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Partei an der Weggabelung

Kulturkampf oder Untergang: Die Zukunft der CDU

Bei der Bundestagswahl 2021 hat die CDU bekanntlich einen historischen Tiefpunkt erreicht. Beim Ergebnis von weniger als einem Viertel Stimmenanteil schrieben Journalisten schon über das Ende der Volkspartei CDU. Das Wahldebakel 2021 war aber kein unnatürliches Ereignis, sondern die logische Folge einer gescheiterten Strategie. Die CDU ist vom Weg abgekommen, den einige ihrer Väter einst eingeschlagen hatten.

Kanzlerkandidat Armin Laschet stand für alles, was man heute nicht mehr will. Er war der „nette, grinsende Laschet“. Er verkörperte das Gegenteil von dem, was heute gefordert ist. „Nett“ gilt als schwach, anbiedernd, profillos. Spätestens der Wahlkampf Donald Trumps, mit dem der polternde Republikaner das Weiße Haus erobert hatte, leitete eine Wende in Strategie und Kommunikation von Spitzenpolitikern ein.

Das Erstarken rechter Parteien in Europa bestätigt dies: Klare, auch harte Kommunikation führt zum Erfolg. Ein peinlicher Kasperle, der laut lachend und grinsend durch die Bundesrepublik läuft und von niemandem ernst genommen werden kann, verliert. Als Laschet selbst von Bürgern seiner Heimatstadt Aachen als „Hampelmann“ tituliert wurde, hätte jedem klar sein müssen, dass die CDU hier mit einem Loser-Image Wahlkampf macht und nur verlieren kann.

Erst recht in Zeiten von Ukrainekrieg, Rohstoffmangel und Inflation ist das Gegenteil gefragt. Dasselbe gilt in Zeiten schwerer gesellschaftlicher Krisen, in denen selbst das Ansprechen der Tatsache, dass nur Frauen schwanger werden können, einen Skandal auslösen kann.

Keine Angst

Die CDU braucht keine ängstlichen Politiker. Sie braucht Politiker, die Profil und Prinzipien haben. Seit Jahren schon diskutiert die CDU über ihren „Markenkern“, was damit aber konkret gemeint ist, hört man nicht. Ihr neues Grundsatzprogramm soll erst 2024 fertig werden. Zwar sind Nachschärfungen erwartbar, aber eher kosmetischer Natur.

Was also kann die gebeutelte Partei tun? Die Antwort kann nur lauten: sich auf die Wurzeln und Quellen besinnen, die der Partei das Leben gegeben haben. Ein Name darf dabei nicht fehlen: Konrad Adenauer. Er stand für ein geeintes Europa, ein abendländisches Christentum und Wertkonservatismus. Das ist die DNA der CDU, der Bauplan, nach dem sie gebaut ist. Dies aufzugeben hieße, die Partei aufzugeben.

„Ich frage mich manchmal, ob wir wirklich unsere Pflicht erfüllt haben, ob nicht die Not, in der wir uns nach dem Zusammenbruch befunden haben, uns alle miteinander dazu gebracht hat, zu materiell zu denken, so dass der geistige Aufbau, wie ich fürchte, noch in seinen ersten Anfängen steckt“, sagte Adenauer 1962 vor dem CDU-Parteivorstand. Hätte er ahnen können, dass es nicht der Anfang des Aufbaus, sondern des Niedergangs war?

Kann es Merz?

In anderen Ländern ist diese Entwicklung bereits an ihr Ende gekommen. Italien hatte einst eine CDU. Heute gibt es sie nicht mehr. Die italienische CDU, die Democrazia Cristiana (DC), wollte 1978 den Kulturkampf um jeden Preis vermeiden und stimmte mit den Linken für die Abtreibung. Nach vielen weiteren Zugeständnissen gegenüber dem Zeitgeist und den politischen Gegnern verschwand die Partei infolge von Korruptionsskandalen in der Bedeutungslosigkeit und löste sich schließlich auf.

Das wird auch das Schicksal der CDU sein, wenn sie so weitermacht. Die Marschroute ist klar: Kulturkampf oder Untergang. Denn Deutschland braucht keine gemäßigte SPD oder bürgerliche Grüne mit Anzug und Krawatte. Das Land braucht eine klare, profilstarke CDU oder gar keine CDU.

Der aktuelle Parteichef Friedrich Merz ist nicht Laschet. Aber hat Merz das Zeug dazu, die CDU in die richtige Richtung zu führen? Er hat den Kampf mit den „Entkernern“ der Merkelfraktion bisher nicht geführt. Stattdessen versucht er, sich bei „Merkelianern“ beliebt zu machen, dabei haben sie die CDU an die Wand gefahren. Vereinzelte Äußerungen („Kleine Paschas“) widersprechen dem nicht, sondern sind als Wahlkampfmanöver zu betrachten. Außerdem gewinnt man regelmäßig den Eindruck, er ließe sich vom politischen Gegner Wording und die Grenzen des Sagbaren in seiner Partei diktieren und bestimmen.

Die CDU wird in Zukunft nur Wahlen gewinnen können, wenn sie sich klar von sozialistischen und grünen Positionen abgrenzt, sich deutlich von nationalistischen Engführungen und subversivem (Trans-)Genderquatsch distanziert und das christliche Erbe Europas bewahrt. Und das auch sprachlich deutlich macht.

Wofür die CDU stehen sollte

Es gab vor langer Zeit einmal CDU-Wahlplakate, in denen für die abendländische Kultur geworben wurde. Schämt sich die Partei heute dafür? Die CDU sollte jedem eine Heimat bieten, der wirtschaftliche Vernunft mit christlichem Wertefundament verbindet.

Genau das sind die Werte, die Europa auch in der Nachkriegszeit zusammengehalten und stark gemacht haben. Ein EU-Gründungsvater wie Robert Schuman wusste das genau. In seinem Buch „Für Europa“ hatte Schumann gleichsam das Vermächtnis des geeinten Europas seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs verfasst:

Die Demokratie verdankt ihr Bestehen dem Christentum. Sie entstand an dem Tage, wo der Mensch dazu berufen wurde, in seinem irdischen Leben die Würde der Persönlichkeit durch individuelle Freiheit, die Achtung der Rechte jedes Einzelnen und die Ausübung der Bruderliebe gegen alle zu verwirklichen. Vor Christus waren solche Ideen noch niemals formuliert worden. Somit ist die Demokratie durch die Doktrin und chronologisch an das Christentum gebunden.“

Ein CDU-Politiker der Zukunft, der diese Grundlagen ignoriert, zerstört den Kontinent. Die Partei sollte Romantikern und Sozialisten den Glauben überlassen, dass es Wohlstand ohne Arbeit („bedingungsloses Grundeinkommen”) und Strom ohne Kernkraft geben könne.

Die CDU aber sollte für Marktwirtschaft, Familie und christliche Tradition stehen und offen für den technischen Fortschritt sein. Die Idee hinter dem Slogan Laptop und Lederhose“ ist auch außerhalb Bayerns mehrheitsfähig. Sollte die Union nicht jetzt den Willen und die Kraft dafür aufbringen, wird sie den Weg der Democrazia Cristiana gehen. Dann heißt es: Leb wohl, CDU.

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