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Kolumne „Kaffeehaus“

Zurück zu Kirche und Kultur

Einer der Vorteile von Brüssel ist, dass man mit dem Zug innerhalb von eineinhalb Stunden Paris, London oder Amsterdam erreichen kann. Oder Köln. Und da wir uns in letzter Zeit wieder nach Deutschland gesehnt haben, sind wir am vergangenen Wochenende in den ICE in die Richtung der Rheinmetropole gestiegen. Nachdem wir am Kölner Hauptbahnhof mit unseren Kindern und Koffern ausgestiegen waren, hielt sich meine Begeisterung in Grenzen. Das Wetter war grau, die Menschen waren grimmig und es fehlte an Glanz. Doch das sollte sich bald ändern.

Die Suite des Hotels Maritim bot einen traumhaften Rhein-Blick. Die Kinder waren begeistert von den Räumlichkeiten des Hotels, ich genoss wiederum den 90er-Jahre-Charme der Unterkunft. Und tatsächlich schien nicht nur im Hotel, sondern auch in der Stadt selbst, die Zeit stehen geblieben zu sein. „Et es wie et es“ – hier lebt man gut mit dem, wie es ist. Diese Lässigkeit gehört zur katholisch geprägten Mentalität des linken Rhein-Ufers und man muss sie sympathisch finden. Doch was macht man eigentlich in dieser Stadt drei Tage lang? Die kölsche Küche entdecken, shoppen und die herbstliche Stimmung genießen.

Körper, Geist und Seele nähren

Der Sonntag stand ganz im Zeichen von Kultur und Religion, und so standen zwei Höhepunkte auf dem Programm: der Gottesdienst und ein Konzert in der Kölner Philharmonie. So wie der Körper genährt und gepflegt werden soll, so sollen auch Geist und Seele gepflegt werden. Kirche und Kultur bildeten im deutschen Bürgertum über Jahrhunderte eine besondere Harmonie. Wie sieht es heute mit dieser Eintracht aus? In jedem Fall ist noch viel an Substanz und Sehnsucht danach bei den Menschen vorhanden.

 

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Wir besuchten die traditionelle lateinische Messe in der Kirche „Maria Hilf“ der Priesterbruderschaft St. Petrus. Die schöne helle Kirche scheint viele Menschen, vor allem junge Menschen und Familien mit kleinen Kindern anzuziehen. Es zeigt sich auch hier: immer mehr junge Menschen in Europa begeistern sich für die Tiefe und Schönheit der traditionellen Liturgie. In einer eher progressiven Stadt wie Köln bietet diese Kirche eine Oase für die Begegnung mit Gott, aber auch mit anderen Menschen, die politisch, soziologisch und religiös ähnlich unterwegs sind. 

Und es wirkte alles andere als verstaubt, sondern vital und lebendig. Positiv überraschend war auch die Anzahl der bekannten Gesichter, vor allem aus den sozialen Medien. Bei einem kurzen Gespräch vor der Kirche fragte man uns als erstes, ob wir auf der Durchreise seien, und wunderte sich sogar über unser Reiseziel Köln. 

Harmonie zwischen Kirche und Kultur

Älter, aber nicht minder lebendig zeigte sich auch die Kulturoase, die Kölner Philharmonie. Der volle Saal hieß in Köln die ausgezeichnete “Estonian Sinfonietta” aus Tallinn willkommen. Schnell wurde das Publikum in die mitreißende Energie der Dirigentin Maria Seletskaja und des Star-Violinisten Hans Christian Aavik hineingezogen. Ein wunderbar zusammengestelltes Konzert aus Mozarts Violinkonzert KV 216 und Beethovens 1. Sinfonie wurde ergänzt durch Stücke des großen zeitgenössischen estnischen Komponisten Arvo Pärt. 

Die Kinder langweilten sich keine Sekunde und das Publikum zeigte seine Begeisterung für die estnischen Musiker durch mehrfache stehende Ovationen. Man konnte beobachten, wie sich die Gemüter und Gesichter der Menschen vor und nach dem Konzert veränderten. 

Die Herzen zu berühren und Menschen zusammenzubringen, bleibt ein ständiges Ziel von Kunst und Kirche. Es bleibt auch eine Aufgabe, klassische Kunst und Tradition in die Zukunft zu tragen. Dass dies möglich ist und sich lohnt, zeigte sich am vergangenen Wochenende. Sowohl die traditionelle Messe als auch das Konzert in der Philharmonie fühlten sich ganz natürlich an und waren Teil des normalen Stadtlebens. Ich bin zuversichtlich, dass die Harmonie zwischen Kirche und Kultur in Deutschland wieder möglich sein wird.

 

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