse den meisten Deutschen herzlich egal sind.

Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts INSA, die die Tagespost im Februar in Auftrag gegeben hatte, ergab zum Beispiel, dass nur knapp einem Viertel der Deutschen (23 Prozent) der Begriff „Synodalität“ etwas sage.

Als weiterer Punkt müsste offen darüber nachgedacht werden, die Kirchensteuer abzuschaffen, die es in der Form außer in Deutschland und Österreich nirgendwo sonst auf der Welt gibt. Die Kirche ist kein Verein und zahlende Personen nicht ihre Mitglieder.

Doch das Allernötigste wäre: Jesus Christus und den Glauben an ihn wieder in das Zentrum aller kirchlichen Überlegungen und Tätigkeiten zu rücken. Die erste und wichtigste Aufgabe der Kirche ist es, Menschen zu Jesus zu führen und ihnen die Schönheit des Glaubens näherzubringen und ihnen dabei zu helfen, wie sie diese Beziehung leben können.

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